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Die Demonstrierenden sammelten sich in der Metropole Rangun wieder nahe der Sule-Pagode.

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Genf – In Myanmars ehemaliger Hauptstadt Rangun sind am Mittwoch wieder zehntausende Menschen gegen die Junta auf die Straße gegangen. Beobachtern zufolge handelte es sich um die größte Kundgebung seit Tagen in dem südostasiatischen Land. Die Demonstranten blockierten mit einem Sit-in Straßen und legten den Verkehr teilweise lahm. Sie forderten ein Ende der Militärdiktatur nach dem Putsch vom 1. Februar und die Freilassung der entmachteten Regierungschefin Aung San Suu Kyi.

"Die Menschen haben ein Recht, sich zu versammeln, ohne die Bedrohung von Festnahmen und Gewalt durch das Militär", twitterte der Sondergesandte der Vereinten Nationen für Myanmar, Tom Andrews. "Die Welt marschiert heute mit euch."

Auch nahe Shwebo nordwestlich von Mandalay gab es eine Kundgebung mit tausenden Teilnehmern. In der Großstadt Mandalay selbst fuhren in der Nacht zahlreiche Militärfahrzeuge auf, wie auf Fotos auf Twitter zu sehen war. Dennoch gab es auch dort am Mittwoch Massenproteste. Das Internet war zuvor landesweit die dritte Nacht in Folge gesperrt worden.

Benoit de Gryse, Leiter der Einsätze von Ärzte ohne Grenzen in Myanmar, äußerte sich zutiefst besorgt über die jüngsten rechtswidrigen Festnahmen und Inhaftierungen von Mitarbeitern des Gesundheitswesens. "Die Verhaftungen und die weitverbreiteten Einschränkungen nach dem kürzlich verhängten 'Ausnahmezustand' bergen die Gefahr, die lebensrettende Gesundheitsversorgung, die Ärzte ohne Grenzen und andere Akteure für die schutzbedürftigsten Menschen in Myanmar leisten, ernsthaft zu unterbrechen. Die Sicherheit der Bevölkerung ist gefährdet. Nicht zuletzt können die Massenverhaftungen auch zu weiteren Ausbrüchen von Covid-19 führen."

Soldaten nach Rangun

Der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen warnte unterdessen vor einer Zuspitzung der Lage. "Ich befürchte eine weitere Zunahme der Gewalt in Myanmar, in einem größeren Ausmaß, als wir es seit der illegalen Machtergreifung am 1. Februar gesehen haben", erklärte Andrews am Dienstag. Er habe "Informationen erhalten, wonach Soldaten aus den umliegenden Regionen nach Rangun geschickt wurden".

"Die fortgesetzte Unterdrückung der Grundfreiheiten und Menschenrechte des Volkes in Myanmar muss sofort beendet werden," forderte er. Hunderte wurden seit dem Putsch von der Armee festgenommen, viele von ihnen in nächtlichen Razzien. Unter den Festgenommenen befindet sich ein Großteil der Führungsspitze der Regierungspartei National League for Democracy (NLD).

Erinnerungen an Militärherrschaft

Der Putsch stoppt den erst vor wenigen Jahren eingeleiteten Demokratisierungsprozess und weckt Erinnerungen an fast ein halbes Jahrhundert der Militärherrschaft. Nach dem Putsch 1962 hatte das Militär 49 Jahre lang geherrscht. 2011 hatte es begonnen, sich aus der Politik zurückzuziehen, allerdings gab es nie die Kontrolle über die zivile Regierung auf. Die Parlamentswahl im November war erst die zweite freie Abstimmung seit Ende der direkten Militärherrschaft im Jahr 2011.

Andrews sagte, er habe zudem "von einem Geheimprozess gehört", der in dieser Woche gegen die De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi und Ex-Präsident Win Myint begonnen habe. Der unter Hausarrest stehenden Friedensnobelpreisträgerin wird nun auch ein Verstoß gegen das "Gesetz zum Management von Naturkatastrophen" vorgeworfen, wie ihr Anwalt Khin Maung Zaw zuvor mitgeteilt hatte. Die 75-Jährige war nach ihrer Festnahme bereits wegen Verstößen gegen Import-Export-Regeln angeklagt worden, weil bei einer Razzia in ihrem Haus Funkgeräte gefunden wurden. (APA, 17.2.2021)