Nächste Runde im Streit um die Spitze des "Krone"-Towers in Wien-Heiligenstadt.

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Es geht wieder los bei der "Krone" im jahrzehntelangen und erbitterten Streit der Gesellschafter um das Sagen und das Geld bei Österreichs weitaus größter Tageszeitung. Neuerlich geht es um Herausgeber, Chefredakteur und Gesellschaftervertreter Christoph Dichand und seine Reisen, nun gar in Zeiten von Corona. Und wieder soll es um Dichands Entlassung gehen, wie sie die "Krone"-Mitgesellschafter – die deutsche Funke-Mediengruppe mit Immobilienmilliardär René Benko an Bord – schon 2019 verlangt haben. Damals ging es um Spesenvorwürfe gegen Dichand.

Aufregung in "Österreich"

Neue Angriffswellen von Funke-Gruppe und Benko zeichnen sich regelmäßig in der Berichterstattung des lautesten Mitbewerbers über die "Krone" ab. "Österreich" aus Wolfgang Fellners Mediengruppe kündete diesen Sonntag von mehr als fünf Wochen Auslandsaufenthalt Christoph Dichands seit dem Jahreswechsel. Die Zeitung titelte von "Viel Aufregung um Dichand-Urlaub" in der Schweiz und zwischendurch in der Karibik, über die es keine Urlaubsmeldung gebe, vom Rückflug mit einer Bedarfsflugmaschine aus Bern am vorvergangenen Sonntag und einem Besuch in der "Krone" am Montag.

Dichand habe intern erklärt, er sei kein Quarantänefall, schrieb "Österreich". – womit man den Vorwurf transportierte, ohne ihn so richtig selbst zu erheben.

Nun rechneten "fast alle" in der "Krone" (so der nicht namentlich gezeichnete Artikel in "Österreich" über einige hundert dort Beschäftigte) mit "neuerlicher Dramatik" im Gesellschafterstreit, ein nicht genannter "Insider" sieht das auch so wie "fast alle" in der "Krone".

"Krone"-Gesellschafter und -Herausgeber Christoph Dichand 2019 vor einer Verhandlung gegen die Funke-Gruppe am Wiener Handelsgericht.
Foto: Robert Newald

Tatsächlich dürfte inzwischen bei den Geschäftsführern der "Krone" eine Anfrage der Funke-Gruppe eingelangt sein. Die Gesellschafterin soll Aufklärung verlangen über den Auslandsaufenthalt des Chefredakteurs und Herausgebers, über die Bekanntgabe von Urlaub und über Redaktionsbesuche nach Auslandsaufenthalten. Der unschwer auch aus der Ferne zu erkennende Subtext des Schreibens aus Essen: Müsste ein Chefredakteur und Herausgeber der größten Zeitung des Landes in Zeiten von globaler Pandemie, Lockdown und Reisebeschränkungen nicht mit gutem Beispiel vorangehen?

DER STANDARD bat beide "Krone"-Geschäftsführer, Gerhard Valeskini und Christoph Niemöller, um Stellungnahme. Einzige Rückmeldung: Man wolle interne Vorgänge nicht kommentieren.

Auch die Gesellschafter – Dichands wie Funke-Gruppe – wollen die Sache auf STANDARD-Anfrage nicht kommentieren.

Die Linien von Angriff und Abwehr, Argumentation und Konfliktzonen zeichnen sich auch so aus der Ferne ab. In groben Zügen jedenfalls – die diesen jahrelangen Streit schon lange prägen.

Dichands Entlassung

Die Funke-Gruppe nahm 2019 Spesenabrechnungen und Vorwürfe weiterer "Verfehlungen" Dichands zum Anlass, von den Geschäftsführern der "Krone" und in Gesellschafterversammlungen die Entlassung Dichands als Chefredakteur und seine Abberufung als Herausgeber zu verlangen. Der Antrag blieb ohne Mehrheit – Funke/Benko und Familie Dichand halten je 50 Prozent an der "Krone", die Funke-Gruppe sieht das bei den Stimmrechten deutlich anders – darum geht es in mehreren Verfahren zwischen den "Krone"-Gesellschaftern.

Ein neuerlicher Antrag auf Entlassung Dichands in einer Gesellschafterversammlung ist derzeit ziemlich schwierig: Es gibt vorerst nach STANDARD-Infos formal keine Gesellschafterversammlungen.

