"Falter"-Herausgeber Armin Thurnher.

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Bei Wolfgang Fellner mussten sich diese Woche zwei namhafte Journalisten des Landes Rüffel abholen – Michael Jeannée und Armin Thurnher. Dass Fellner und Jeannée in der Vergangenheit so manchen Strauß an Entgegnungen und Gegendarstellungen ausgefochten haben, ist bekannt, diesmal erreichte die Auseinandersetzung eine neue Dimension. Fellner stellte "Österreich" einem gewissen Nico Railianni, Lizentiat der Rechtswissenschaften, für die Veröffentlichung einer ganzseitigen entgeltlichen Einschaltung zur Verfügung, eines Offenen Briefs mit dem Titel Die Würde des Präsidenten ist unantastbar!

Langer Anlauf

Nun ist Jeannée ein stadtbekannter Antaster, aber diesmal trieb er es zu weit. In einer am 14. August 2020in der "Kronen Zeitung" erschienenen Kolumne wurde der Präsident der Russischen Föderation Wladimir Putin schwer verunglimpft, wobei der Autor, Journalist und Kolumnist Michael Jeannée, ihn einen "skrupellosen Lügner im Gewande der Wahrheit" nannte, schrieb der Lizentiat der Rechtswissenschaften. Er benötigte dafür den langen Anlauf vom August 2020 bis zum Februar 2021, aber ein Schriftsatz, in dem es um Jeannée einerseits und Putin andererseits geht, bedarf gründlicher Überlegung. Anlass dieser Kolumne war die drei Tage zuvor erfolgte Verkündung des Präsidenten, Russland habe als erstes Land der Welt eine effiziente Corona-Impfung unter dem Namen "Sputnik V" entwickelt und die Präsidententochter habe sich damit impfen lassen, was für die Zuverlässigkeit des Impfstoffs sprechen sollte. Worauf Jeannée ihm eigenmächtig eine Lüge unterstellte.

Putin liest sicher beide Blätter

Eigentlich hätte diese Ehrenrettung des russischen Präsidenten dort erscheinen müssen, wo seine Ehre angegriffen wurde. Aber seit dem 14. August 2020 ist einige Zeit verstrichen, und wir wissen mehr über Sputnik V und darüber, was es in diesem Fall mit dem skrupellosen Lügner im Gewande der Wahrheit auf sich hat. Der Lizentiat hegt die Hoffnung, Herr Michael Jeannée wird den hier angebrachten Mut und Anstand aufbringen und einen geeigneten Weg finden, um sich für die getätigten unsubstanziierten Äußerungen zu entschuldigen. Ob in der "Krone" oder in "Österreich", kann Putin egal sein, er liest sicher beide Blätter. Und er hat sich bestimmt gefreut, als er Montag in "Österreich" lesen konnte: Kanzler Kurz will russischen Impfstoff Sputnik produzieren, also Produktionskapazitäten von geeigneten einheimischen Unternehmen für russische und chinesische Impfstoffe zur Verfügung zu stellen. Jeannée könnte sich dann zur Entschuldigung mit Sputnik V impfen lassen. Astra Zeneca soll es nur noch für Junge geben.

Bei Armin Thurnher wird keine Impfung helfen. Einen Shitstorm nach Sexismus-Eklat verspürte Fellner: Thurnher twitterte schwer frauenverachtendes Gedicht. Als Musen des Shitstorms entpuppten sich VP-Frauen. Sie waren empört über "plumpe Beleidigung" aller Frauen durch "Falter"-Chef.

Ein Anfall von poetischem Furor

Dieser hat laut "Österreich" in einem Anfall von poetischem Furor Folgendes gedichtet: Die Köstinger, die Köstinger erlasst die KöSt der Feuerwehr, ferner: Mit Edtstadler, mit Edtstadler ödet er jeden Stadl leer, und dann noch: Die Tanner, die Tanner steht nur auf grüne Manner. In ihrer Knappheit stehen diese alemannischen Haikus in einem spannungsreichen Gegensatz zur Extensität seines Wochenkommentars im "Falter". Aber statt auf deren poetologische Finesse einzugehen, zieht sich "Österreich" auf den moralischen Kunstanspruch von VP-Frauen zurück. Diese nicht nur sexistischen, sondern noch dazu extrem holprigen Reime stellt "Falter"-Herausgeber Armin Thurnher auf Twitter.

Andere als VP-Frauen werden sich schwertun, von Köstingers Erlassung der Köst auf das Löschen sexueller Glut mit der Feuerwehr zu schließen. Wer der mysteriöse Er sein soll, der mit Edtstadler jeden Stadl leer ödet, lässt sich nur vermuten, aber wenn die Vermutung zutrifft, braucht er zum Leeröden von Stadln keine Edtstadler, das schafft er allein. Und dass die Tanner nur auf grüne Manner stehen soll, könnte den edlen Zwecken der Landesverteidigung geschuldet sein. Die Bundesleiterin der ÖVP-Frauen sah dennoch ein weiteres Beispiel der Frauenverachtung und des Hasses im Netz gegen Frauen. Und sie befand literaturkritisch: Die Ansprüche, die Armin Thurnher oft anderen gegenüber hat, erfüllen diese Tweets jedenfalls nicht. Thurnher ist nicht der erste Poet, der seine Verse vernichtet. Er löschte den Tweet in den Abendstunden und entschuldigte sich. (Günter Traxler, 14.2.2021)