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Exakt eine Woche ist es her, dass die heimische Innenpolitik wieder einmal von Korruptionsermittlungen erschüttert wurde: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) setzte vergangenen Donnerstag eine Hausdurchsuchung bei Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) um, sie verdächtigt ihn der Bestechung. Es gilt die Unschuldsvermutung. Anlass für die Ermittlungsmaßnahmen war eine Chatnachricht des damaligen Novomatic-Chefs Harald Neumann, in der er Blümel im Juli 2017 um einen Termin beim damaligen Außenminister Sebastian Kurz gebeten hatte – wegen "erstens Spende zweitens eines Problemes das wir in Italien haben".

Seither stellt sich zunehmend die Frage, wie sehr Blümel, der unter Türkis-Blau als Kanzleramtsminister und Regierungskoordinator tätig war, in die Causa Casinos involviert ist. Für Spekulationen sorgte schon Blümels Auftritt im U-Ausschuss im Juni 2020. Damals fiel er mit über achtzig Erinnerungslücken auf – auch zu jenen Fragestellungen, die nun im Zentrum der Ermittlungen stehen. DER STANDARD hat Blümels Aussagen im U-Ausschuss dem aktuellen Ermittlungsstand gegenübergestellt.

1. Termine mit Harald Neumann

Die Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper fragte Blümel mehrfach nach Terminen mit dem langjährigen Novomatic-Chef Neumann, der den Glücksspielkonzern von 2014 bis 2020 leitete.

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Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Neumann?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Kenne ich; mit Sicherheit einige Male getroffen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Zu welchen Themen und wann?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Bei Veranstaltungen, es wird auch Termine gegeben haben. Als Politiker trifft man viele verschiedene Persönlichkeiten –

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Als Politiker kann man sich offensichtlich leicht rausreden.

Mag. Gernot Blümel, MBA: In verschiedensten Zusammenhängen: bei Veranstaltungen, bei Terminen, Interessenvertreter, Unternehmer, Leute aus der Zivilgesellschaft – also das ist, glaube ich, ganz normaler Arbeitsalltag für einen Politiker, zumindest soweit ich das erlebt habe.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Bewusste, geplante Termine zu bestimmten Themen? Wenn ja, wann?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Weiß ich nicht mehr. (Abg. Krisper: Aha!) Es wird mit Sicherheit auch Termine gegeben haben, aber ich bitte nochmals: Es hat sehr, sehr viele Termine mit sehr, sehr vielen verschiedenen Persönlichkeiten gegeben. Bei allem Respekt: Ich müsste jetzt im Nachhinein mutmaßen, worum es da immer konkret gegangen ist, das ist doch schon ein bissel her und es passiert sehr, sehr regelmäßig, dass Politiker Termine mit Unternehmerinnen, Unternehmern machen. Also gerade jetzt in der Coronakrise zum Beispiel: Wissen Sie, mit wie vielen Unternehmern ich persönlich gesprochen habe –

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Die Auswertung von Neumanns Smartphone zeigt zahlreiche Termine mit Blümel. Im Juni 2017 avisieren sie ein Treffen "Samstag 14:30 im Gym". Am 7. Oktober 2017 findet sich ein weiteres Treffen zwischen Neumann und Blümel im Kalender des damaligen Novomatic-Chefs. Ebenso wird ein Treffen für kurz nach der Nationalratswahl 2017 fixiert. Am 13.3.2018 schlägt Neumann vor, dass er und Blümel sich bei einer Veranstaltung "kurz zurückziehen (das Schloss ist ja gross genug ;-))".

Am 25. April 2018 sollen sich Neumann, Finanz-Generalsekretär Thomas Schmid und Blümel im Hotel Hyatt zu einer "Abstimmung" getroffen haben. "Heute 20.00 Abstimmung mit Gernot Blümel. Ort dürfen wir dir noch sagen! Bitte mach’s möglich :-))", schrieb Schmid, der mittlerweile Öbag-Chef ist, an Neumann.

