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Das Erfolgsrezept von Dominic Thiem ging auf: ruhig bleiben.

Foto: AP/Blair

Melbourne – Dominic Thiem erreichte am Freitag nach einem denkwürdigen Match zum vierten Mal das Achtelfinale der Australian Open und drehte einen 0:2-Satzrückstand zum Sieg. Der Niederösterreicher lag gegen den Australier Nick Kyrgios bereits 0:2 in Sätzen zurück, ehe Thiem den Weltranglisten-47. noch mit 4:6, 4:6, 6:3, 6:4, 6:4 bezwang.

Thiem trifft nun am Sonntag im Kampf um das Viertelfinale auf den Bulgaren Grigor Dimitrow. Der Weltranglistendritte fand vor fast 7.000 Fans, die Kyrgios komplett hinter sich zog, lange keine spielerischen Mittel gegen den stark spielenden Australier. Doch der US-Open-Champion blieb in aufgeheizter Atmosphäre cool und schaffte es nach 3:21 Stunden zum vierten Mal in seiner Karriere, einen 0:2-Satzrückstand noch in einen Sieg zu drehen.

Ruhiger Thiem

"Ich bin noch immer schwer in dem Hype vom Match, weil es war einfach unglaublich schwierig", sagte Thiem im Interview mit Servus TV. "Das erste Mal gegen ihn zu spielen in einem Match, in dem er on fire war, auf seinem bevorzugten Platz – eine richtig geile Atmosphäre, aber verständlicherweise waren alle für ihn. Es gibt sicher leichtere Dinge im Tennis als das", sagte Thiem. Im Gegensatz zu den US Open 2017, als er gegen Juan Martin del Potro (ARG) vor entfesselter "Davis Cup"-Atmosphäre nach klarer Führung noch verloren hatte, blieb Thiem diesmal aber ruhig.

Nicht ganz so zu Beginn. "Ich war in den ersten zwei Sätzen ein bisschen neben der Spur." Einen Schlüssel sah Thiem dann zu Anfang von Satz drei, als er zwei Breakbälle abwehren konnte. "Dann bin ich richtig reingekommen." Dennoch übte Thiem auch Selbstkritik. Er müsse gerade gegen solche "unangenehmen Gegner, die über solch einen Aufschlag verfügen, einfach besser ins Match starten".

Die nächste Partie gegen Dimitrow wird wieder vor leeren Tribünen stattfinden, weil in Melbourne ab Samstag ein fünftägiger Lockdown wegen Covid-19-Fällen in Kraft tritt.

Der 27-Jährige steht damit zum insgesamt 15. Mal bei einem Major in der Runde der letzten 16 und hat damit in einer Grand-Slam-Statistik nun auch vor Thomas Muster (14-mal) die Nase vorn. Gegen Dimitrow hat Thiem eine 2:3-Bilanz.

Der Geschmack

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Kyrgios packte wieder den Tweener aus.
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Das Match begann nach dem Geschmack der Kyrgios-Fans – und Kyrgios zeigte auch von Beginn an, dass er mit allen Mitteln arbeitet. Gleich im Auftakt-Game hatte der Australier Breakball, den er unter dem Jubel der Fans auch nutzte. Kyrgios pushte sich und auch das Publikum schon vom ersten Game weg immer wieder. Sein Spiel lebt auch von der Provokation.

Immer wieder deutete Kyrgios Aufschläge von unten an und ließ sich den Vorteil des frühen Breaks nicht nehmen. Thiem musste nach 37 Minuten mit 4:6 den ersten Satzverlust im Turnierverlauf zur Kenntnis nehmen.

Im zweiten Durchgang ging es bis zum 4:4 ohne Serviceverlust, wobei Thiem im dritten Game einen Breakball abwehren musste. Im langen neunten Spiel passierte es dann aber, Kyrgios nutzte seine dritte Chance zum Break und servierte zu null zur 2:0-Satzführung aus. Den Satzball nutzte er mit einem Ass durch einen Aufschlag von unten.

Die Wende

Nach zwei abgewehrten Breakbällen kippte das Momentum zugunsten Thiems. Kyrgios musste erstmals zum 0:2 den Aufschlag abgeben, Thiem nutzte seinen dritten Breakball und stellte danach zu null auf 3:0. Trotz mehrerer Blitz-Aufschlag-Games von Kyrgios, die er unter einer Minute gewann, ließ sich Thiem vom Satzgewinn zum 6:3 nicht mehr abbringen.

Anfang des vierten Satzes vergab Thiem zwei Breakchancen. Danach blieben beide bei ihren Aufschlägen vorerst unantastbar. Im neunten Game war es aber so weit: Thiem nutzte den dritten Breakball zum 5:4 nach etwas mehr als zweieinhalb Stunden. Wegen einer zweiten Verwarnung an Kyrgios gab es zudem einen Strafpunkt zum 15:0 für Thiem im zehnten Game. Thiem servierte zum Satzgleichstand aus.

Das Finale

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Am Ende gratulierte Kyrgios Dominic Thiem fair.
Foto: AP/Blair

Das Match musste im fünften Durchgang entschieden werden: Mit dem Aufschlag ging es bis zum 3:3, ehe Thiem nach einem starken Returngame das Break zum 4:3 gelang. Diesen Vorteil ließ er sich nicht mehr nehmen. Thiem nutzte gleich seinen ersten Matchball zum ersten richtigen Sieg über Kyrgios. Das bis dato einzige Match hatte er in Nizza wegen Aufgabe des Australiers gewonnen. Kyrgios sagte nach dem Spiel: "Ich bin überhaupt nicht enttäuscht. Ich habe alles gegeben und bin einem der besten Spieler der Welt auf Augenhöhe begegnet. Ich bin stolz auf die vergangenen Monate."

Gegen Dimitrow wird es für Thiem nicht einfacher. "Er ist in guter Form, er fühlt sich sehr wohl auf den schnellen Plätzen. Es ist wahrscheinlich das schnellste Grand-Slam-Turnier, das ich jemals gespielt habe. Es wird wieder richtig schwierig. Aber ich will besser in die Partie reinkommen", hoffte Thiem in einer ersten Vorschau auf Servus TV. (APA, red, 12.2.2021)