"Tiefe Verfilzung von ÖVP und Fremdenverkehrsindustrie."
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"Münchner Merkur": Riesiger Standortnachteil

"Man interessiere sich nicht mehr für die 'Rülpser aus Wien', poltert Tirols politische Führung im Streit um mehr Corona-Schutz. Das soll selbstbewusst klingen, es ist aber nur ordinär – und kurzsichtig. Tirol ist drauf und dran, das Ischgl-Desaster von 2020 sehenden Auges zu wiederholen.

Infektionszahlen, diesmal mit der gefährlichen südafrikanischen Mutation, werden kleingeredet, Ausreisesperren verhindert und der Skibetrieb wird um jeden Preis am Laufen gehalten. Die tiefe Verfilzung von ÖVP und Fremdenverkehrsindustrie brachte Tirol lange Zeit große Gewinne im Tourismus ein. In der Pandemie führt sie direkt in interessengesteuerte Rücksichtslosigkeit – auf mittlere Sicht ein riesiger Standortnachteil."

"Frankfurter Allgemeine": Ein Getriebener

"Im Stellenprofil eines Tiroler Landeshauptmanns ist Trotz eine wichtige Eigenschaft. Platter dürfte den Erwartungen daheim durchaus entsprochen haben, als er eine Entscheidung über eine drohende Totalquarantäne für sein Bundesland lange hinausgezögert und eine bis zu einem homöopathischen Rechtsgehalt verwässerte Version erreicht hat, gegen die er dann immer noch Stellung bezog.

Eine Rolle mag dabei gespielt haben, dass er den heißen Atem ehrgeiziger jüngerer Parteifreunde im Nacken spürt. Wie zum Beispiel den eines regionalen Wirtschaftsfunktionärs, der im ORF-Fernsehen unter Gebrauch kehliger Konsonanten und eigenwilliger Fakten drohte, Wien werde "uns richtig kennenlernen", wenn es irgendetwas Widriges über Tirol beschließe. So wirkt Platter in all der Verhaltensauffälligkeit, die sein Bundesland seit einem Jahr in der Pandemie zeigt, nicht immer souverän, sondern bisweilen wie ein Getriebener."

"Süddeutsche": Mittelmäßiges Machtwort

"Was die Regierung in Wien beschlossen hat, ist besser als nichts. Tirol soll nur noch mit negativem Corona-Test verlassen werden dürfen, weil die südafrikanische Variante dort häufiger auftritt als sonstwo, mit Ausnahme von Südafrika. Tagelang hatten Tiroler Landespolitiker sich wegen drohender Quarantäne wild aufgeführt, tagelang hatte Kanzler Kurz sich im Streit um einen verschärften Lockdown in Tirol zurückgehalten. Nun kam das Machtwort, im Ton freundlich, in der Sache mittelmäßig entschieden. (...)

In einem Punkt hat die bayerische Landesregierung recht: Die Inzidenz ist in Österreich immer noch hoch. Gleichwohl wird der Lockdown gelockert – bei verschärften Kontrollen in Tirol: Das ist inkonsequent.

"taz": "Alles richtig gemacht"

"Der Aufstand des Bergvolkes erinnert an die Ereignisse vom vergangenen März, als Hoteliers gegenüber ihren Gästen behauptet hatten, es gäbe im Ort keine Coronafälle – und sich dann das Virus von Ischgl und St. Anton aus in den Körpern Tausender Urlauber über ganz Europa verbreitete.

Die Behörden hätten "alles richtig gemacht", wie der Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP) damals beharrlich behauptet hatte, wurde zum geflügelten Wort." (APA/10.2.2021)