Genf/Wien – Es sind erfreuliche Zahlen, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 16. März veröffentlicht wurden: Bereits die fünfte Woche in Folge ist die Zahl der weltweit neu gemeldeten Covid-19-Fälle zurückgegangen. Das lässt hoffen, dass die Welt in ihren Bemühungen, die Pandemie einzudämmen, langsam, aber sicher wieder Erfolge hat.

Konkret wurden für die letzte Woche rund 2,7 Millionen neue Fälle von Covid-19-Testergebnissen weltweit gemeldet – das ist ein Rückgang zur Woche davor um 16 Prozent und die niedrigste Anzahl von Infektionsfällen seit dem Herbst.

Rückgang um ein Drittel

Die wöchentlichen Infektionsraten sind damit in der zweiten Februarwoche verglichen mit dem Höchststand Anfang Jänner um rund mehr ein Drittel gesunken. Auch bei den Todesfällen kam es im Vergleich zur Woche davor zu einem Rückgang um zehn Prozent auf 81.000 Todesfälle. Ganz aktuell hat sich der Trend weiter fortgesetzt: Von einem Maximalwert von fast 853.000 Neuinfektionen am 7. Jänner lagen wir am Sonntag "nur mehr" bei 276.000 neuen Fällen – das ist ein Wert, den wir zuletzt im Sommer hatten.

Was aber sind nun die Gründe für diese erfreuliche Entwicklung? Und in welchen Weltgegenden ist sie besonders spürbar? Grundsätzlich ist der Rückgang in allen Regionen beobachtbar. Wobei insgesamt mehr als die Hälfte aller globalen neuen Infektionen auf Nord-, Zentral und Südamerika entfallen, wo in der vorletzten Woche mehr als 1,5 Millionen Infektionen und mehr als 45.000 neue Todesfälle verzeichnet wurden. Dort gingen aber auch die absoluten Zahlen am stärksten zurück – insbesondere in den USA, wo es nach wie vor die meisten Infektionen gab und gibt.

Weihnachten, Saisonalität und Impfungen

Relativ leicht scheint die Explosion der Fallzahlen bis Anfang Jänner erklärbar. Da dürften wohl die Feiertage rund um Weihnachten ein wesentlicher Treiber gewesen sein. Die Gründe für die Rückgänge sind indes weniger klar und eindeutig als der Gesamttrend, der sich auch diese Woche weiter fortzusetzen scheint.

Offensichtlich ist zum einen, dass die Saisonalität eine Rolle spielen dürfte. Starke Rückgänge gibt es unter anderem im südlichen Afrika und einigen Ländern Südamerikas, wo gerade Sommer ist. Aus Studien ist bekannt, dass UV-Strahlung ein ziemlich guter Virenkiller ist. Und das könnte in diesen Ländern die Situation etwas entspannen.

Klar ist auch, dass sich die Impfungen noch nicht positiv auf die Infektionszahlen auswirken können. Das einzige Land der Welt, wo sich diesbezüglich bereits Effekte – zumindest bei den zuerst geimpften älteren Personen – zeigen, ist Israel, wo die absoluten Infektionszahlen zuletzt aber auch kaum sanken, weil sich viele jüngere Personen infizierten.

Frühe Zeichen von Herdenimmunität?

Eine weitere, recht spekulative Erklärung kommt von dem deutschen Epidemiologen Klaus Stöhr, der lange für die WHO arbeitete und jetzt als eine Art Gegenexperte zu jenen Fachleuten auftritt, die Angela Merkel beraten. Stöhr spekulierte im Nachrichtensender N-TV, dass in den USA bereits Effekte einer einsetzenden Herdenimmunität zu beobachten sein könnten, auch wenn dort erst rund elf Prozent der Bevölkerung entweder durch eine Infektion oder durch Impfung "offiziell" immunisiert sind.

Stöhr schätzt nämlich die Dunkelziffer der Infizierten bis zu sechsmal höher und kommt damit auf bis zu 48 Prozent Infizierte. Diese Zahl kann eine Wiener Forschergruppe um den Demografen Miguel Sánchez-Romero (Wittgenstein-Zentrum der ÖAW) auf Nachfrage des STANDARD ganz und gar nicht bestätigen. Laut ihrem neuen Berechnungsmodell, das sie kürzlich im Fachblatt "PLoS One" vorstellten, hatten in den USA bis zum 10. Februar nur rund 15 Prozent der Bevölkerung eine Covid-Infektion hinter sich gebracht.

Wohl doch eher die Lockdowns

Für Sánchez-Romero und seine Kollegin Vanessa Di Lego sind entsprechend die Effekte der Lockdowns in Europa und die von US-Präsident Joe Biden angekündigten und verfügten Maßnahmen sowie die damit einhergehenden Verhaltensänderungen die sehr viel besseren Erklärungen für den Rückgang der globalen Infektionszahlen. (Klaus Taschwer, 16.2.2021)