Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) bestreitet, Spenden von Novomatic angenommen zu haben.

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Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) führte am Donnerstag eine Hausdurchsuchung bei Finanzminister Gernot Blümels (ÖVP) privater Wohnadresse durch. Das bestätigte das Ministerbüro am Donnerstag. Er sei zur Causa Casinos einvernommen worden, danach sei ihm die Durchsuchungsanordnung präsentiert worden, hieß es.

Blümel sagte, er kenne nun nach einem Gespräch mit der Staatsanwaltschaft die Vorwürfe, "diese lassen sich in wenigen Worten aufklären". Offenbar geht es um potenzielle Parteispenden des Glücksspielunternehmens Novomatic an die ÖVP: "Es wurden keine Spenden von Novomatic angenommen", betonte Blümel.

Kern der Vorwürfe bildet eine Nachricht, die Blümel im Jahr 2017 vom damaligen Novomatic-CEO Harald Neumann erhalten hat. Darin bat Neumann sinngemäß um die Vermittlung eines Termins beim damaligen Außenminister und heutigen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), um zwei Dinge zu besprechen: erstens eine "Spende", zweitens ein "Problem in Italien".

Die Novomatic kämpfte damals in Italien mit mehreren Problemen; es gab Wickel im regulatorischen Bereich und ein anhängiges Verfahren, bei dem eine Strafe von bis zu 150 Millionen Euro drohte. Offenbar erwartete man sich Beratung oder Hilfe vom Außenministerium. Dieses Ansinnen soll aber im Sand verlaufen sein.

Hausdurchsuchungen an mehreren Standorten

Neumann hält über seinen Anwalt Norbert Wess fest, "dass es weder von ihm persönlich noch vonseiten der Novomatic AG Spenden an politische Parteien, sohin auch nicht an die ÖVP, gegeben hat". Eine solche sei auch – "insbesondere in Zusammenhang mit einer allfälligen Thematik mit Italien" – nie versprochen worden.

Ein Sprecher der Novomatic teilt auf Anfrage des STANDARD mit: "Die aufgestellten Behauptungen sind unzutreffend. Novomatic hat an keine Partei – auch nicht an die ÖVP – eine Spende geleistet. Selbstverständlich kooperieren wir mit den Behörden, damit es rasch zu einer Aufklärung dieser unrichtigen Vorwürfe kommt.

Aus der ÖVP ist zu vernehmen, dass nie eine Parteispende von Novomatic eingelangt ist. Kanzler Kurz sagte bei seiner Befragung im U-Ausschuss vergangenen Sommer, dass die ÖVP aus Prinzip keine Spenden von der Glücksspiel-, der Tabakbranche oder von Waffenproduzenten angenommen hat.

Laut einer Aussendung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft fanden am Donnerstag Hausdurchsuchungen an mehreren Standorten in Privat- und Unternehmensräumlichkeiten statt. "Den Ermittlungen liegt der Verdacht zugrunde, dass ein Verantwortlicher eines Glückspielunternehmens Spenden an eine politische Partei im Gegenzug für die Unterstützung von Amtsträgern der Republik Österreich bei einer dem Unternehmen drohenden Steuernachforderung im Ausland angeboten habe", heißt es in der Aussendung. Neben Blümel gelten zwei weitere nicht genannte Personen als Beschuldigte.

Grüne Krisensitzung

Für eine gerichtlich bewilligte Hausdurchsuchung sind allerdings substanzielle Verdachtsmomente notwendig. Nach STANDARD-Informationen wurde die Razzia auch nicht spontan durchgeführt, sondern schon vor einiger Zeit vom Landesgericht Wien bewilligt. Auch Blümels Status als "Beschuldigter", nicht "Verdächtiger", weist auf mehr als einen Anfangsverdacht hin – natürlich gilt die Unschuldsvermutung.

Als Reaktion auf die Entwicklungen wurden offenbar mehrere Krisensitzungen einberufen. Aus dem grünen Klub war zu hören, dass man sich zurückziehe, um die Situation zu besprechen. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) verließ ungeplant den U-Ausschuss, dessen Vorsitz er führt.

Tagelange Verwirrung

Über Ermittlungen gegen Blümel war seit Dienstag gerätselt worden. Da hatte der "Dossier"-Journalist Ashwien Sankholkar eine Liste an Beschuldigten getwittert, auf der auch Blümel vermerkt war. Die WKStA gab dazu keine Auskünfte, auch der U-Ausschuss verlangte Klarheit. Offenbar wollte die Korruptionsbehörde aktuelle Ermittlungen nicht gefährden.

