Die Goldfahrt....

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... des Goldenen.

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Podest.

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Cortina d'Ampezzo – Ohne ihm auch nur im Geringsten seine Fähigkeiten in alpinen Ski-Angelegenheiten absprechen zu wollen: Das Glück war Vincent Kriechmayr auch am Samstag in der Abfahrt hold. Hatte sich der Oberösterreicher am Donnerstag um lediglich sieben Hundertstelsekunden vor dem für Deutschland startenden Romed Baumann zum Weltmeister im Super-G aufgeschwungen, so war der 29-Jährige bei seiner Siegfahrt in der Königsdisziplin lediglich eine Hundertstel schneller als Andreas Sander, der somit erneut Silber für Deutschland fixierte.

Kriechmayr avancierte bei Prachtwetter auf der neuen Herrenstrecke Vertigine zu Cortina d’Ampezzo in 1:37,79 Minuten zum ersten Abfahrtsweltmeister nach Michael Walchhofer 2003 in St. Moritz. Zudem ist er der erst dritte Doppelweltmeister in Speeddisziplinen bei ein und derselben WM nach Hermann Maier 1999 in Vail / Beaver Creek und Bode Miller 2005 in Bormio.

Gold.
FIS Alpine

Platz drei und Bronze holte sich der Schweizer Beat Feuz. Der Italiener Dominik Paris (+0,65), Sieger der WM-Generalprobe in Garmisch-Partenkirchen und Schnellster im Abschlusstraining, ging als Ex-aequo-Vierter mit Überraschungsmann Marco Odermatt leer aus. Mit Startnummer 18 ließ der Schweizer Kriechmayr am Thron noch einmal nervös werden, verlor in der Gleitpassage gen Ziel aber entscheidend.

Beeindruckende Serie

Nach Siegen in Kitzbühel und Garmisch-Partenkirchen (jeweils im Super-G) und seinem Triumph im WM-Super-G zählte Kriechmayr freilich auch in der Abfahrt zu den Favoriten. Doch der mit Startnummer eins ins Rennen gegangene Oberösterreicher hatte im selektiven Mittelteil ein Problem, und so war es schlussendlich doch etwas verwunderlich, dass seine Zeit für den zweiten Coup innert vier Tagen genügte.

Auch, da die Konkurrenten mit dem vergleichsweise eckig gesteckten Abschnitt und den vielen kleinen Wellen im Terrain Mühe hatten. Schließlich bewältigte kein einziger Läufer den Kurs auf der im Vorfeld als relativ simpel eingestuften Piste annähernd fehlerfrei. Und so vergrößerte Kriechmayr seine Sammlung nach Super-G-Silber und Abfahrtsbronze bei der WM in Åre 2019 mit der nun zweiten Goldenen in Cortina auf vier Stück.

"Ich kann es noch nicht realisieren, es ist alles noch etwas unwirklich. Es war ein verrücktes Rennen, und als Sander im Ziel war, habe ich nicht gedacht, dass wir beide am Podium sind", gestand der Neo-Doppelweltmeister. "Aber ich bin von oben weg wirklich gut gefahren, allerdings auch einige Male aus der Hocke gekommen. Obwohl es sehr kurvig war, habe ich eine richtige Abfahrt gewonnen", sagte Kriechmayr. "Oben war es ein bissl windig, vielleicht war der Herrgott heute auf meiner Seite."

Silber.
FIS Alpine

Sanders erster Podestplatz war gleichbedeutend mit einer Medaille. "Die Hundertstel tut wirklich nicht weh", sagte der 31-jährige Routinier aus Westfalen. Feuz war mit Bronze nicht unzufrieden. "Bei 18 Hundertstel Rückstand wäre aber sicher auch Gold möglich gewesen. Ich hab’s im kurvigen Teil verloren. Vincent hat verdient gewonnen."

Kriechmayr hat im Weltcup sechs seiner bislang acht Weltcup-Erfolge im Super-G gefeiert und erst zwei Abfahrten für sich entschieden: 2018 in Åre ex aequo mit Matthias Mayer und 2019 den Klassiker in Wengen.

Der zweifache Olympiasieger Mayer, Sieger der Abfahrt in Bormio vor Kriechmayr und zuletzt sechsmal en suite in Speeddisziplinen auf dem Podest, wurde in der Traverse leicht abgetragen und verfehlte ein Tor. Als zweitbester Österreicher belegte Max Franz den 13. Platz. Der Kärntner lag damit unmittelbar vor Baumann, dem beim Abschwingen ein Malheur passierte. Er rutschte unter die zum Schutz aufgebauten Luftpolster und zog sich Schnittwunden im Gesicht zu.

Schrecksekunde für Muzaton

Einen Stunt der Extraklasse fabrizierte Maxence Muzaton. Der Franzose kam vor dem Vertigine-Sprung zu Fall, wurde über die Kante geschleudert, landete aber rückwärts auf den Skiern und schwang ab, als hätte er dieses Manöver geplant und perfekt inszeniert.

Bereits am Vormittag herrschte auf der Straße vom Süden in Richtung Cortina Stimmung wie beim Giro d’Italia. Zahlreiche Schaulustige blickten hinüber zur Rennstrecke, als die italienische Kunstflugstaffel Frecce Tricolori durch das Tal donnerte. (Thomas Hirner, 14.2.2021)