Leere Ränge: "Die Menschen werden wieder ins Kino, ins Theater, in die Oper gehen wollen", so der Vizerektor der MedUni Wien, Oswald Wagner bei der Pressekonferenz.

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Die am Montag bekanntgegebene Lockdown-Verlängerung für Gastronomie und Hotellerie im Zuge der Corona-Krise betrifft auch einen Großteil der Kulturszene. Während die Museen, Archive und Bibliotheken analog zum Einzelhandel seit dem 8. Februar wieder geöffnet haben, wird es für Theater, Konzert- und Opernhäuser sowie Kinos bis Ostern bei der Schließung bleiben. Das seit 3. November geltende Veranstaltungsverbot bleibt bestehen, die nächste Prüfung findet erst am 1. März statt.

In zwei Wochen möchte sich die Regierung abermals über das weitere Vorgehen akkordieren, er gehe jedoch von weiteren Öffnungsschritten erst "rund um Ostern" aus, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Der Vizerektor der Med-Uni Wien, Oswald Wagner, sprach bei der Pressekonferenz von möglichen ersten Öffnungsschritten "besonders im Kultursektor": "Die Menschen werden wieder ins Kino, ins Theater, in die Oper gehen wollen."

Zermürbt bis frustriert zeigten sich Kulturvertreter, die beklagten, dass es für den Kulturbereich keinerlei realistische Perspektiven, sondern allenfalls Vertröstungen gebe. "Natürlich ist die Verlängerung des Lockdowns im Veranstaltungsbereich keine gute Nachricht für die Kulturbranche in Österreich", konstatierte Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne). Immerhin hätten die Kulturbetriebe aber jetzt bis Ostern Gewissheit.

"Ich weiß, dass die Kulturinstitutionen in Österreich bereit wären aufzusperren, dass es viele fertig geprobte Produktionen gibt, die auf ihr Publikum warten, und dass sich alle im Kulturbereich vorbildlich an die gesundheitspolitischen Vorgaben halten", sagte Mayer. "Leider lässt die Gesamtsituation derzeit dennoch keine Öffnung zu. Ich hoffe, dass sich die Situation so entwickelt, dass wir möglichst bald weitere Schritte setzen können."

"Mehr als zermürbend"

Entsprechend fielen erste Reaktionen aus der Kulturszene aus. Als "mehr als zermürbend" bezeichnete Johannes Reitmeier, Intendant des Tiroler Landestheaters, die Situation. Bis dato gebe es von der Politik allenfalls Vertröstungen, aber keinerlei realistische Perspektiven für die gesamte Branche. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass nach dem Öffnen des Handels und der körpernahen Dienstleister die Infektionszahlen im Land zumindest nicht fallen werden. Wenn als Konsequenz dessen Theater und Konzertsäle weiterhin dichtbleiben müssen, wäre das ein fatales Signal", betonte Reitmeier.

Er frage sich, welchen Sinn die letztlich erzielte Einigung für das Zugangstesten zu den Vorstellungen gehabt haben soll. "Wenn Gastronomie und Hotellerie mit Einschränkungen geöffnet werden, muss die Kultur unter Berücksichtigung ihrer Präventionskonzepte mit von der Partie sein. Für alles andere fehlt mir das Verständnis", so Reitmeier.

"Natürlich wünschen wir uns alle, so bald wie möglich wieder vor Publikum – wir vermissen uns gegenseitig schmerzlich – spielen zu können", sagte die Grazer Opernintendantin Nora Schmid der APA. "Dennoch habe ich zum jetzigen Zeitpunkt keine andere Entscheidung erwartet. Die Durststrecke nutzen wir weiterhin für ausgewählte Aufnahme- und Streamingprojekte."

"Wir sind im Stillstand, in der Warteschleife"

Auch die Intendantin des Landestheaters Niederösterreich, Marie Rötzer, zeigte sich gegenüber der APA "sehr frustriert": "Wir sind im Stillstand, in der Warteschleife." Vieles werde derzeit auf dem Rücken von Kultur und Gastronomie ausgetragen. "Dabei haben unsere Präventionskonzepte sehr gut funktioniert." Glücklicherweise dürfe man zumindest weiter proben, sodass man einige fast fertige Produktionen "in der Gefriertruhe" habe.

Die IntendantInnengruppe der Bundesländer-Bühnen hat sich just Montagnachmittag wieder zum Austausch getroffen. Dabei habe Einigkeit geherrscht, dass die Theater Planungssicherheit benötigen, so Rötzer. Ein zumindest vierwöchiger Vorlauf sei für die meisten großen Bühnen zum Wiederhochfahren des Betriebs nötig.

Im Wiener Rabenhof hatte man kürzlich als Protest satirisch das "Ski-Resort Erdberger Alpen" ausgerufen, um öffnen zu können – eine Aktion, die in der Tourismusbranche nicht nur Schmunzeln ausgelöst haben soll, wie Direktor Thomas Gratzer erzählt. "Wir wären bereit. Leider haben wir keinen Schnee", sagt Gratzer zur aktuellen Lage. "Jetzt geht uns aber bald auch noch der Schmäh aus." Sollte das Theater in Wien-Erdberg nach Ostern wieder aufsperren können, werde es in dieser Saison dennoch die eine oder andere Premiere geben. Viel Projekte seien jedoch bereits auf die kommende Saison verschoben worden.

"Wir wären bereit"

Stephan Pauly, Intendant des Wiener Musikvereins, zeigte sich ob der Lage etwas geknickt: "Wir verstehen die notwendigen Maßnahmen, sind aber zugleich traurig, dass bis Ostern keine Konzerte stattfinden können. Was die Kultur danach braucht, sind Perspektiven der Politik, wie die Kultur wirtschaftlich vertretbar wieder öffnen kann", sagte der Kulturmanager der APA. Was Kernelemente dieser Perspektive sein müssen, steht für ihn fest: "Unsere bewährten Präventionskonzepte und prozentual festgelegte maximale Besucherzahlen, die die Eigenheiten der sehr unterschiedlichen Häuser berücksichtigen."

"Ein baldiges weiteres schrittweises Aufsperren ist unerlässlich", forderte indes die IG Autorinnen Autoren. "Außer Vertröstungen auf unbestimmte Zeit und Verschiebungen von Entscheidungen hat die Politik dem Kulturveranstaltungsbetrieb derzeit nicht viel zu bieten", beklagte Geschäftsführer Gerhard Ruiss in einer Aussendung. "Es nützt niemandem, wenn sich Kunst- und Kulturaktivitäten in ständigen Umplanungen, im Dauerprobebetriebsmodus und Streaming erschöpfen." (APA, 16.2.2021)