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Neben technischen Problemen kommt es auch immer wieder zu organisierten Störungen von Onlineunterricht.

Foto: AP

Nach wie vor findet der Unterricht für viele Schüler und Studenten virtuell statt. Der Hörsaal und das Klassenzimmer wurden durch PC und Webcam ersetzt – ein Umstieg, der bis heute nicht überall reibungslos läuft.

Zu Problemen mit der Technik oder mit schlechten Internetverbindungen gesellte sich von Anfang an ein weiteres Problem: Fremde, die in Videokonferenzen "einbrachen", um diese zu stören. Möglich war das ursprünglich durch unsichere Voreinstellungen, etwa beim beliebten Videochat-Tool Zoom, das aber mittlerweile auf eine sicherere Konfiguration setzt und Sicherheitslücken behoben hat. Dennoch klagen Lehrer immer wieder über unerwünschte "Einbrüche" in den Onlineunterricht. Wie sich zeigt, stecken oft gelangweilte Schüler dahinter.

Foto: Screenshot/Instagram

Von harmlosen Störungen bis Nazi-Propaganda

Im Jänner trendete der Hashtag "#onlineunterrichtstürmen" in der deutschsprachigen Sphäre des sozialen Netzwerks Tiktok. Auch auf anderen Plattformen wie Instagram finden sich Ausläufer davon. Das Prinzip ist einfach: Teilweise geben gelangweilte Schüler selbst notwendige Daten preis. Mit Link und Passwort werden andere Nutzer eingeladen, Schabernack zu treiben. Und ist das Meeting mit einem "Warteraum" abgesichert, in dem Lehrer erst neue Teilnehmer zulassen müssen, wird einfach der Name eines eigentlich fehlenden Kollegen preisgegeben.

Das hat Folgen unterschiedlicher Ausprägung. Von vergleichsweise harmlosen und kurzen Störungen reicht die Palette bis zum Einspielen von Pornovideos oder der Verbreitung von Nazi-Propaganda. Laut Medienberichten wurde so manche Unterrichtsstunde infolge einer Störaktion auch schon komplett abgebrochen.

Y-Kollektiv

Youtuber auf Abwegen

Manche Nutzer rufen auch selber dazu auf, dass man ihnen die Login-Informationen schicken soll, und bieten ihre "Dienste" freimütig an. Eine Rundschau auf Tiktok und Instagram legt nahe, dass es immer noch regelmäßig zu organisierten Störaktionen kommt, auch wenn es nicht mehr für das Trendbarometer der Plattform reicht und eine genaue Quantifizierung nicht möglich ist. Manche der involvierten Konten haben hunderte oder tausende Follower.

So etwa auch "Buny", ein deutscher Youtuber mit etwas mehr als 20.000 Abonnenten. Er sprang im Jänner auf den Zug auf und erschlich sich mithilfe seiner Zuseher Zugang zu zahlreichen Meetings. Seine Versuche, die Lehrer aus der Fassung zu bringen, dokumentierte er in Videos.

In Medienberichten, etwa einer Dokumentation des Y-Kollektivs, sprach er freimütig über seine Aktionen, die er ausschließlich als harmlose Unterhaltung ansieht. Eine Einschätzung, die die Behörden allerdings nicht teilen. Nachdem er mithilfe eines Schülers den Unterricht einer Mittelschule gestört hatte, erstattete diese Anzeige. Ende des Monats wurden Ermittler der "Zentralstelle Cybercrime" der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg bei ihm vorstellig und beschlagnahmten Laptop und Smartphone des 21-jährigen Videomachers. Kurz darauf löschte dieser alle bisherigen Aufnahmen der Störungen und kündigte an, derlei Aktionen in Zukunft zu unterlassen.

Foto: Screenshot/Tiktok

Rechtliche Folgen möglich

Die Problematik der Störaktionen endet folglich nicht bei der Unterbrechung oder dem Abbruch von Unterrichtsstunden. Viele Jugendliche seien sich "nicht wirklich bewusst, dass ihre Aktivitäten sehr schnell die Grenze zum Strafbaren überschreiten können", erklärt etwa Oberstaatsanwalt Thomas Goger von der bayerischen Cybercrime-Zentralstelle gegenüber "Heise".

Gegen "Buny" laufen Ermittlungen wegen mehrfacher "Verletzungen der Vertraulichkeit des Wortes". Laut deutschem Strafgesetzbuch reicht der Strafrahmen für Privatpersonen bei einer Verurteilung von Geldstrafen bis zu drei Jahren Haft. Dem 14-jährigen Schüler, der ihm die Zugangsdaten übermittelt hat, droht Ärger wegen Beihilfe. (gpi, 16.2.2021)