Ein Mini-Lockdown jedes Wochenende – das schlägt Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) vor.

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Offene Geschäfte, Cafés und Restaurants unter der Woche, am Wochenende hat alles bis auf die Grundversorgung zu – ist das eine Lösung für ein Ende den Dauerlockdowns? Fest steht: Bekannte Spielregeln wie Abstand, Maske und Personenbeschränkungen in Geschäften würden an allen Tagen gelten. Vor März hält das neue Modell auch in Wien niemand für realistisch. Aber auch das Gesundheitsministerium sagt: Es ist eine der Varianten, die geprüft werden.

Was für den Wochenend-Lockdown spricht

Man muss realistisch bleiben, heißt es im Büro von Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Lockdowns sind nur dann effektiv, wenn sich die Menschen daran halten – das sei immer weniger der Fall. Da brauche es Anreize. Hinzu kommt: Immer mehr Menschen werden geimpft sein in den kommenden Monaten. Die Politik müsse Lösungen suchen für ein Ende des ungewissen Lockdown-Öffnen-Lockdown-Hin-und-Her – und die Wochenend-Lockdown-Variante sei so eine.

Wellenbrecher Wochenende

Die Idee: Von Montag bis Donnerstag oder Freitag hat offen, was offen haben kann – also entweder nur der Handel oder auch die Gastronomie, das hänge von den Infektionszahlen ab. Am Wochenende kasteien wir uns, bleiben zu Hause – und lassen uns testen. So zumindest die Theorie.

Wer sich am Montag im Kaffeehaus ansteckt, sei ohnehin erst Donnerstagabend infektiös, erklärt ein Sprecher Hackers. Wenn dann am Samstag ein Test erfolge, sei der Corona-Kranke aus dem Verkehr gezogen und das Wochenende der Wellenbrecher. "Wir brauchen einfache Regeln, die öffentliches Leben zulassen, aber mit Maß."

Ob am Wochenende verpflichtende Tests stattfinden sollen, sei noch nicht klar. Das Konzept werde erst final ausgearbeitet und dann mit der Bundesregierung besprochen. Klar ist: Wien kann immer nur strengere Regeln vorsehen als der Bund, eigenmächtige Lockerungsschritte sind den Ländern rechtlich nicht möglich. Das heißt auch: Selbst unter der Woche könnte es in Wien nicht zügelloser zugehen als im restlichen Land.

"Es geht darum, der Pandemie unseren Rhythmus aufzuzwingen, sodass wir stabil und geregelt durch das Jahr kommen", argumentiert Hackers Büro. Vergangenen Herbst habe man gesehen, was passiert, wenn man im Sommer zu übermütig ist.

Was gegen den Mini-Lockdown spricht

Beim Wochenend-Lockdown-Modell ist noch vieles unklar: Wenn das Wochenende der Wellenbrecher sein soll, wird da dann jeder verpflichtend getestet? Soll die Lockdown-Pause unter der Woche vier oder fünf Tage dauern? Werden Menschen am Wochenende wirklich zu Hause bleiben nach dem lockeren Umgang mit der Pandemie unter der Woche?

Die Hygienikerin Miranda Suchomel der Medizinischen Universität Wien kann dem Vorschlag Wiens nur wenig abgewinnen. "Das Virus unterscheidet nicht zwischen den Wochentagen", sagt sie. Suchomel könne sich nicht vorstellen, dass ein kurzer Wochenend-Lockdown "im Infektionsgeschehen etwas positiv verändert". Durch weitere Öffnungsschritte schaffe man unter der Woche hingegen "wesentlich mehr Möglichkeiten für Ansteckungen".

Die Gastronomie sei ein "theoretischer Hotspot". Schon alleine deshalb, weil es dort keine FFP2-Masken-Pflicht geben kann, sei in Lokalen und Kaffeehäusern das Risiko einer Infektion höher als andernorts. Aus genau diesem Grund seien Lokalbesuche – auch mit verpflichtenden "Eintrittstests" – nicht mit Friseuren oder dem Handel vergleichbar, sagt die Expertin. Hinzu komme, dass sich die Bevölkerung durch wochentagabhängige Lockdowns dazu verlockt fühlen könnte, unter der Woche nachlässiger zu sein. Zweifel hat die Hygienikerin auch an der Akzeptanz unter Berufstätigen und Schulkindern, die unter der Woche wenig Zeit hätten und eben gerade das Wochenende für Ausflüge, Erholung, zum Shoppen oder für Gastrobesuche nutzen wollen würden. Für sie könnte das Konzept schwer nachvollziehbar sein.

Auch bei den Wiener Grünen stößt die Idee auf Kritik. Gemeinderätin Barbara Huemer hält den Vorschlag in Anbetracht des erhöhten Ansteckungsrisikos der beiden Virenmutanten für "völlig fehl am Platz". (Oona Kroisleitner, Katharina Mittelstaedt, 9.2.2021)