Eine der ältesten Hochleistungsbrauereien der Geschichte wurde nun in Abydos gefunden.
Foto: EPA/EGYPTIAN DEPARTMENT OF ANTIQUITIES

Unter eingefleischten Freunden des Gerstensafts zählt das Bier eindeutig zu den Lebensmitteln. Tatsächlich hatte das aus Getreide, Hefe und durch alkoholische Gärung gewonnene Getränk sehr früh in der Menschheitsgeschichte eine große Bedeutung bei der Ernährung. Manche Forscher sehen im Bier sogar das Fundament der Zivilisation. Zumindest war es vor Jahrtausenden in Ägypten schon ein Grundnahrungsmittel im engeren Sinn, das praktisch von allen Schichten der Bevölkerung konsumiert wurde – oder jedenfalls ein Getränk, das diesen Namen im weitesten Sinn verdient.

Bier als Sold

Nachdem das Bier im Fruchtbaren Halbmond wahrscheinlich schon vor 14.000 Jahren geschätzt worden war, dürfte es die Entstehung der ägyptischen Hochkultur von Anfang an begleitet haben. Die Arbeiter, die die Pyramiden errichteten, bekamen als Essensrationen bereits krügeweise Bier – selbst in der Schrift spiegelte sich die Bedeutung des Bieres wider: Hieroglyphen für "Nahrung" zeigten Symbole von Brot und Bier.

Die Braubecken fassten in Summe rund 22.400 Liter.
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Brauen im großen Stil

Solche Mengen mussten erst einmal gebraut werden – doch darin waren die alten Ägypter offenbar von Anfang an Meister: Archäologen haben im Süden des Landes die Überreste einer Großbrauerei entdeckt, die bereits vor über 5.000 Jahren sehr viele Menschen versorgen konnte. Die Produktionsstätte in Abydos aus vordynastischer Epoche war dem Ausgrabungsteam um Matthew Adams (New York University) und Deborah Vischak (Princeton) zufolge möglicherweise die größte Brauerei ihrer Zeit.

Die 20 mal 2,5 Meter große Anlage bestand aus acht Sektoren mit jeweils 40 Steingutgefäßen, in denen Wasser und Gerste erhitzt wurden. Mit jedem Sud in den Becken konnten mehr als 22.400 Liter Bier hergestellt werden. Augenfällig ist auch, dass die Brauerei auf heiligem Boden stand, in unmittelbarer Nähe zu Grabanlagen von Königen der ägyptischen Frühzeit. Die Datierung der Struktur weist auf eine Entstehungszeit vor 3.000 vor unserer Zeitrechnung hin, die Forscher vermuten, sie fällt damit in die Regierungszeit von Pharao Narmer, einem der ersten Herrscher der 1. Dynastie.

Wahrscheinlich wurde das viele Bier auch bei religiösen Zeremonien verwendet, vermuten die Forscher.
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Rezepte von damals

Diese royale Nachbarschaft und die großen Produktionsmengen lassen darauf schließen, dass der Gerstensaft zu einem großen Anteil dem königlichen Haushalt zukam. Wahrscheinlich sei das Bier auch für königliche Rituale an den Grabstätten verwendet worden, etwa als Opfergabe für die Götter, meinen Adams und seine Kollegen.

Die Rezepte von damals würden moderne Gaumen vermutlich beleidigen: Das altägyptische Bier war trüb, voller Schweb- und Feststoffe und wurde deshalb auch mit Strohhalmen getrunken. Zum Einsatz kamen Gerste und Wasser, aber auch sogenanntes "Bierbrot", eine Art gut gesäuertes, nur leicht gebackenes Brot, das dann zerbröselt, mit Wasser vermischt und der Gärung überlassen wurde. Das Ergebnis wurde teilweise mit Früchten oder Fruchtsaftkonzentraten gewürzt, grob gefiltert und als dickflüssiges, süßes Getränk gereicht.

Noch ältere Brauanlagen

Im Nildelta wurden bei Ausgrabungen bereits mehrere Brauereien aus dieser frühen Ära entdeckt. Anfang der 2000er-Jahre legten polnische Forscher in Tell el-Farcha unter anderem die Reste einer Brauanlage frei, die bis auf die frühe Naqada-Kultur im Nildelta vor 5.200 Jahren zurückgeht. (tberg, red, 16.2.2021)