Romed Baumann blühte nach dem Wechsel in den Deutschen Skiverband auf.

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Eine fast schon legendäre Fahrt zu Silber im Super-G.

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Es wäre gewiss eine schöne Pointe in tragischer Zeit, wenn ausgerechnet ein Tiroler Deutschland am Sonntag bei der alpinen Ski-WM in Cortina d’Ampezzo Gold in der Abfahrt besorgen könnte.

Schlägt Romed Baumann (35) nach seiner Silbermedaille im Super-G noch einmal zu, müssten zuvorderst manche Verantwortliche im Österreichischen Skiverband Humor beweisen. Schließlich galt der in der Biathlon-Hochburg Hochfilzen im Bezirk Kitzbühel aufgewachsene Sohn einer Pädagogin und eines Eisenbahners nach Jahren wechselnden Erfolges dem ÖSV nur noch als Ballast. Vor der Saison 2019/20 flog der Team-Vizeweltmeister von 2011 und Dritte der WM-Kombi von 2013 aus dem Kader. Baumann fehle es an der Einstellung, hieß es, fehle es an der letzten Risikobereitschaft. Die Kritik kann er selbst heute durchaus nachvollziehen, schließlich habe er nach den Geburten seiner beiden Töchter tatsächlich nicht immer das letzte Hemd riskiert in einem gefährlichen Sport. In der Folge sei schlicht oft der Hund drinnen gewesen in seinen Rennen.

Vom lästigen Qualifikationsdruck befreit

Zur Häme und zum Spott, der ihm während seiner letzten Saisonen im ÖSV vor allem aus den sozialen Medien entgegenschlug, gesellten sich Anfeindungen, als ruchbar wurde, dass sich Baumann um eine Fortsetzung seiner Karriere im Deutschen Skiverband bemühe.

Der ÖSV legte seinem mit der deutschen Ex-Skirennläuferin Veronika Eller verheirateten Ex-Star keine Steine in den Weg. Im DSV war Baumann nach anfänglicher Skepsis wegen seiner Erfahrung bald ein geschätzter Teamkollege. Vom lästigen Qualifikationsdruck befreit, fand er wieder Freude an seinem Beruf. "Aus der Freude heraus passiert dann auch Gutes", sagte Baumann nach dem Gewinn der Silbermedaille im Super-G.

Der einst Überzählige ist der erste Skirennläufer der Neuzeit, der für zwei Nationen bei Weltmeisterschaften auf das Podest stieg. Ehemalige Kollegen gönnen Baumann, der mit seiner Familie hart an der Grenze in Kiefersfelden lebt, durchaus den Erfolg. Vincent Kriechmayr, im Super-G zu Cortina um sieben Hundertstel glücklicher, freute sich "irrsinnig. Er war oft der Buhmann der Nation. Er hat so viel Kritik abgekriegt, oft nicht zu Recht."

Baumanns Erfahrung und Klasse, zumal in Passagen, die gefühlvolles Führen der Skier erfordert, wird in Hinblick auf die Abfahrt von der wenig bekannten Piste Vertigine am Sonntag betont. Die Pointe ist Baumann zuzutrauen. (Sigi Lützow, 12.2.2021)