Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler selbst wollte sich aus der Frage, ob die Grünen Finanzminister Gernot Blümel das Misstrauen aussprechen, heraushalten.

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Die Grünen werden dem Misstrauensantrag der FPÖ gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) am Dienstag im Nationalrat nicht zustimmen. Das gab die Grüne Klubobfrau Sigrid Maurer bei einer Pressekonferenz bekannt. Maurer sparte dennoch nicht mit Kritik in Richtung ÖVP: Man habe in den letzten Tagen leider den Eindruck gewonnen, "dass die ÖVP ein gestörtes Verhältnis zur unabhängigen Justiz hat".

"Faktenlage reicht derzeit nicht"

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt gegen Blümel wegen des Verdachts der illegalen Parteienfinanzierung durch den Glücksspielkonzern Novomatic. Zuletzt hatten sich die Grünen die Zustimmung zum blauen Misstrauensantrag, der bei der Sondersitzung am heutigen Dienstag eingebracht werden soll, offen gelassen. Würden die Grünen dem Antrag ihren Segen geben, wäre die türkis-grüne Koalition aber wohl flugs dahin.

Man werde Blümel am Dienstag "nicht das Misstrauen aussprechen", kündigte Maurer schließlich an, denn "der Beschuldigtenstatus ist kein Urteil" und die Faktenlage reiche derzeit nicht für eine Zustimmung zu einem Misstrauensantrag. Dies sei aber "nicht in Stein gemeißelt", denn sollten sich die Vorwürfe erhärten oder sollte gar Anklage erhoben werden "muss er sofort gehen", betonte Maurer.

"Ich tu es nicht für dich, Gernot"

Die Diskussion im grünen Klub – Grünen-Chef und derzeitiger Justizminister Werner Kogler hatte sich rausgehalten, sagte er am Montagabend in der Zib2 – sei "lebhaft und ernsthaft" gewesen, man sei sich letzten Endes aber einig gewesen. Leicht fällt die Entscheidung den grünen Abgeordneten aber nicht, so schrieb etwa David Stögmüller auf Twitter: "Ich bin im Untersuchungsausschuss – ich kenn die Akten – ich bin mir sicher dass die ÖVP tiefer drinnen steckt, als noch viele glauben zu wissen."

Die FPÖ brachte unterdessen eine "Dringliche Anfrage" in die Sondersitzung des Nationalrats ein. In der Begründung dazu wird die Hausdurchsuchung bei Finanzminister Blümel nicht nur als einzigartiger Vorgang bezeichnet, sondern auch als "trauriger Höhepunkt einer dramatischen Serie des Versagens und der Vertuschung insbesondere des ÖVP-Teils einer türkis-grünen Bundesregierung".

89 blaue Fragen

Für FPÖ-Klubchef Herbert Kickl und Kollegen ist es "völlig unverständlich", dass Blümel bisher noch nicht zurückgetreten ist. Der Beschuldigten-Status in einem u.a. den Glücksspiel-Bereich betreffenden Korruptionsverfahren der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sei mit dem Amt des Finanzministers nicht vereinbar, heißt es in der Begründung der "Dringlichen", die am Vormittag vor der bei entsprechenden Anfragen üblichen dreistündigen Sitzungsunterbrechung eingebracht wurde.

Zu beantworten hat Blümel (ab 14 Uhr) nicht weniger als 89 Fragen, darunter einige rhetorische (Wem obliegt die Wahrnehmung der Interessen der Republik Österreich als Miteigentümer der Casinos Austria AG?), aber auch etliche zu den Beteiligungsverschiebungen bei den Casinos, zu seinen Beziehungen zu Novomatic, zur Hausdurchsuchung und zum Informationsstand von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und schlussendlich, wann er zurückzutreten gedenkt.

SPÖ geht bei Misstrauensantrag mit

Die SPÖ wird dem Misstrauensantrag der FPÖ gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) voraussichtlich unterstützen. Noch habe man ihn zwar nicht vorliegen, man könne aber mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer Zustimmung ausgehen, sagte Vize-Klubchef Jörg Leichtfried.

Er und Jan Krainer, SPÖ-Fraktionsführer im Ibiza-U-Ausschuss, betonten, dass sie für eine freiwilligen Rückzug Blümels wären, bis die Vorwürfe gegen ihn restlos aufgeklärt wären. Leichtfried bezeichnete Blümel als "Lame Duck", also als lahme Ente. Der Verdacht auf Bestechlichkeit und eine Hausdurchsuchung bei einem amtierenden Finanzminister sei ein einmaliger Vorgang in der Zweiten Republik, so Leichtfried. In jedem entwickelten Rechtsstaat wäre der Finanzminister vor so einem Hintergrund zurückgetreten.

Bevorstehen dürfte also jedenfalls eine durchaus spannende Sitzung. Als neuer Aspekt hinzugekommen ist am Montag, dass die ÖVP nunmehr einem unabhängigen Bundesstaatsanwalt zustimmt und damit einem langjährigen Wunsch von SPÖ, Grünen und Neos nachkommen will. Rot und Pink wollen mit Anträgen dazu die Sache gleich auf den Weg bringen. (APA, 16.2.2021)