Früher als geplant könnte es dann zur Hausdurchsuchung gekommen sein. Im Zuge dieser habe er "alle notwendigen Unterlagen und elektronischen Geräte zur Verfügung gestellt", erklärte Blümel. "Ich bin jederzeit bereit, alles weitere Notwendige beizutragen, um eine schnelle Aufklärung zu ermöglichen und die falschen Vorwürfe zu widerlegen", so der Minister.

"Da hört wenigstens niemand zu!"

Der Finanzminister tauchte immer wieder in den Casinos-Akten auf – er kommunizierte unter Türkis-Blau, als er Kanzleramtsminister war, durchaus intensiv mit dem damaligen Novomatic-Chef Harald Neumann. Offenbar wollte der Glücksspielkonzern über Blümel einen Termin bei Bundeskanzler Kurz organisieren. Neumann wollte Blümel im Novomatic-Forum treffen, denn "da hört wenigstens niemand zu! Kann Fisch bestellen!" Außerdem wollte man sich bei einer Veranstaltung "kurz zurückziehen (das Schloss ist ja groß genug ;-) )".

All das ist schon monatelang bekannt, Neumanns Smartphone wurde schon lange ausgewertet. Die SPÖ hatte dann im Laufe des Ibiza-Ausschusses die These entwickelt, es habe einen "ÖVP-Novomatic-Deal" gegeben – und den auch zur Anzeige gebracht. Die Novomatic bestreitet das vehement, sie reichte sogar Klage gegen den roten Fraktionsführer Jan Krainer ein. Aufgrund der Sachverhaltsdarstellung der SPÖ wurde Blümel offenbar im Herbst zum "Angezeigten", die WKStA sah aber keinen Anfangsverdacht, sodass Blümel hier weder zum "Verdächtigen" noch zum "Beschuldigten" wurde.

Blümel als "Briefträger" angedacht

Die handelnden Akteure tauchten einst auch in der Telekom-Affäre auf. Damals liefen Ermittlungen gegen den späteren Novomatic-CEO Neumann. Dieser fragte einen einstigen Sektionschef im Justizministerium, ob es eine gute Idee wäre, mittels Blümel an den neuen Minister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) heranzutreten. "Ist neuer ÖVP BundesGf (Bundesgeschäftsführer, Anm.) und hat daher direkten Zugang, oder hast du eine bessere Idee?", fragte Neumann. Wenig später lösten sich dann Neumanns juristische Probleme: Am 7. Februar 2014 wurden die Ermittlungen gegen ihn eingestellt.

Im U-Ausschuss konfrontierte die grüne Fraktionsführerin Nina Tomaselli Blümel mit den Vorgängen. Dieser konnte sich an keinen Brief erinnern und "wüsste nicht, warum" er für Neumann hätte intervenieren müssen. Neumanns Anwalt sagt, jeder Staatsbürger habe das Recht, sich mit seinem Anliegen an den Minister zu wenden. Blümel sei "aus der Erinnerung nicht involviert" gewesen, das Verfahren eingestellt worden.

Opposition fordert Rücktritt Blümels

Inzwischen mehren sich die politischen Stimmen aus der Opposition, die Blümels Rücktritt fordern. "Das geht sich nicht mehr aus", sagt Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. "Ein Finanzminister, bei dem in der Causa Glücksspiel eine Hausdurchsuchung stattfindet, kann nicht mehr länger Finanzminister bleiben und muss die Konsequenzen ziehen."

Auch SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch fordert Blümel auf, "nach der heutigen Hausdurchsuchung rund um mutmaßliche Parteispenden an die ÖVP im Novomatic-Skandal sofort als Finanzminister zurückzutreten". Kanzler Kurz und sein Vize Werner Kogler sollten nach Ansicht des Genossen diesbezüglich mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen Kontakt aufnehmen.

"Jetzt ist die Katze aus dem Sack", meint FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz. "Wenn das jetzt keinen Anlass für seinen Rücktritt bedeutet, kommt auch Kanzler Kurz in die Bredouille – Jugendfreund hin oder her, hier muss der Sessel geräumt werden!" (fsc, gra, sefe, 11.2.2021)