Der Hintergrund: Die Funke-Gruppe hat bei den österreichischen Kartellbehörden eine Beherrschung der "Krone" angemeldet. Sie habe 50 Prozent der Stimmrechte in der "Krone", die Dichands aber nur 48. Denn, grob gesagt: Die Witwe Helga Dichand und die drei Kinder Michael, Johanna und Christoph teilten die 50 Prozent des 2010 verstorbenen Gründers Hans Dichand 2018 in viermal 12,5 Prozent. Die Verträge sehen aber nur für ganze Prozente Stimmrechte vor – für die viermal 0,5 Prozent gebe es also kein Stimmrecht, die Dichands wären in der Minderheit.

Bisher setzte sich die Funke-Gruppe im Kartellverfahren nicht durch, das Verfahren liegt noch beim Obersten Gerichtshof. Bis zu einer Entscheidung dürfte es keine Gesellschafterversammlungen geben (und damit auch keine Beschlüsse zur Gewinnausschüttung).

"Krone"-Claim aus dem Frühjahr 2020 zu Corona.
Foto: Kronen Zeitung

Geschäftsführer zwischen den Fronten

Dichands Auslandsaufenthalt in Corona-Zeiten dürfte nun den nächsten Anlass bieten, um dessen Entlassung zu betreiben. Die Geschäftsführer der "Krone" – Valeskini nominiert von den Dichands, Niemöller von der Funke-Gruppe – wären formell zuständig für eine Entlassung des Mitgesellschafters als Chefredakteur, wenn der dafür einen Grund geliefert hat.

Wie die "Krone"-Geschäftsführer in der Situation auch handeln, sie tun das gegen eine der beiden Gesellschaftergruppen und müssten womöglich mit rechtlichen Schritten gegen ihr Tun rechnen – der Dichands einerseits oder der Funke-Gruppe andererseits, die 2018 René Benko an ihrer Österreich-Holding beteiligte, die 50 Prozent an der "Krone" und fast 50 Prozent am "Kurier" hält.

Schon einmal positiv

Was könnten die Dichands den Vorwürfen entgegensetzen? Schon "Österreich" berichtete von der Argumentation, Christoph Dichand arbeite wie ein wesentlicher Teil der "Krone"-Mannschaft seit Monaten überwiegend im Homeoffice, und das eben auch bei seinem Auslandsaufenthalt. Nach STANDARD-Infos haben die Dichands einen Zweitwohnsitz in der Schweiz mit einem familiären Anknüpfungspunkt.

Christoph Dichand hatte schon vor knapp einem Jahr, im März 2020, eine Corona-Infektion. Nach einem Skiurlaub in der Schweiz wurden er und seine Frau Eva Dichand nach deren Angaben am 18. März 2020 positiv getestet. Eva Dichand schilderte ihre Erfahrungen mit der Infektion und jene ihres Mannes im April 2020 selbst in der Gratiszeitung "Heute", deren Herausgeberin sie ist.

Die "Krone", Benko und das Verfassungsgericht

Der Umgang der Gesellschafter und jener, die es werden wollen, ist auch sonst nicht unbedingt von freundlicher Zurückhaltung geprägt. Das Verhältnis von Dichands und Benko wirkt seit dessen überraschendem Einstieg – wenn man nicht gerade vorübergehend, wiewohl ohne Ergebnis, doch verhandelte – sehr angespannt.

Im Jänner schloss Christoph Dichand in der "Krone bunt" zum 100. Geburtstag seines Vaters Hans ein Editorial mit: "Aufgeblasene Geldkonglomerate suchen die Nähe der Politik und greifen, allerdings erfolglos, nach der 'Krone'. Die Redaktion der Kronen Zeitung ist einzig ihren Lesern verpflichtet. Die Unabhängigkeit ist ein Vermächtnis Hans Dichands, und wir werden sie bewahren. Koste es, was es wolle."

Erst vorige Woche hat die "Krone" über Verhandlungen von Benkos Signa-Holding, der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) und dem Verfassungsgerichtshof berichtet. Krone.at schrieb über einen geplanten Deal Benkos mit der BIG wie bei Otto Wagners Wiener Postsparkassengebäude, wo ein auf 99 Jahre verlängertes Baurecht für die BIG zur Aufwertung der Immobilie in Benkos Büchern um einen dreistelligen Millionenbetrag führte. Die BIG verneinte auf STANDARD-Anfrage kolportierte Pläne für einen 99-jährigen Baurechtsvertrag auch für den Standort des Verfassungsgerichts in der Wiener Renngasse.

Die nächste von schon vielen, vielen Runde im Streit um die "Krone" hat begonnen. (Harald Fidler, 17.2.2021)