Humor und einen Hang zum Zynismus haben chinesische Netizens jedenfalls: "Wurdest du schon zum Tee eingeladen, weil du Clubhouse benutzt hast?", so der Titel eines Clubhouse-Forums. "Zum Tee eingeladen werden" ist in China ein Synonym für ein Gespräch mit der Staatssicherheit. Dass die Audio-Diskussions-App Clubhouse in China nicht lange überleben würde, war den meisten Nutzern schon länger klar. Seit Montagmorgen ist sie nun tatsächlich gesperrt.

Wie viele Menschen in China die App auf ihrem Smartphone hatten, ist unklar, da Clubhouse ohnehin nicht in den chinesischen App-Stores erhältlich war. Aber in den vergangenen zwei Wochen hatten sich Clubhouse in Start-up- und Universitätskreisen zunehmender Beliebtheit erfreut. Dass die App für die paranoide Führung in Peking eine politische Bedrohung darstellen könnte, war spätestens klar, als sich auf Clubhouse Diskutanten aus Taiwan mit Festlandchinesen trafen, um über die angespannten Beziehungen beider Länder zu diskutieren. Kurz bevor die App gesperrt wurde, erreichte außerdem ein Diskussionsraum, der das Tiananmen-Massaker 1989 zum Thema hatte, die maximale Teilnehmerzahl von 5.000. Beide Themen gehören zu den am meisten zensurierten im chinesischen Internet.

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Weitgehende Sperren

Keine Regierung zensuriert das Internet so rigoros wie die chinesische. In den vergangenen Jahren unter Xi Jinping hat sich die Zensur nochmals verschärft. Nahezu alle sozialen Plattformen wie Facebook, Instagram, Twitter, Online-Lexika wie Wikipedia und zahlreiche Nachrichtenwebsites sind gesperrt. Sogar der Messenger-Dienst Whatsapp ist ohne ein Virtual Private Network (VPN) nicht benutzbar. Mit einem VPN lässt sich die Sperre zwar umgehen, die Programme sind in China allerdings illegal, und werden meist nur von Ausländern genutzt.

Der chinesischen Regierung geht es dabei auch darum, eigene Tech-Unternehmen starkzumachen, indem sie den riesigen Markt vor ausländischen Unternehmen abschirmt. So konnte die chinesische App Wechat, die Whatsapp, Facebook, Twitter und Paypal in einem ist, erst richtig groß werden. Innerhalb der vergangenen fünf Tage hat sich die Aktie der Firma Lizhi mehr als verdoppelt: Die Firma aus Guangzhou steckt hinter dem chinesischen Imitat der Clubhouse-App – welches sich freilich an die Vorgaben der kommunistischen Partei hält.

Mindestens ebenso wichtig aber ist es, Kritik an der Regierung zu unterbinden. Ein Heer von Zensoren überwacht deswegen permanent das Internet, um kritische Kommentare zu löschen. Nicht selten greifen auch von der Regierung bezahlte Kommentatoren in Online-Diskussionen ein, um die Debatte in eine KP-freundliche Richtung zu lenken.

Zunehmend geschieht das auch auf westlichen Plattformen im Ausland. So sind zum Beispiel zahlreiche chinesischen Diplomaten auf der in China gesperrten Plattform Twitter unterwegs, um das Narrativ der Führung in Peking zu verbreiten. Auch chinesische Auslandsstudenten sind oft dazu angehalten, sich regimefreundlich in Online-Debatten auf westlichen Medien einzuklinken. (Philipp Mattheis aus Schanghai, 9.2.2021)