Parler ist zumindest über den Browser wieder nutzbar.

Foto: AFP/Olivier Douliery

Gut einen Monat hat die rechte Twitter-Alternative Parler gebraucht, um nach der Sperre durch Amazon, Apple und Google mittels Browser wieder nutzbar zu sein. User werden allerdings schnell bemerken, dass ihre Beiträge verschwunden sind. Auch die dazugehörige App sucht man vergeblich. Die Wiederherstellung früherer Relevanz dürfte für Parler deshalb eine schwierige Aufgabe darstellen – und lässt die Vermutung zu, dass der Höhepunkt des Netzwerks bereits überschritten sein könnte.

Möglich macht die Rückkehr des nun gänzlich browserbasierten Social Networks der Cloud-Hosting-Service Sky Silk. Eine Firma, die das Geschäftsgebaren Parlers, Inhalte nicht moderieren zu wollen, zu unterstützen scheint. "Sky Silk befürwortet und duldet keine Gewalt. Aber es weist die Rolle des Richters, der Jury und des Henkers von sich. Leider scheinen viele der anderen Technologie-Provider dahingehend andere Positionen einzunehmen", heißt es vonseiten des Konzerns in einer Stellungnahme gegenüber "Techcrunch".

Kaum Moderation

Parler dürfte dies logischerweise freuen. Denn dem Unternehmen wurde der eigene Grundsatz zum Verhängnis, keine Inhalte löschen zu wollen – offenbar selbst dann, wenn diese Gewaltandrohungen beinhalteten. Das war auch Vorwurf der drei Tech-Konzerne, die Parler offline nahmen. Denn die Plattform soll Anfang Jänner für die Planung des Sturms auf das Kapitol genutzt worden sein. Offensichtlich Grund genug, um den Saft abzudrehen.

Um eine wiederholte Löschung zu verhindern, behauptet Parler, etwas strengere Moderationsregeln einführen zu wollen. Neben KI-gestützten, automatisierten Sperren sollen auch Mitarbeiter zum Einsatz kommen, um Inhalte zu kontrollieren. Überprüfen wird sich diese Behauptung allerdings kaum lassen. Vergleichbar mit etablierten Social-Media-Plattformen wie Facebook oder Twitter, finden entsprechende Entscheidung nämlich gänzlich intransparent statt.

Parler und die Tea Party Patriots

Allerdings wurde Mark Meckler, Gründer der rechten Partei "Tea Party Patriots", zum vorläufigen CEO ernannt. Das lässt die Vermutung zu, dass es nicht zu einem Sinneswandel der Parler-Geschäftsführung gekommen ist. Denn die Tea Party bewarb nicht nur Corona-Therapiemöglichkeiten, die längst widerlegt waren. Sie zählte ebenso zu den Organisatoren des "March to Save America", der in der gewaltsamen Stürmung des Kapitols endete.

Ob Parler an den früheren Erfolg anschließen kann, ist allerdings aus mehreren Gründen unklar – und darf durchaus bezweifelt werden. Denn nicht nur die Löschung aller Postings und die mangelhafte Nutzerfreundlichkeit der Browserversion dürften den Wiederaufstieg bremsen.

Vertrauensbruch

Denn die Tatsache, dass es überhaupt zu einer Löschung der Plattform kommen konnte, stellte für die treue Nutzerbasis einen Vertrauensbruch dar, der sie in die offenen Arme von Konkurrenzprodukten wie Gab und auch Telegram trieb, die im selben Zuge Parler angriffen. Denn dass die "Plattform für freie Rede", wie sich der Dienst selbst bezeichnet, von einem Tag auf den anderen gänzlich aus dem Internet verschwand, schafft keine Sicherheit.

Für Unmut dürfte außerdem gesorgt haben, dass es Hackern kurz vor Parlers Verschwinden gelang, sämtliche Nutzerdaten abzugreifen. Und zwar wegen einer grundliegenden Sicherheitslücke in der Infrastruktur der Plattform. Mehr als 56,7 Terabyte Daten sicherte die verantwortliche Hackerin mit dem Pseudonym "donk_enby" offenbar. Darunter nicht nur Nachrichten, Fotos und veröffentlichte Videos, sondern auch die Standortdaten vieler Nutzer. Und diese zeigen: Etliche Parler-Fans waren am Sturm auf das Kapitol beteiligt. (mick, 16.2.2021)