Hinter der abgesperrten transparenten Wand wuchs Cannabis heran. Ein Kunstprojekt im Stollensystem des Grazer Schlossbergs, dessen Blüten nun beschlagnahmt wurden.

Foto: Schimpl

Vom Grazer Schlossberg kommend, die enge alte Sporgasse hinunter, reiht sich aufgefädelt eine Vielzahl kleiner Shops aneinander – darunter ein schicker Hanfladen. Unten am Hauptplatz angelangt und rechts abgebogen, erreicht man den Aufgang zum Schlossberg, in dessen Stollensystem bis vor kurzem noch Hanf, die verbotene Version, blühte.

Nicht zum Konsum, sondern als Gegenstand eines von der Stadt Graz geförderten Kunstprojekts. Etliche Wochen lang konnten Besucher das Wachsen der Pflanzen hinter einer transparenten, beleuchteten Wand beobachten, ehe eine FPÖ-Gemeinderätin, durch Berichte der lokalen Boulevardmedien über diese "Cannabis-Plantage" animiert, Anzeige erstattete. In der Folge bekam auch das Kulturressort der Stadt plötzlich kalte Füße und schickte eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft, mit der Begründung, die Politik habe nicht wirklich gewusst, dass dort richtiges Cannabis wachsen werde. Auch von einer Rückzahlung der Förderung war die Rede.

"Wir sind fix und fertig"

Jetzt haben die beiden Künstler jedenfalls ein Problem und einen Strafantrag der Grazer Staatsanwaltschaft sowie einen baldigen Gerichtstermin auf dem Tisch. Weil sie eben sieben Stück Cannabispflanzen in die Erde gesetzt und aus Sicht der Justiz damit gegen das Suchtmittelgesetz verstoßen haben. Die Kuratorin der Installation im Schlossberg, Ada Kobusiewicz, die zuletzt mit "Verbotstafeln" in der Grazer Innenstadt für Aufsehen gesorgt hat, versteht die Welt nicht mehr: "Wir sind fix und fertig." Zumal jetzt auch die Förderung für das nächste geplante Projekt von der Stadt abgesagt wurde.

Werner Schimpl, der in den vergangenen Jahren auch zahlreiche Altarraum-Installationen realisiert hat, verteidigt den künstlerische Ansatz hinter der nun polizeilich gestoppten und beschlagnahmten Cannabis-Produktion: "Unsere Installation besteht aus einem Lichtkörper mit zylinderförmiger Außenhaut. Das transparente Gewebe zeigt die Schatten von Cannabispflanzen, welche sich scheinbar – durch Ventilatoren – im Wind bewegen. Es geht mir darum, ein Wachstum von Pflanzen unter solch unwirtlichen Verhältnissen zu ermöglichen. Die Sichtbarkeit der Pflanzen ist nur auf Schatten reduziert, und es wird eine Diskussion über die Pflanze als Rauschmittel im Vergleich mit Alkohol als legitimes, aber gefährlicheres Rauschmittel angeregt. Selbstverständlich geht es, um ein Kunstwerk glaubwürdig zu machen, um die Echtheit des Materials." Was die Justiz aber bezweifelt.

Justiz übt sich in Kunstkritik

Es sei grundsätzlich zu fragen, ob das überhaupt Kunst sei. In der Anklageschrift wird darauf hingewiesen, dass ja "schon die Einordnung des Projekts unter den Begriff Kunst" zweifelhaft sei, zumal das Projekt – wörtlich – "einen enden wollenden eigenschöpferischen Gehalt aufweist. Nur die Tatsache, dass die Anlage durch anerkannte oder bekannte Künstler installiert wurde, macht sie noch nicht zur Kunst", übt sich die Staatsanwaltschaft in Kunstkritik.

Es wäre, gibt das Gericht den Künstlern einen Tipp, "ein Leichtes gewesen, sich auf legale Weise mit der Thematik auseinanderzusetzen, indem sie beispielsweise nicht von der Suchtgiftverordnung erfassten Industriehanf, der in seiner äußeren Erscheinung in keiner Weise von der des THC-hältigen Cannabiskrautes abweicht – oder gar Pflanzen aus Kunststoff für die Installation – verwendet hätten".

Kulturstadtrat: "Die beiden tun mir leid"

Kulturstadtrat Günter Riegler (ÖVP) wünscht den beiden jedenfalls "alles Gute" vor Gericht. "Auch ich bin Gesetzen unterworfen. Ich kann jetzt nicht sagen, wurscht, ist eh gut gemeint gewesen. Jetzt ist der lange Arm des Gesetzes am Wort. Es geht darum, ob die harmlose Verwendung von Cannabis als Milderungsgrund akzeptiert wird. Konsumieren wollten sie das Cannabiskraut ja ohnehin nicht. Ich hoffe auf ein Einstellung. Mir tun die beiden leid." (Walter Müller, 15.2.2021)