Marc Girardelli ist für die Kombi ohne Wenn und Aber oder für die Abschaffung.

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Cortina – 33-mal war Hubert Strolz seinerzeit auf einem Weltcuppodest gestanden, die alpine Kombination hatte dem Vorarlberger aber gewissermaßen die Karriere gerettet. Der heute 58-Jährige hatte 1988 in Bad Kleinkirchheim in dieser Disziplin seinen einzigen Weltcupsieg gefeiert und war zudem in Calgary zum Olympiasieger der Kombination avanciert.

Was wäre der Skiweltcup heute ohne Kombination? Kaum unattraktiver. Würde irgendjemand außer Alexis Pinturault diesen Bewerb vermissen? Vermutlich niemand außer vielleicht ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel und einigen Fis-Funktionären. Sie versuchen, diese Disziplin seit Jahren krampfhaft und vergeblich aufzupolieren, um einerseits nicht einen alpinen Olympiabewerb zu verlieren und andererseits den Rennkalender mit möglichst vielen Bewerben zur Gewinnmaximierung auszufüllen. Vielleicht auch, um die Idee des kompletten Skirennläufers weiter zu fördern. Während aber in der von Corona beeinflussten Saison im Weltcup zwecks möglichst strikter Trennung von Technikern und Speedrennläufern keine einzige Kombi geplant ist, wird in Cortina nicht darauf verzichtet.

Marc Girardelli prangert an, dass sich der Skirennsport zu sehr spezialisiert habe. "Leute, die nicht bei jedem Rennen vor dem Fernseher hängen, kennen keinen Unterschied zwischen einem Alexis Pinturault oder einem Clément Noël. Sie wissen nicht, wer welche Disziplinen fährt." Es sei einfach zu komplex geworden. "Die Besten sollten immer zu sehen sein. Wenn sie nicht imstande sind, Slalom zu fahren, dann sollten sie auch keine Berechtigung haben, im Weltcup mitzufahren", sagt der gebürtige Vorarlberger, der nahezu seine gesamte Karriere für Luxemburg bestritt. Im Tennis gebe es nur eine Nummer eins. "Für Zuschauer wäre es wesentlich einfacher, wenn es nur eine Liste gibt und man weiß, wer der Beste ist", sagt der 57-Jährige.

Polyvalente Ausbildung

Der 46-fache Weltcupsieger, dreifache Kombinations-Weltmeister und Sieger in fünf Disziplinen sieht die Entwicklung des Bewerbs mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Der Boss einer Skibekleidungsfirma begrüßt die Möglichkeit, die Läufer polyvalent auszubilden, und sieht einen Vorteil in Sachen Promotion für den Skisport in der ganzen Welt, "wenn weniger begnadete Läufer ins Fernsehen kommen. Aber wenn man die Entwicklung der Kombi der letzten Jahre betrachtet, dann gibt es nur ein paar wenige, die sportlich wirklich etwas bieten können. Zum Beispiel Pinturault."

Seit Jahren der Dominator der Szene: Alexis Pinturault hat am 1. März 2020 in Hinterstoder die bislang letzte Kombination gewonnen.
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Der Franzose avancierte in Åre 2019 zum Weltmeister, hat zehn Weltcupsiege und sechs einschlägige Wertungserfolge vorzuweisen. Girardelli fordert eine Änderung des überholten Modus. "Nach Startnummer 30 schaut doch kein Mensch mehr hin. Vielen sind 30 schon zu viel. Man müsste die Kombi knackiger machen." Auch in anderen Disziplinen hielten sich die Spitzen der Einschaltquoten in engem Rahmen. "Das Problem bei technischen Bewerben ist, dass zwischen erstem und zweitem Durchgang zu viel Zeit vergeht. Wer hat schon zweimal am Tag Zeit, zuzuschauen?" Girardelli bekrittelt, dass die Fis "seit Jahrzehnten herumdoktert, das Skirennfahren attraktiver zu machen. Aber es gelingt ihnen einfach nicht." Der Kalender sei zudem überlastet.

Gute alte Zeit

Zu seiner Zeit habe die Kombi einen höheren Stellenwert genossen. "Für mich war sie bedeutend, weil mein schärfster Konkurrent, Pirmin Zurbriggen, wie ich in allen Disziplinen gewann. Ich musste in allen Disziplinen starten, sonst hätte ich gegen diesen Übermenschen nie eine Chance gehabt."

Heutzutage können zwei Disziplinen ausreichen, um den Gesamtweltcup zu gewinnen. Wenn man etwa Marcel Hirscher heißt. "Er war ein Ausnahmetalent wie Hermann Maier. Du musstest in drei Disziplinen gut fahren, um überhaupt eine Chance gegen ihn zu haben, weil er an die 20 Mal in der Saison auf das Podium kletterte."

Kombi-Doppelpack am Montag

In Cortina wird am Montag im Doppelpack kombiniert, weil zunächst der als Auftakt geplante Damen-Bewerb um eine Woche und schließlich auch der Herren-Bewerb von Mittwoch auf Beginn der zweiten WM-Woche verschoben wurde.

Für Österreich werden Marco Schwarz (Bronze in Åre 2019), Matthias Mayer (Sieger 2020 in Wengen), Vincent Kriechmayr und Christian Walder mit Außenseiterchancen ins Rennen (Super-G und Slalom) gehen. Das Damen-Team bilden Ramona Siebenhofer (Vierte in Åre), Franziska Gritsch, Ariane Rädler und Katharina Huber.

Girardelli würde in Sachen Zukunft der Kombi nicht lange fackeln: "Wenn sie nicht tauglich für den Weltcup ist und nur für die WM gemacht wird, dann würde ich sagen, lassen wir es lieber bleiben, machen wir uns einen schönen Tag in einem Café in Cortina." (Thomas Hirner, 14.2.2021)