Die Frau habe unter den Dombögen in der Salzburger Altstadt genächtigt, weil alle Notschlafstellen voll belegt waren, heißt es von der Plattform für Menschenrechte.

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Während die Sibirienkälte eisige Minusgrade nach Salzburg bringt und alle Übernachtungsmöglichkeiten für obdachlose Menschen hochgefahren werden, muss sich eine betroffene Frau mit einem Strafbescheid auseinandersetzen. Weil sie im Dezember unter den Dombögen in der Salzburger Altstadt übernachtet hat, verhängte die Polizei eine Geldstrafe in der Höhe von 150 Euro. Falls die Strafe uneinbringlich ist, kann sie diese in Form einer Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen in Haft absitzen.

"Sie haben am angeführten Ort zur angeführten Zeit durch das Liegen bzw. Sitzen auf dem Boden den öffentlichen Anstand an einem allgemein zugänglichen Ort verletzt", lautet die Begründung im Strafbescheid. Damit habe die Frau gegen den Paragrafen 27 des Salzburger Landessicherheitsgesetzes verstoßen.

Die Plattform für Menschenrechte legt einen Einspruch gegen den Strafbescheid ein. Die Frau habe dort mit ihrem Mann genächtigt, weil alle Notschlafstellen voll belegt waren, sagt Alina Kugler von der Plattform. "Sie hatten keine andere Möglichkeit." Der Strafbescheid wurde der Obdachlosen in der Vorwoche bei einer Kontrolle persönlich übergeben, da sie keine Adresse hat. Die Frau hat sich daraufhin an die Plattform gewandt.

Strafen wegen Campierens

Es ist nicht das erste Mal, dass Obdachlose für das Übernachten im Freien in der Menschrechtsstadt Salzburg eine Geldstrafe bezahlen müssen. Im November 2018 verlangte das Ordnungsamt der Stadt von 13 Obdachlosen 200 Euro, weil sie im Volksgarten übernachtet hatten. DER STANDARD berichtete.

Die damalige Begründung war, dass die Obdachlosen gegen die Campierverordnung verstoßen hätten. Sie schützten sich mit Plastikplanen vor der Kälte. Auch 2018 legte die Plattform für Menschenrechte einen Einspruch ein.

Der Koordinator der kirchlichen Armutsprojekte, Pfarrer Alois Dürlinger, wollte beim Bürgermeister um Strafmilderung ansuchen – erfolglos. Und auch der Einspruch wurde vom Landesverwaltungsgericht abgewiesen. Nur die Höhe der Strafen setzte das Gericht wegen der finanziellen Lage der Betroffenen auf 100 Euro herab.

Im Sommer, als die Notquartiere Corona-bedingt sogar komplett geschlossen waren, ging die Stadt ebenso gegen Obdachlose vor. Das Schlaflager eines Obdachlosen im kleinen Park am Makartplatz wurde geräumt. Die provisorische Schlafstätte lag genau gegenüber einem Luxushotel.

140 Notschlafplätze in Salzburg

In den nächsten Tagen könnte das Thermometer in Salzburg in der Nacht auf bis zu minus 20 Grad fallen. Für obdachlose Menschen stehen in der Stadt folgende Notunterkünfte offen: das Haus Franziskus, das Haus Elisabeth, die Pension Torwirt sowie die vor kurzem eröffneten 24-Stunden-Unterkunft im Hotel Wolfgang’s am Hauptbahnhof. Jugendliche finden in der Notschlafstelle Exit1 Platz.

Zusätzlich zu den Notquartieren hat die katholische Kirche auch heuer wieder die Aktion Biwak gestartet. Denn nicht alle Obdachlosen kommen in den bestehenden Einrichtungen unter, vor allem wenn es so kalt wird. Bei extremer Kälte können jede Nacht rund 25 Personen einen Schlafplatz in wechselnden Räumlichkeiten wie etwa dem Markussaal oder der Dompfarre finden. Mit Isomatten am Boden werden dort provisorische Übernachtungslager eingerichtet. Insgesamt stehen so nun 140 Notschlafplätze in der Stadt Salzburg zur Verfügung. (Stefanie Ruep, 12.2.2021)