Am 9. Jänner 2019 bittet Neumann um einen weiteren Termin für "einige Themen" bei Blümel, der antwortet: "Terminvorschlag kommt!!" Im Kalender von Neumann ist dann ein Termin mit Betreff "Minister Blümel" am Ballhausplatz eingetragen. Am 26. Juni 2019 findet sich dann ein weiterer Termin mit "Blümel" im Kalender.

2. Gespräche über die Casinos

Der rote Fraktionsführer Jan Krainer fragte hartnäckig immer wieder nach, von wem sich Blümel über den Eigentümerstreit bei der Casinos Austria AG (Casag) informieren ließ. Damals kämpften die tschechische Sazka, die Novomatic und die Republik in Form der Beteiligungsholding Öbib (heute Öbag) um die Vorherrschaft in der Casag.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Von wem haben Sie sich über die Casinos informieren lassen?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Von unterschiedlichen Personen; wir haben sicherlich im Nominierungskomitee darüber diskutiert, als auch angestanden ist, Personen für die Aufsichtsräte in den Casinos vorzuschlagen. Das ist im Übrigen immer so passiert, dass auch der Personalberater beauftragt worden ist, die Qualifikation dieser Personen zu bewerten, und danach ist eine Nominierung erfolgt, und im Zuge dessen waren die Casinos sicherlich auch Gesprächsthema.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Von wem haben Sie sich Informationen von den Casinos geholt? Wer waren Ihre Informationsquellen?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Ich habe mit verschiedensten Personen über verschiedenste Dinge gesprochen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Zählen Sie sie bitte auf.

Mag. Gernot Blümel, MBA: Können Sie – Wollen Sie auf irgendetwas Konkretes hinaus? Ich habe sehr, sehr viele Leute getroffen, und es waren sehr, sehr viele Gesprächsthemen, ich kann mich jetzt nicht – Das ist mir ein bissl zu allgemein, bitte helfen Sie mir, dass ich konkreter werden kann.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Von wem haben Sie sich Informationen über die Casinos geholt? Wer waren Ihre Hauptinformationsquellen zu den Casinos?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Ich würde einmal sagen, da es oft innerhalb des Nominierungskomitees Thema war: die Personen innerhalb des Nominierungskomitees.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, die hatten interne Informationen über die Diskussionen der Eigentümer?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Das kann ich Ihnen in der Form nicht beantworten. Es war halt immer wieder Thema und es war auch recht bekannt, dass es hier Probleme gibt.

Aber ich habe das Gefühl, Sie stellen hier Suggestivfragen.

(...)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Können Sie eine einzige Person nennen, von der Sie Informationen über die Casinos Austria bekommen haben?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Hartwig Löger.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Der hat Sie informiert über – – Worüber hat er Sie da genau informiert und wann?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Na ja, er war auch mit im Nominierungskomitee, und insofern war das dort Thema; und im Finanzministerium liegen auch die Beteiligungen. Er war sicher eine jener Personen, mit denen ich auch darüber gesprochen haben werde.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie mit Herrn Generalsekretär Schmid darüber gesprochen?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Durchaus möglich.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie es getan? Dass es durchaus möglich ist, weiß ich, das muss ich nicht fragen. Ich frage Sie, ob es passiert ist.

Mag. Gernot Blümel, MBA: Kann durchaus sein, dass das auch zwischen uns Thema war, weil er auch die Nominierungssitzungen vorbereitet hat. Aber es ist doch schon eine Zeit lang her, und es waren viele verschiedene Themen, insofern kann ich mich nicht konkret daran erinnern.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Können Sie sich an irgendein Gespräch mit Herrn Schmid über Glücksspiel, Casinos Austria, über diesen Komplex erinnern?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Nichts, was den Untersuchungszeitraum betrifft.

Im Februar oder so bin ich informiert worden, dass es einen neuen Syndikatsvertrag gibt, aber das ist jetzt nicht der Untersuchungszeitraum.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Feber was?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Dieses Jahr.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und an davor können Sie sich an nichts erinnern?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Noch einmal, ich kann mich nicht an jedes Gespräch einzeln erinnern. Ich kann nicht ausschließen, dass das zwischen uns auch Thema war, weil auch im Nominierungskomitee einiges in dieser Richtung zu beschließen war.

