Von links: Allgemeinmedizinerin Reingard Glehr, Med-Uni-Wien-Rektor Markus Müller, Ursula Wiedermann-Schmidt (nationales Impfgremium), Tropenmediziner Herwig Kollaritsch und Arbeitsmedizinerin Eva Höltl. Die Expertenrunde spricht über einen Zuwachs an Impfbereiten in Österreich sowie über die aktuellen Entwicklungen bei den Mutationen.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Die Impfbereitschaft in Österreich ließ bisher zu wünschen übrig, Impfgegner trugen teilweise zur vorhandenen Skepsis bei. Ein Mangel an klarer Information und Aufklärung schürte die Bedenken und ließ die Impfbereitschaft deutlich schwächeln. Die Initiative "Österreich impft" sollte dem gegensteuern.

Jetzt scheint man das Problem der Impfskepsis nach und nach in den Griff zu bekommen. So zumindest lautete der Tenor einer Pressekonferenz am Freitag im Bundeskanzleramt, bei der die Expertenrunde über die steigende Bereitschaft, Virusmutationen und den Corona-Impfstoff informierte.

Laut Markus Müller, Rektor der Med-Uni Wien, wurden weltweit bereits 150 Millionen Menschen geimpft. Mehrere Millionen folgen täglich. "Unser Erfahrungsschatz wird immer größer", betonte er. Damit steige auch die Impfbereitschaft, was sich aus einer aktuellen Marktforschungsstudie ableiten lasse. Während sich im Dezember noch 35 Prozent sicher oder wahrscheinlich impfen lassen wollten, waren es im Jänner 54 Prozent. Unabhängig von der Umfrage wurde Skepsis gegenüber dem Impfstoff von Astra Zeneca bemerkt. Alle zugelassenen Vakzine bieten einen hohen Schutz vor schweren Fällen, betonten hingegen die Mediziner.

Vergleich unzulässig

Vor allem die neuen Daten aus Großbritannien und Israel stimmen Ursula Wiedermann-Schmidt, Vorsitzende des nationalen Impfgremiums, positiv. Ihr zufolge reduzieren alle drei zugelassenen Impfstoffe die Viruslast erheblich. "Wir können also jetzt nicht nur sagen, dass jeder durch eine Impfung individuell vor einer schweren Erkrankung geschützt werden kann, sondern auch, dass andere höchstwahrscheinlich nicht mehr angesteckt werden können."

Eine Grundlage dieser Behauptung ist ein noch nicht wissenschaftlich begutachteter Preprint von Forschern aus Israel, die für die Studie die Viruslast von geimpften und nichtgeimpften Infizierten verglichen. Eine Impfung mit dem mRNA-Impfstoff BNT162b2 der Unternehmen Biontech und Pfizer führte bereits zwölf Tage nach der ersten Impfdosis dazu, dass sich die Viruslast im Fall einer Sars-CoV-2-Infektion nach der Impfung reduzierte. Damit liefere die Studie erste Hinweise darauf, dass Geimpfte bei einer Infektion nicht mehr so infektiös seien wie Nichtgeimpfte.

In Hinblick auf die Skepsis gegenüber dem Astra-Zeneca-Vakzin, auch unter dem medizinischen Personal, möchten die Experten gegensteuern. Wiedermann-Schmidt betonte deshalb, dass die Impfstoffarten – mRNA- und Vektor-Impfstoff – im Grunde gar nicht verglichen werden sollten, da so ein Vergleich "hinsichtlich der Wirksamkeit nicht zulässig ist". Die Studien seien dafür zu unterschiedlich. Doch: "Alle Impfstoffe haben eine hohe Wirksamkeit gegen schwere Erkrankungen. Und darauf kommt es an", betont die Impfexpertin.

Neuen Erkenntnissen aus Israel und Großbritannien zufolge sinke mit der Impfung auch die Viruslast beim Menschen – das Weitertragen der Infektion sei deshalb stark eingeschränkt. Das gelte sowohl für den mRNA-Impfstoff von Biontech/Pfizer als auch für das Vakzin von Astra Zeneca.

Sinnlose Diskussion

Zurzeit sorgen vor allem die Virusmutanten für Aufregung. Erste Untersuchungen würden zeigen, dass der Impfstoff von Astra Zeneca bei der Südafrika-Variante bei schwächeren Verläufen schlechter wirkt. Zu schweren Verläufen gibt es allerdings noch keine verlässlichen Daten. Die Mutationen seien zwar viel ansteckender, die Erkrankungen deshalb aber glücklicherweise nicht schwerer. Bei der Südafrika-Mutation wisse man jedoch noch nicht viel, da die Untersuchungen in Südafrika nur die jüngere Bevölkerung betrafen, erklärte Wiedermann-Schmidt.

Für den Infektiologen Herwig Kollaritsch ist es aber gerade jetzt nicht sinnvoll, sich mit Diskussionen aufzuhalten, da es im Augenblick vor allem um Zeit gehe. "Die Alternative ist nur, nicht zu impfen, und das ist keine Alternative", betonte er. Das Virus stehe unter evolutionärem Druck, erklärte dazu Med-Uni-Rektor Müller. Es will sich schnell ausbreiten und überleben. "Deshalb sollten wir auch weiter Druck ausüben und ihm so wenig Raum wie möglich lassen, um weiter zu mutieren." Würden wir aufgrund von Vorbehalten auf die Impfung verzichten, wäre es genau umgekehrt.

Auch Kollaritsch zufolge besteht eine Unsicherheit nur gegenüber der südafrikanischen Virusmutation. Er betonte: "Bei den Mutanten sehen wir uns mit einer Wirkungsreduktion konfrontiert, aber nicht – und das ist ganz wichtig – mit einem Wirkungsverlust." Glücklicherweise könne man mit der jetzigen Technologie den Impfstoff auch möglichst rasch anpassen, an diese und kommende Mutanten. Das sei die beste Nachricht.

Wichtigstes Ziel sei jetzt, rasch für eine Grundimmunisierung der Bevölkerung zu sorgen. Seit es zu wenig Impfstoff gibt, seien glücklicherweise auch die Bedenken der Bevölkerung wegen möglicher Nebenwirkungen zurückgegangen.

Causa Tirol

Laut Kollaritsch würde eine Intervention durch rasches Impfen in Tirol zum jetzigen Zeitpunkt keinen Sinn machen, da es das Infektionsgeschehen in Verbindung mit der Südafrika-Mutation nicht beeinflussen würde. Bis man eine Wirkung sehen würde, würde es zu lange dauern. Er sprach konkret von sechs bis acht Wochen. Kollaritsch: "Lokale Ausbrüche sind ausschließlich mit den uns bereits bekannten traditionellen Methoden zu bekämpfen." (Julia Palmai, 12.2.2021)