Personalverantwortliche stehen in einem neuen Minenfeld, das wirklich Sprengkraft für die Organisation hat.

Foto: Getty Images/iStockphoto

Gebote und Verbote – damit sind wir aufgewachsen. So weit klar und darüber hinaus bekannt, dass je größer die Machtposition, desto relativer werden diese Regelwerke, desto weniger strikt müssen sie befolgt werden. Oben und unten. Das ist ein permanentes Spannungsfeld in Unternehmen und Organisationen und ist daher andauernd Terrain für Machtkämpfe und Intrigen – in immerwährendem Prozess wird mittels Aufbegehren gegen Ungerechtigkeit oder eine vermeintlich solche und Unfairness immerzu ein Ausgleich gesucht. Treiber ist meistens das Gefühl, andere haben es besser, haben mehr Vorteile, werden bevorzugt, reicher belohnt bei weniger Einsatz. Oder schlicht: Andere sind mehr wert.

Das sind im Ergebnis in der Firma meistens gute Prozesse, sie führen zu Weiterentwicklung, Organisations- und Personalentwicklung. Sie haben zu mehr Diversität, besseren Chancen, teilweise auch zu gerechterer Bezahlung geführt. Auch wenn es unangenehm ist, muss dieses Ringen um Fairness und gerechte Teilhabe sowieso ständig Gegenstand der Verhandlung und Überprüfung sein. All das läuft bei den Personalern zusammen.

Neues Arbeiten

Mit den Konzepten für hybrides Arbeiten im Büro und daheim und ohnedies schon sehr belasteten Teilen der Belegschaft, die unter maximalem Druck einen Tag nach dem anderen bewältigen, wird da noch eine gewaltige Last dazugepackt: Wer darf was? Wer kann wie wählen und wann von wo aus arbeiten? Worauf wird Rücksicht genommen – welche (private) Belastung in der Pandemie erwirkt welche Bevorzugung?

Personalverantwortliche stehen da aktuell in einem neuen Minenfeld, das wirklich Sprengkraft für die Organisation hat. Die Zeiten autoritärer Verordnung sind weitgehend Geschichte. Und die Krisensituationen benötigen echtes Engagement der Mitarbeitenden, nicht bloß Ein- und Ausstempeln, weil die Arbeitsmarktlage keine besseren Jobs hergibt.

Schnell, schnell wird sich kein Entwurf für die "next organization" auf den Tisch knallen lassen, der möglichst alle freut und den vielen Bedürfnissen gerecht wird, dabei auch noch irgendwie handhabbar bleibt.

Klar ist nur, dass der Ansatz Freiraum, Vertrauen und weitgehende Selbstbestimmung sein muss. Schwierig für Menschen, die Gebote und Verbote gelernt haben und gewohnt sind, diese auch zu exekutieren. Aber mit noch mehr Kontrolle, traditioneller Überprüfung der Leistung und Vorgaben im Stundentakt wird neues Arbeiten nirgendwo zu verwirklichen sein. Damit wächst nur das Gefühl der Benachteiligung und damit der Widerstand. (Karin Bauer, 15.2.2021)