Peter K., der älteste von fünf Angeklagten im Wiederbetätigungsprozess gegen Unterstützer der rechtsextremen "Europäischen Aktion".

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Wien – Es waren – mittlerweile verstorbene – honorige Herren, die in Österreich die rechtsextreme "Europäische Aktion" leiteten. Und so ist immer wieder die Rede vom "Doktor Berger" und "Regierungsrat Vogel", wenn sich die fünf Angeklagten und ihre Verteidiger im Wiederbetätigungs- und Hochverratsprozess vor einem Geschworenengericht äußern. Denn der Doktor und der Regierungsrat planten laut Anklage eine "Reichsregierung" und ein neues "Großdeutsches Reich", und die fünf Männer, die sich vor dem Geschworenengericht verantworten müssen, sollen die Pläne tatkräftig unterstützt haben.

Am ersten von mindestens fünf geplanten Verhandlungstagen bekennen sich vier von ihnen der NS-Wiederbetätigung für schuldig. Das unbescholtene Quintett bestreitet aber unisono, dass es die österreichische Regierung durch einen "Zangenangriff" mittels Staatsstreichs und "Volkserhebung" stürzen wollte.

Vage Geständnisse

Wobei – zumindest bei den ersten beiden Angeklagten, dem 42-jährigen Thomas G. und dem 70 Jahre alten Peter K., fällt das Geständnis, ironisch ausgedrückt, nicht überschießend aus. G. behauptet, eigentlich gar nicht gewusst zu haben, was die "Europäische Aktion" im Detail plant, der österreichisch-ungarische Doppelstaatsbürger K. will dem Gericht klarmachen, dass es ihm mehr um Ungarn gegangen sei.

Angesichts des Alters der Angeklagten ist es übrigens bemerkenswert, dass der Vorsitzende und die beiden Beisitzerinnen eigentlich primär für Jugendstrafsachen zuständig sind. Der Grund dafür liegt im Viertangeklagten: Patrick V. ist mit 29 Jahren der mit Abstand jüngste Angeklagte und war zu Beginn seiner Involvierung noch keine 21 Jahre alt. Was sein Verteidiger Andreas Schweitzer nutzt, um ihn als leicht beeinflussbares "Küken in der Altherrenrunde" zu bezeichnen.

Angeklagter als "Laufbursche"

Doch zurück zum Erstangeklagten G., den sein Rechtsvertreter Franz Karl Juraczka als "Laufburschen" sieht. G. selbst sagt, er habe den "Herrn Doktor Berger" und den "Regierungsrat Vogel" gekannt und sei auch mit ihnen befreundet gewesen. Es seien "national-konservative Menschen" gewesen, aber eigentlich will G. mit ihnen gar nicht so viel über Politisches gesprochen haben.

Die "Sieben Punkte" im Programm der "Europäischen Aktion" will G. nicht wirklich hinterfragt haben. Oder falsch interpretiert. Auf die Homepage, wo die Punkte ausführlicher erläutert werden, habe er nie geschaut, behauptet der Erstangeklagte. Auch die Bücher und Broschüren, die er bekam, will er nie gelesen haben. Warum die Dinge dann von der Polizei bei ihm gefunden wurden? "Ich habe einen gewissen Sammeltick", verrät G. dem Vorsitzenden.

Dieser lässt G. zunächst noch sein Selbstbild des eigentlich unpolitischen Kulturinteressierten pinseln, ehe er hinter der Richterbank im über ein Dutzend Bände umfassenden Akt kramt, um G. genaue Vorhaltungen machen zu können. Wie beispielsweise eine SMS, die mit "Heilsgruß!" endet. "Heil Dir!" sei in allen Studentenverbindungen als Grußformel üblich, argumentiert der Erstangeklagte.

Grußformel "Heil Blutbad!"

Worauf der Vorsitzende ein zweites SMS zitiert. Dieses schließt mit "Heil Blutbad!", auch "J...scheiße" findet sich in der Nachricht. G. sagt, er könne sich nicht mehr erinnern, und der Ton sei "völlig untragbar" und "völlig jenseitig". Vielleicht sei er damals in Rage gewesen, mutmaßt der Erstangeklagte.

Worauf ihm der Vorsitzende das Transkript eines Telefonats vorliest. G. saß damals in der Straßenbahn und beginnt offenbar unvermittelt über einen anderen Fahrgast zu schimpfen. Dabei fallen Dinge wie: "Scheißneger", "Dreckskreatur", "Das sind keine Menschen" und "Dem gehört eine Machete zwischen die Beine und bis zum Hals durchgezogen". G. bezweifelt zunächst, das Telefonat geführt zu haben. Dann sagt er: "Die Wortwahl ist jenseitig." – "Ja, aber es ist Ihre, nicht meine", entgegnet der Vorsitzende trocken.

Verteidiger Juraczka vermutet, dass sein Mandant nervös ist, und versucht mit einfachen Entscheidungsfragen die Verteidigungsstrategie herauszuarbeiten. G. kenne die Ziele der "Europäischen Aktion" erst heute richtig und habe bei Treffen nie etwas von Gewalt oder einem Staatsstreich oder Holocaustleugnung gehört.

"Keine Salonfaschisten" auf Internetseite

Zweitangeklagter K. sollte für die Vernetzung mit der rechtsextremen ungarischen Organisation MNA, zu Deutsch: "Ungarische nationale Front", sorgen sowie paramilitärische Ausbildungen dort einfädeln. Auch er windet sich: Auf der Internetseite der "Europäischen Aktion" sei gestanden, diese seien "keine Salonfaschisten", verteidigt er sich. Daher ging er damals davon aus, alles sei legal. Mit den Zielen will er sich ebenfalls nicht näher beschäftigt haben.

Als der Vorsitzende dem Pensionisten ein Bild von einer MNA-Veranstaltung zeigt, auf dem Männer mit Waffen zu sehen sind, bestreitet K., dass es Waffen seien. Es seien Airsoftguns auf dem Bild, Spielzeug. Der Zweitangeklagte sagt auch, er sei damals überzeugt gewesen, die Welt breche zusammen und man müsse sich auf eine russische Invasion vorbereiten. "Das bringt dann auch nicht viel, wenn man sich mit Spielzeugwaffen gegen Russen verteidigt", hält der Vorsitzende lapidar fest. Außerdem seien bei K. daheim eine Splitterschutzweste und ein Helm gefunden worden.

Am Dienstag wird fortgesetzt. (Michael Möseneder, 15.2.2021)