Montag trat am frühen Abend nach längeren Beratungen wieder einmal das (neue) politisch-virologische Quartett auf: Sebastian Kurz, Rudolf Anschober, die Landeshauptleute Michael Ludwig und Hermann Schützenhöfer. Die Botschaft: Der Lockdown wird noch etwas dauern, man möge sich "im Privaten zusammenreißen" (Kurz), die "nächsten beiden Wochen bringen die Weichenstellung" (Anschober), es wird Gratis-"Wohnzimmertests" geben.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).
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Zwischendurch kündigte Kanzler Kurz die Entmachtung der lästigen Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) an. Sie hatte sich erfrecht, bei Finanzminister Gernot Blümel eine Hausdurchsuchung durchzuführen. Das gehöre zu den "vielen Verfehlungen, die dringende Veränderungen" erfordern (Kurz).

So geht das nicht weiter. Das spüren mittlerweile sehr viele Österreicher. Weiß das auch Kanzler Sebastian Kurz?

Die Regierung bietet keine Perspektive. Die Corona-Strategie ist de facto zusammengeschrumpft auf: "Wir schauen halt, ob wir die – zu hohen – Infektionszahlen stabil halten können." Und: "Wir hoffen halt, dass die südafrikanische Variante nicht außer Kontrolle gerät. Wir haben beim Impfen zu große Hoffnungen geweckt, und jetzt verunsichern wir die Leute durch undurchschaubare Impforganisation."

Die Regierung ist nicht an allem schuld, aber sie improvisiert vor sich hin, verwickelt sich wegen der uneinsichtigen Tiroler Tourismuskaiser in einen Grenzkrieg mit Deutschland und hat vor allem kein Konzept.

Eliminierungsstrategie

Ein weiteres Mal hat eine Gruppe von europäischen Wissenschaftern einen pragmatischen Plan vorgelegt, nämlich eine europäische Eliminierungsstrategie zu verfolgen, die auf drei Säulen aufbaut: Impfungen, "grünen Zonen" sowie Strategien und Technologien für Tests und Nachverfolgung. In den (nahezu Corona-freien) grünen Zonen soll kontrolliert "aufgemacht" werden. Das wäre wenigstens ein Plan. Warum wird das nicht offen von der Regierung diskutiert?

Unter anderem, weil der türkise Teil der Regierung durch Skandale abgelenkt ist. Die Truppe um Sebastian Kurz hat systemisch auf ein enges Verhältnis zu Großunternehmen gesetzt. Ob etwas und was davon strafrechtlich relevant ist, wird sich zeigen. Aber es zeugt von einem schweren Fall von Orbánismus, wenn Kurz und die ÖVP die WKStA abwürgen wollen – nachdem deren Arbeit von Vorgesetzten sabotiert wurde.

So geht es nicht weiter. Die türkise Regierungspartei muss ein sauberes Verhältnis zum Rechtsstaat finden, und der grüne Koalitionspartner muss sich darüber klarwerden, wo die rote Linie liegt. Beide müssen den Kopf freibekommen für die Bekämpfung der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie.

Sebastian Kurz ist, Verzeihung, ein relativ junger Mann, der im Vergleich zu historischen Kanzlern keine Lebenserfahrung mit echten Krisen hat. Das muss ihn noch nicht disqualifizieren, aber leider hat sich Kurz auch mit großteils schwachen Ministern umgeben, die hauptsächlich loyal und folgsam sein sollten. Die Grünen denken weniger machtorientiert als Türkis, tun sich aber relativ schwer mit dem Management. Und mit türkisem Zynismus.

Was tun? Zunächst bietet sich die übliche Lösung – Ministerwechsel – an. Aber das reicht vielleicht nicht. Niemand spricht es bisher klar aus: Aber was ist, wenn die Pandemie einfach mit den bisherigen Methoden nicht zu kontrollieren ist, wenn wir in eine Wirtschaftskrise stürzen?

Ob man dann zum letzten Mittel greift, einer Regierung der nationalen Einheit (aber ohne die reine Destruktionspartei FPÖ), ist dann die Frage. (Hans Rauscher, 16.2.2021)