Bild nicht mehr verfügbar.

Das Glück ist ein Vogerl.

Foto: REUTERS/FOEGER

Renndirektor Waldner: "Haben gedacht, dieses Format ist fair"

Foto: APA/EXPA/JOHANN GRODER

Cortina d'Ampezzo– Zwei unterschiedlich schnelle Kurse, ein wohl unfaires Zeitpenalty-System, zudem eine unkundige Jury – der Ski-Weltverband Fis sieht sich nach der WM-Premiere des Parallelbewerbs am Faschingsdienstag in Cortina d'Ampezzo mit bitterböser Kritik konfrontiert. "Es ist leider so passiert", sagte Damen-Renndirektor Peter Gerdol. Und sein Herren-Pendant Markus Waldner gestand: "Es war nicht fair. Wir sind nicht glücklich." Die Aufnahme ins WM-Programm wird hinterfragt werden.

Weil der rote Kurs auf der Rumerlo-Piste am Dienstag deutlich schnellere Zeiten ermöglichte als der blaue, waren Athleten, die zunächst auf dem roten fahren mussten, schwer benachteiligt. Denn der Maximalvorsprung ist mit 50 Hundertstelsekunden festgesetzt, auch wenn jemand über eine Sekunde schneller war. Da die Kurse so unterschiedlich waren, reichte diese Strafzeit als Vorsprung im zweiten Lauf nicht aus. "Ich bin wirklich verärgert. Das ist nicht fair", sagte die Italienerin Federica Brignone, die sich im Viertelfinale der späteren Co-Weltmeisterin Marta Bassino geschlagen geben musste.

Wetter und Kurs

Waldner erklärte die Unterschiede im Terrain mit dem wieder wärmer werdenden Wetter in der Region. Der blaue Kurs habe den hohen Temperaturen bei drei Toren nicht standhalten können, obwohl man den Untergrund in den Tagen zuvor vorausblickend vereist hatte. "Dann war keine Chance mehr", sagte der Südtiroler. Wenn man während dem Rennen hätte eingriffen wollen, hätte man Tore erheblich versetzen müssen, und dann wäre der rote Kurs auf einmal der langsamere gewesen, erläuterte er.

"Wir haben gesehen, wenn der Kurs so sehr leidet, ist die 0,5-Sekunden-Penalty nicht wirksam. Das wäre ja die Strategie für so einen Fall gewesen. Also lernen wir jedes Mal dazu, wenn wir einen Parallelbewerb haben. Wir haben das Format geändert, zwei Läufe eingeführt und haben gedacht, dieses Format ist fair. Aber es ist noch immer nicht fair", zeigte sich Waldner zerknirscht. "Wir müssen an den Regeln arbeiten und evaluieren, wie wir mit diesem Event weitermachen wollen." Von "Geburtswehen" sprach ÖSV-Damenchef Christian Mitter.

Bleibt die Konfusion um das Damen-Resultat. Warum Bassino Gold und Katharina Liensberger nur Silber haben sollte, obwohl die beiden zeitgleich über den Zielstrich gerauscht waren, wollte niemand einleuchten. Laut Gerdol war es eine "Falschinterpretation der Regeln". Er erklärte, dass der Fehler bei der Zeitnehmung und der Grafik lag. Der Computer sei noch auf Achtelfinal- und Viertelfinalmodus programmiert gewesen und wies so diejenige mit der besseren zweiten Laufzeit als Siegerin aus.

Intervention zu Gold

Das wäre eklatant unfair gewesen, da Liensberger über beide Läufe gerechnet die Schnellere war. Der ÖSV intervenierte und legte der Fis-Jury den maßgeblichen Punkt 5 der Weltcup-Regeln für den Parallelbewerb vor, die auch bei Weltmeisterschaften zur Anwendung kommen. Dieser besagt, dass die Laufzeit-Regelung im kleinen Finale und Finale außer Kraft ist und Ex-aequo-Platzierungen möglich sind. Gerdol: "WM geht ja nach Weltcup-Regeln." Die Vorarlbergerin durfte ergo als Weltmeisterin gemeinsam mit Bassino das oberste Treppchen besteigen.

Warum es etwa eine halbe Stunde dauerte, bis das Ergebnis offiziell korrigiert war, ist jedoch eine weitere Frage, die sich die FIS gefallen lassen muss. "Wir haben danach gemeinsam mit der Zeitnehmungsfirma noch einmal alles genau kontrolliert", informierte Gerdol. "Das hat ein bisschen gedauert."

Ein weiteres Problem, das am Dienstag jedoch nicht schlagend wurde, ist das Szenario, dass Stürze auch den Gegner gefährden können. "Es ist schon genug passiert bei solchen Bewerben. Wenn der Gegner stürzt und auf deine Spur kommt, wird es brutal gefährlich mit den scharfen Kanten", meinte Kombi-Weltmeister Marco Schwarz, der schon in der Qualifikation gescheitert war. "Ich bin generell gespannt, ob sich das Format am Ende durchsetzen wird", artikulierte der Kärntner die Gedanken vieler Zuschauer. "Es ist, so blöd es klingt, vielleicht ein bisschen ein Glücksbewerb auch." (APA, 17.2.2021)

Einige internationale Pressestimmen

Schweiz:

"Blick": "Zwei ungleiche Kurse, ein lächerliches Reglement und tobende Athleten: Dieser Dienstag geht als schwarzer Tag in die WM-Geschichtsbücher ein."

"Basler Zeitung": "Auch die Parallelrennen werden zur Peinlichkeit. Farce an der Ski-WM. Die Siegerin weiß in Cortina nichts von ihrem Glück, die Favoriten scheiden wegen schlechter Piste aus, und am Ende fluchen die Fahrerinnen und Fahrer: Die Premiere misslingt mächtig."

Deutschland:

"Süddeutsche Zeitung": "Die Premiere des Parallel-Einzels hatte nicht nur die Reize, sondern auch die Probleme des Formats noch einmal unters Brennglas gerückt, vor allem in der Endrunde offenbarte sich eine große Schwäche: Die Kurse, auf denen sich die Fahrer nebeneinander duellieren, sind nie ganz gleich."

"Frankfurter Allgemeine Zeitung": "Premiere mit Pannen. Bei Premieren läuft eben nicht immer alles rund. Bei dem Wettbewerb, der im Weltcup seit einigen Jahren ausgetragen wird, immer zwei gleich schnelle Kurse zu setzen, ist eine Herausforderung. Manchmal gelingt es besser, manchmal schlechter. Bei den beiden am Dienstag, da waren sich alle Athleten und Athletinnen einig, ist es nicht gelungen."

Italien:

Dolomiten (Südtirol): "Bassino gewinnt die Parallel-Farce. Italienerin erlöst eine ganze Skination – Ungleicher Wettbewerb und umstrittene Regeln sorgen für großen Unmut."