Da Köch und da Knofl san de besten Freind. So lautet die Beziehungsanalyse von Roland Schuller. Obwohl, in seinem Youtube-Video, das er im Dialekt moderiert und kommentiert, sagt er an dieser Stelle sogar Kohl und Knoblauch. Im Rezept, im Anhang, ist sogar die Übersetzung Wirsing zu finden.

Roland Schuller hält die Tradition der burgenländischen Küche mit seinen Youtube-Videos am Leben.
Foto: Roland Schuller

Roland Schuller ist Fotograf in Siegendorf. Und leidenschaftlicher Koch. Bei der Foodfotografie trafen sich beide Leidenschaften ein erstes Mal. So dauerte es nicht lange, bis er überlegte, ein Kochbuch zu verfassen. Bis seine Töchter ihm empfahlen, einen Kanal auf Youtube zu machen. Ein Blick auf die Zugriffszahlen diverser Schminkvideos überzeugte ihn dann.

Inzwischen stellt er einmal in der Woche im Kanal "Polsen kocht pannonisch s‘ Beste" ein neues Kochvideo online. Er widmet sich darin, wie der Name schon sagt, der pannonischen Küche und erreicht damit Menschen nicht nur im Burgenland, sondern hat auch eine Community in Norddeutschland – darum der Wirsing und die eingeblendete Übersetzung, wenn er Gschirrfetzen sagt – und sogar in Übersee. In Nordamerika sind es vor allem die Nachfahren ehemaliger burgenländischer Auswanderer, die endlich wieder einmal so kochen wollen, wie es Oma noch konnte. Darum überlegt Roland Schuller auch, über kurz oder lang englische Übersetzungen anzubieten – die Rezepte bietet er auf Anfrage so schon an.

Rezepte von der Mama

"80 Prozent meiner Rezepte sind von meiner Mama", sagt er, "und ich will, dass die erhalten bleiben." Eingedenk der eigenen Kindheit gehört darum auch die Pasta Schutta – Roland "Polsen" Schuller schreibt sie im Video sogar "Pastaschutta" – für ihn zur burgenländischen Küche.

Polsen kocht pannonisch s ́ Beste

Natürlich weiß er, dass man sie Pasta asciutta schreibt, und auch, dass der Name eigentlich die abgetropften, gekochten Nudeln, also die trockene Pasta definiert und im Grunde hinter allem eine Bolognese steckt – aber im Burgenland kennt wohl jeder seit den 1970er-Jahren die Pasta Schutta.

Schnell und einfach

Wenn man hinter die Kulissen schaut, dann geht es Roland Schuller aber um mehr. Er will zeigen, wie vielfältig die burgenländische Küche ist und dass viele Gerichte genau so schnell zubereitet sind wie eine Tiefkühlpizza und dabei kaum mehr Geschirr angebatzt wird.

Er hält das Schlichte hoch. Weder bei der Küche noch bei den Zutaten konnte man in der Geschichte wählerisch sein. Es gab vorwiegend das, was im Garten wuchs. Und so werden Gemüsereste, die beim Vorbereiten anfallen, gesammelt und alle paar Tage zu einem Fond verkocht. Das vereinfacht sogar die Arbeit. Man kann, auch wenn man sehr bedacht darauf ist, nichts zu verschwenden, generöser schälen.

Der nie gleiche Fond ist übrigens jedes Mal fantastisch, dürfen wir aus der STANDARD-Küche berichten.

Kulturgut Cselley-Mühle

Als fantastisch ist auch das Handwerk von Eveline Lehner über die Grenzen des Burgenlandes bekannt. Jenes als Köchin und als Keramikerin. Denn wenn es nach ihr geht, die mit ihrem Geschirr sogar die Spitzengastronomie beliefert, ist das, was auf dem Teller ist, genauso wichtig wie der Teller selbst. An dieser Stelle wollen wir uns aber auf ihr kulinarisches Wissen konzentrieren. Die Küche in der Cselley-Mühle in Oslip/Uzlop ist nach burgenländischer Tradition regional, saisonal – und dazu noch biologisch.

