Wohnen ist in Zeiten von Corona wichtig wie nie – aber viele könnten nun in Zahlungsschwierigkeiten kommen.

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Der kommende April könnte für manche Mieterinnen und Mieter herausfordernd werden. Denn wer in einem Altbau lebt, dem steht eine Mieterhöhung ins Haus. Um 2,9 Prozent werden die – im Altbau preisgedeckelten – Richtwertmieten inflationsbedingt angehoben, das ist gesetzlich so geregelt.

Österreichweit wird das etwa 750.000 Menschen betreffen. Bei einer 80 Quadratmeter großen Wohnung in Wien bedeutet das 185 Euro zusätzliche Miete pro Jahr, wie man bei der SPÖ-nahen Mietervereinigung vorrechnet.

Rückzahlung wird fällig

Außerdem sind mit Ende März auch bei jenen Menschen, die im Frühjahr des Vorjahrs ihre Mieten Corona-bedingt drei Monate lang stunden konnten, diese noch ausständigen Mieten fällig. Inklusive vier Prozent Verzugszinsen – und der Miete für den April.

Bei der Arbeiterkammer und der Mietervereinigung glaubt man, dass das besonders für Arbeitslose und Menschen in Kurzarbeit zum Problem werden könnte. Von 50.000 Haushalten, die in Zahlungsschwierigkeiten geraten könnten, gingen die Experten bei einem gemeinsamen Pressegespräch aus – und diese könnten früher oder später von Räumungsklagen und Delogierungen betroffen sein.

Mieter in Bedrängnis

Die Anzahl der Mietrückstände werde sich um 20 Prozent erhöhen, die Zahl der Delogierungen könnte sich heuer sogar verdoppeln, schätzt AK-Wohnexperte Thomas Ritt. Von Mietern, "die mit dem Rücken zur Wand stehen" und bereits mit den ersten Klagen konfrontiert werden, berichtete auch Elke Hanel-Torsch, Vorsitzende der Wiener Mietervereinigung: "Wir stellen uns nicht die Frage, ob, sondern mit welcher Wucht die Krise auf den Wohnungsmarkt durchschlagen wird."

Dabei ist das Wohnen gerade in der Corona-Krise mit ihren Lockdowns so wichtig geworden: "Nur zu sagen: 'Bleibt zu Hause', das ist zu wenig", sagte Georg Niedermühlbichler, Präsident der Mietervereinigung. "Man muss auch dafür sorgen, dass sich die Leute das leisten können."

Daher präsentierten Arbeiterkammer und Mietervereinigung Maßnahmen, mit denen man Mieterinnen und Mietern unter die Arme greifen will. So wird, wie auch schon im Vorjahr, ein nach oben hin offener Sicher-Wohnen-Fonds vorgeschlagen, an den die Vermieter bei Mietausfällen herantreten können. Denn es bringe nichts, die Kosten für Mieterinnen und Mieter aufzuschieben, "viele werden sich das auch später nicht leisten können".

Neues Mietrecht

Eine weitere Maßnahme ist das Aussetzen der Erhöhung der Richtwertmieten, wie schon vor wenigen Tagen auch von der SPÖ gefordert. Und das ist auch in der Vergangenheit schon mehrmals passiert. Zuletzt wurde die Anhebung der Mieten 2016 um ein Jahr aufgeschoben.

Möglich sollte auch sein, von "ruinösen Verträgen" zurückzutreten, die vor Corona geschlossen wurden, sagte AK-Wohnexperte Thomas Ritt. Er meint damit beispielsweise Mietverträge für zu große Wohnungen, die man sich nun nicht mehr leisten kann, aber auch Kaufverträge.

Arbeiterkammer und Mietervereinigung forderten auch ein neues Mietrechtsgesetz mit klaren Obergrenzen und einem größeren Anwendungsgebiet. Auch das ist keine neue Forderung. Ein besonders großer Dorn im Auge sind den Experten die überhandnehmenden Befristungen in den Mietverträgen, die die Preise nach oben treiben und zu Unsicherheit für Mieterinnen und Mietern führen.

Steigende Preise

AK-Experte Ritt kritisierte auch die "Partystimmung" in der Wohnimmobilienbranche, die von der Krise bisher weitgehend verschont geblieben ist – und wo man sich sogar über weiter steigende Immobilienpreise freue.

Bei den meisten Hausbesitzerinnen und Hausbesitzern werden die Forderungen jedenfalls auf keine Freude stoßen. Als Reaktion auf die schon von der SPÖ geforderte Aussetzung der Mieterhöhung meinte der Österreichische Haus- und Grundbesitzerbund bereits am Dienstag, dass diese Erhöhung dem Werterhalt der Immobilie diene – und durch ein Aussetzen "viele der so dringend benötigten Investitionen für die Wirtschaft" ausbleiben werden.

Kritik kam am Mittwoch per Aussendung auch umgehend von der Fachgruppe der Immobilientreuhänder in der Wiener Wirtschaftskammer. Wenn, dann soll es für die hart Betroffenen der Corona-Pandemie eine Sonderlösung geben, hieß es darin, doch keine Begünstigung für alle Mieter.

Der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) sprach in einer Aussendung von einer "Neiddebatte gegenüber dem privaten Vermieter", die die AK "einmal mehr" entfache. Für Mieterinnen und Mieter, die Corona-bedingt finanziell in Schwierigkeiten geraten sind, sei die Idee, einen Unterstützungsfond zu schaffen, "die bessere und treffsichere Alternative". (Franziska Zoidl, 10.2.2021)