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Schon im U-Ausschuss wird Blümel von der grünen Abgeordneten Nina Tomaselli darauf angesprochen, dass der Kabinettschef im Finanzministerium, Thomas Schmid, sowie Neumann über Telefonate und Treffen mit Blümel in der Sache kommunizieren.

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Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Im Februar 2018 schreibt Neumann an Schmid: "hab mit Gernot gesprochen! sieht das genauso wie wir! glaube er wird dich auch anrufen lg Harald"

Was haben Sie denn besprochen?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Also ich bin da weder Sender noch Empfänger, und über Inhalte von Gesprächen Dritter kann ich auch nicht spekulieren.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Also Sie sagen, Sie sind nicht der Gernot, der da vorkommt?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Ich sage, dass ich weder der Sender noch der Empfänger dieser Nachricht bin, und was Dritte miteinander schreiben – also bei allem Respekt, aber ich weiß nicht einmal, was gemeint ist.

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3. Der vierte Vorstand

Einige Zeit später:

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Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ja oder nein? – Ich weiß nicht, vielleicht haben Sie ja noch einen Mittelnamen, den wir nicht wissen, wissen Sie?

Es geht weiter, 26.4., derselbe Chatverlauf: "Bitte auch Gernot Blümel sagen! Hast du das gestern nicht angesprochen?"

Schreibt er zurück: "hab ich!!! man muss nur auf den Artikel reagieren, sonst glauben alle dass das jetzt kommt!!!"

Was war Inhalt des Gespräches, 26.4.2018?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Nochmals: Ich bin weder Sender noch Empfänger –

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Sie haben wieder mit dem Neumann gesprochen.

Mag. Gernot Blümel, MBA: Ich bin weder Sender noch Empfänger dieser Nachrichten und kann nicht spekulieren, worum es da geht.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ging es um Diskussionen, ob man einen vierten Vorstand braucht?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Das weiß ich nicht.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Haben Sie mit dem Neumann darüber geredet, irgendwann?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Ich kann das nicht ausschließen, aber ich habe jetzt keine konkrete Wahrnehmung dazu. Und wie gesagt: Worum es in diesem Chatverlauf geht, kann ich nicht sagen, weil ich weder Sender noch Empfänger war.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ignorieren wir einmal diesen Chatverlauf. Haben Sie jemals mit Neumann über einen dritten und vierten Vorstandsposten gesprochen?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Also nochmals: Ich weiß nicht, ob es in Ihrem Politikerleben anders ist, aber bei mir ist es jedenfalls so, dass es ganz, ganz viele Gespräche gibt – mit Personen aus der Wirtschaft, mit Personen aus dem Zivilleben, mit Sozialpartnern, mit anderen Personen, und da sind regelmäßig verschiedene Sachen Thema; und Unternehmen versuchen, für ihre Anliegen zu werben, Sozialpartner für ihre Interessen. Das ist völlig normal. Ich werde auch den Harald Neumann getroffen haben, und was er gesagt hat, wird wahrscheinlich im Zusammenhang mit seinen Anliegen gestanden haben oder anderen Themen. Ich kann mich nur nicht konkret an dieses Thema erinnern.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Darf ich bitte außerhalb meiner Fragezeit wiederholen, weil es halt einfach keine Antwort ist: Haben Sie mit Harald Neumann jemals über einen dritten oder vierten Vorstand gesprochen? – Nicht, ob Sie grundsätzlich mit ihm geredet haben. – Wir können das Spiel jetzt weiterspielen.

Mag. Gernot Blümel, MBA: Das ist durchaus möglich, dass er das Thema aufgebracht hat.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Also haben Sie mit ihm darüber gesprochen?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Das weiß ich nicht mehr. Es tut mir leid. Es hat viele, viele Gespräche mit vielen verschiedenen Personen gegeben. Ich kann mich nicht an jeden einzelnen Inhalt jedes Gespräches erinnern.