Eveline Lehner, Köchin und Keramikerin der Cselley-Mühle, neben Robert Schneider, ebenfalls Keramiker, der die Cselley-Mühle 1976 gründete und 2019 verstarb.
Foto: Birgit Machtinger

"Meine Lieblingsgerichte sind Kartoffelgulasch und Krautsuppe, jegliche Art von Fischgerichten, gebacken oder gegrillt", sagt sie, hängt jedoch an: "Aber für eine gute Fischsuppe lass ich alles stehn." Während einige ihrer Gäste wiederum alles andere für ihre Kraut-, Bohnen- und auch die süßen Strudel mit Äpfeln, Topfen, Nüssen oder Mohn stehen lassen.

Die Cselley-Mühle gibt es fast halb so lange wie das Burgenland, 45 Jahre. Für Eveline Lehner ist sie "ein Ort, wo sich Kunst, Kultur und Kulinarik begegnen können". Und sie erinnert sich: "Ein knuspriges Spanferkel von unserem Holzbackofen – da wird auch mancher Vegetarier schwach."

Die Vegetarier

Vegetarier, die sind eines der Lieblingsthemen von Max Stiegl. Der Koch des Jahres, im Gut Purbach, polarisiert durchaus bewusst und vielleicht auch gern – oder einfach, weil er muss. Denn an Max Stiegl, der bewusst alles vom Tier verwendet und nicht versteht, warum das Steak billiger sein soll als das "Schwanzl, obwohl es davon ja viel weniger gibt", reiben sich die Tierschützer besonders gern.

Max Stiegl, Koch des Jahres, Betreiber des Guts Purbach, kocht wieder online mit uns.
Foto: Guido Gluschitsch

Und wenn alle drei in ihrer Definition der pannonischen, der burgenländischen Küche im Detail auseinanderliegen – Max Stiegl sieht etwa starke Einflüsse aus der türkischen Küche, Eveline Lehner findet Jüdisches wieder, Roland Schuller ist da überhaupt breit aufgestellt und findet Einflüsse aus ganz Altösterreich bis Slawonien –, sind sich alle bei einem Gericht, das als typisch burgenländisch gelten mag, einig: Szegediner Krautfleisch.

"Szegediner, das ist Pannonien auf dem Teller, bodenständig, ausbalanciert, bescheiden", sagt Max Stiegl.

Eine Recherche im Internet ergibt, dass man heutzutage doppelt so viel Fleisch wie Sauerkraut für die Zubereitung verwendet. Anders sieht das Max Stiegl: "Man nimmt traditionell mehr Kraut als Fleisch, weil die Leute früher bescheidener kochten. Die Sau war die Vorratskammer des armen Mannes, geschlachtet wurde ein-, zweimal im Jahr", und entsprechend sparsam ging man mit dem Fleisch um.

Das Szegediner Krautfleisch ist "Burgenland auf dem Teller", sagt Max Stiegl. Richtig gemacht wird es mit viel mehr Kraut als Fleisch. Und weil Fermentieren gerade hip ist, taugt es sogar als Trendfood.
Foto: Getty Images/iStockphoto/Froggery

Knochen und Einbrenn

"Deine Internetrezepte sind ein kompletter Schwachsinn", sagt er, konfrontiert mit dem Rechercheergebnis, "früher sind oft nur die Knochen nach dem Selchen oder die Ripperln ausgekocht worden – für den Geschmack." Max Stiegl geht mitunter sogar noch weiter in seinem Minimalismus: "In Serbien, in der Herzegowina oder in Bulgarien wird überhaupt nur das Kraut in einer Einbrenn mit Schmalz gemacht."

Wenn man das Szegediner Krautfleisch richtig zubereite, meint er, sei es ein ehrliches, herzhaftes Essen, bei dem das Fleisch die Zuspeise sei. Die Hauptrolle spielt das Sauerkraut. Und wir sind wieder bei einem Thema, wo Max Stiegl emotional wird.

"Heute ist es schick, wenn man fermentiert, früher hat man immer Sauerkraut gemacht, nicht aus der Mode, sondern aus der Not heraus."

Zu dem Szegediner wird Max Stiegl beim Livekochen am 18. Februar um 18 Uhr, auf derStandard.at, Palatschinken machen. Wird auch beim Koch des Jahres die erste nix? "Als ich unlängst Palatschinken machte, sagte mein Sohn, dass er jetzt endlich wisse, warum wir Köche angestellt hätten." (Guido Gluschitsch, 17.2.2021)