Einreisende nach Deutschland müssen einen negativen Corona-Test vorlegen.

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Innsbruck/Berlin – Die Bundesregierung kritisiert die verschärften Einreiseregeln an den deutschen Grenzen zu Tirol und Tschechien, um die Ausbreitung besonders ansteckender Corona-Varianten einzudämmen, scharf. "Die de facto Sperre des großen und kleinen deutschen Ecks für Österreicherinnen und Österreicher ist absolut inakzeptabel. Diese Maßnahme von Bayern ist unausgegoren und löst nur Chaos aus", sagte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Sonntag in einer Stellungnahme gegenüber der APA.

Außenminister Alexander Schallenberg forderte "Maß und Ziel" strengerer Maßnahmen und warnte vor "überüberschießenden Schritten, die mehr schaden als nützen. Das habe ich heute auch meinen deutschen und italienischen Amtskollegen Heiko Maas und Luigi Di Maio mitgeteilt", so Schallenberg. Noch am Sonntag würden zudem sowohl der deutsche als auch der Italienische Botschafter zu einem Gespräch im Außenministerium erwartet.

Einreiseverbot

Das Einreiseverbot für Tiroler nach Deutschland war am Sonntag in Kraft getreten. Ausnahmen gibt es nur für bestimmte Berufspendler, wenn sie gebraucht werden, um den Betrieb in systemrelevanten Branchen aufrecht zu erhalten. Auch Italien hat mit Sonntag die Einreiseregeln für Österreicher verschärft. Reisende aus Österreich nach Italien müssen sich einem Corona-Test und einer 14-tägigen Quarantäne unterziehen, sieht eine neue Verordnung von Gesundheitsminister Roberto Speranza vor. Die Maßnahmen gelten für jede Person, die sich für einen Zeitraum von mehr als 12 Stunden in Österreich aufgehalten hat.

Es soll jedoch Ausnahmen für bestimmte Berufspendler geben. Demnach dürfen all jene aus Tirol nach Deutschland einreisen, die gebraucht werden, um den Betrieb in systemrelevanten Branchen aufrecht zu erhalten. Sie müssen dafür in den kommenden Tagen ihren Arbeitsvertrag dabeihaben und an der Grenze vorzeigen. Bis Dienstag sollen die deutschen Bundesländer Bayern und Sachsen Betriebe als systemrelevant definieren und individuelle Bescheinigungen ausstellen, die an der Grenze vorgezeigt werden sollen.

Platter fordert Ausnahme für alle Tiroler Pendler

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) forderte am Sonntag aber weiterhin eine Ausnahme für alle Tiroler Pendler. Die derzeitige Situation sei "absolut inakzeptabel". Zudem sei derzeit "entgegen anderslautender Aussagen das Durchfahren ohne Stopp über das kleine und große deutsche Eck" nicht möglich. Jemand der von Tirol nach Salzburg oder Wien reisen will, müsse nun "großräumig" ausweichen. "Eine solche Vorgangsweise ist weder verhältnismäßig noch sinnvoll", zeigte sich Platter verärgert.

Ein Sprecher der Bundespolizeidirektion in München bestätigte gegenüber der APA Sonntagmittag, dass es für Transit-Reisende bis auf wenige Ausnahmen derzeit kein Durchkommen gebe. Dies sei derzeit aber Gegenstand von Gesprächen und könne sich im Laufe des Nachmittages noch ändern.

Strenge Kontrollen

Der deutsche Innenminister Horst Seehofer hatte zuvor bekräftigt, dass die Einreiseregeln streng kontrolliert werden. "Wer nicht zu einer der wenigen Ausnahmen gehört, kann nicht einreisen", sagte der CSU-Politiker der "Bild am Sonntag". Er rechne mit Verzögerungen. "Durch die Kontrollen kann es hier und da zu Wartezeiten kommen. Die Bundespolizei wird den Verkehr nicht einfach durchwinken." Mit der Bundespolizei sei aber besprochen, die Kontrollen der Lage angepasst durchzuführen, um größere Rückstaus zu vermeiden.

Wegen der neuen deutschen Einreiseregeln wollte Tirol schon ab Sonntag den Lastwagenverkehr aus Italien im Vorfeld kontrollieren und drosseln, um einen extremen Rückstau und einen Verkehrskollaps im Inntal zu verhindern.

EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides hält unterdessen nicht viel von den schärferen deutschen Einreiseregeln. "Die Furcht vor den Mutationen des Coronavirus ist verständlich. Aber trotzdem gilt die Wahrheit, dass sich das Virus nicht von geschlossenen Grenzen aufhalten lässt", sagte die 64-jährige, christdemokratische Politikerin aus Zypern der "Augsburger Allgemeinen" (Montag). Über kritische Bemerkungen seitens der EU-Kommission hatte sich der deutsche Innenminister Seehofer schon tags zuvor empört. (APA, red, 14.2.2021)