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Durch die aktuellen Ermittlungen ist klar, dass sich Blümel, Schmid und Neumann am 25. April 2018 getroffen haben. Das weiß die WKStA anhand folgender Kommunikation: Neumann schrieb: "Hast du den Artikel wegen 4. Vorstand gelesen?? Irgendjemand von ÖBIB sollte sagen, dass 3 Vorstände reichen und man das Team bis nächstes Jahr nicht verändern will!!!" Schmid replizierte: "Bitte auch Gernot Blümel sagen! Hast du das gestern nicht angesprochen?" Neumann antwortete: "Hab ich!!".

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5. Die Themen mit Neumann

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Welche Themen haben Sie mit Neumann besprochen?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Auch das weiß ich so konkret nicht mehr. Wahrscheinlich wird es auch um Themen gegangen sein, die im Zusammenhang mit seinem Unternehmen gestanden sind. Großes Thema – das haben wir ja schon vorher besprochen – waren ja, das war ja auch öffentlich bekannt, die Eigentümerstreitigkeiten, die es offenbar um die Casinos gegeben hat. Das könnte durchaus Thema gewesen sein.

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Neumann gab Blümel im Sommer 2017 Feedback zur Kandidatenauswahl der ÖVP vor der Nationalratswahl 2017. Er informierte Blümel über Angelegenheiten aus dem Casag-Aufsichtsrat, schickte hier auch eine E-Mail eines Aufsichtsratsmitglieds mit ("bitte!!! Streng vertraulich!").

Am 6. Februar 2018 schreibt Neumann an den damaligen Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid: "hab mit Gernot gesprochen! Sieht das genauso wie wir. Glaube er wird dich auch anrufen". Zuvor hatten Schmid und Neumann sich über einen Termin von Finanzminister Löger bei der Casag unterhalten. Am selben Tag schreibt Neumann an Blümel: "Hello, haben bei der Casag eine ungute Situation bezüglich Verkauf Casino International! Müsste heute oder morgen mit dir telefonieren".

Am 7. März 2018 informierte Neumann den Regierungskoordinator Blümel über einen Termin mit dessen Kollege, Finanzminister Löger: "gutes Meeting mit Löger gehabt! Österreichische Mehrheit ist gewünscht! Ist gut so!". Blümel reagierte sechs Minuten später mit zwei Emojis: Daumen hoch und Muskeln.

6. Das angebliche Spendenangebot

Auch zum Thema Spenden durch die Novomatic befragten die Abgeordneten im Sommer 2020 den Finanzminister. Dabei kommt es zur mittlerweile schon legendären Antwort, Blümel könne für sich "ausschließen, dass ich mich erinnern kann, dass das ein Thema war".

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Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Herr Minister, wir wissen mittlerweile, dass das ISP von Markus Tschank sechsstellige Beträge von der Novomatic bekam und dass auch das Alois-Mock-Institut mit Inseraten bedacht wird. Sind Vertreter der Novomatic jemals in einer Form an Sie herangetreten, bei der Spenden in Aussicht gestellt wurden?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Nicht, dass ich mich erinnern könnte. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Können Sie es ausschließen, dass Spenden ein Thema waren?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Ich kann für mich ausschließen, dass ich mich erinnern kann, dass das ein Thema war, ja. (Abg. Krainer: Bitte, das Protokoll will ich sehen: "Ich kann für mich ausschließen, dass ich mich erinnern kann, dass das ein Thema war"! – Abg. Stögmüller – erheitert – Das ist ein Konjunktiv – ! – Abg. Krainer: Darf ich mir den Satz einrahmen?)

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS) (erheitert): Bitte: Können Sie es ausschließen, ja oder nein?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Ich kann für mich ausschließen, dass ich Erinnerungen diesbezüglich habe, dass das Thema gewesen sein könnte.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das ist jetzt ein Novum. (Abg. Stögmüller: Also die Strategie verstehe ich nicht! – Die Vertrauensperson wendet sich an den Verfahrensanwalt.) Sie koppeln jetzt Entscheidungsantwort und Erinnerungsdefizit. Können Sie ausschließen, dass Spenden ein Thema waren, ja oder nein?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Wie bitte?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Können Sie ausschließen, dass Spenden ein Thema waren, ja oder nein?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Ehrlicherweise kann ich das nicht ausschließen, dass jemals jemand etwas angeboten hat. Ich war aber auch nicht für diese Themen zuständig und ich könnte mich auch nicht erinnern, dass –

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Also nein. Das passt dann eh.

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Mittlerweile ist bekannt, dass der damalige Novomatic-Chef Neumann am 12. Juli 2017 bei Blümel einen Termin mit Sebastian Kurz erbat wegen "erstens Spende zweitens wegen eines Problemes das wir in Italien haben". Neumanns Anwalt Norbert Wess behauptet, es habe sich um eine "karitative Spende" gehandelt. Aus der ÖVP hieß es, dass man ohnehin nie Spenden aus der Glücksspielbranche angenommen hätte. In internen Chats besprach Neumann mit einem Novomatic-Kollegen vor der "Spenden"-Nachricht an Blümel die schlechte finanzielle Situation der ÖVP-Bundespartei.

7. Anliegen herantragen

Krisper fragte Blümel auch, ob sich Neumann oder andere Novomatic-Manager je mit Anliegen an ihn gewandt hätten.

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Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Erster Teil des Satzes: danke!

Sie können sich auch denken, dass die Novomatic politische Parteien ja kaum ohne Erwartung einer Gegenleistung finanziert. Zumindest aus den Unterlagen ist ersichtlich, dass jemand von der FPÖ, nämlich Tschank, für die Novomatic im Zuge der Regierungsverhandlungen das Thema Lizenzen einbringen sollte.

Hat die Novomatic beziehungsweise haben deren Vertreter – ich spreche da von Personen wie Graf, Neumann, K., K. oder O. (Abkürzungen durch STANDARD, Anm.) – jemals ein Anliegen an Sie herangetragen?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Also wenn Sie Politiker sind, dann werden Sie sicherlich auch die Erfahrung gemacht haben, dass viele Menschen Anliegen an Sie herantragen, von verschiedensten Unternehmen (Abg. Krisper: Ja, und ich kann mich erinnern!), und deswegen kann ich auch nicht ausschließen, dass einige der genannten Personen Anliegen herangetragen haben. Ich kann mich nur nicht erinnern, Herrn Graf jemals getroffen zu haben. Ich habe mit Herrn Neumann sicherlich immer wieder mal zu tun gehabt, aber an die konkreten Inhalte der Gespräche kann ich mich jetzt wirklich nicht erinnern.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich erwarte eine Antwort (Zwischenruf des Abg. Stögmüller): Neumann, K., K., O. (Abkürzungen durch STANDARD, Anm.)?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Was ist mit denen?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Nicht erinnern?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Woran?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Anliegen, an Sie herangetragen?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Ich habe schon gesagt, ich kann nicht ausschließen, dass verschiedenste Personen Anliegen an Politiker herantragen; das wäre ja absurd.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Und auch diese nicht?

Mag. Gernot Blümel, MBA: Nein, überhaupt nicht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Können Sie nicht ausschließen, gut.

Mag. Gernot Blümel, MBA: Ist durchaus möglich, dass diese Personen Anliegen an Politiker herantragen.

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Mittlerweile ist eben durch Neumanns Nachricht an Blümel bekannt, dass sich dieser sehr wohl mit einem Anliegen – dem "Problem in Italien" – an Blümel gewandt hat. Dieser bat dann Schmid, Generalsekretär im Finanzministerium, Neumann zurückzurufen. Später bedankte sich Blümel dafür bei Schmid, dieser replizierte: "Bei 50 Mio Steuernachzahlung würde ich mich auch anscheißen". Auch andere Anliegen trug Neumann an Blümel heran; am 7. Dezember 2017 meldete er sich mit "einigen Troubles"; man müsse jemanden überzeugen, dass "die Mediengeschichte in den Griff" zu bekommen ist. Blümel antwortete: "Wir versuchen!!" Nur einen Tag zuvor hatte Neumann den ÖVP-Wien-Chef gefragt, ob er seiner Freundin einen Job in den Kabinetten von Landwirtschafts- oder Gesundheitsministerium vermitteln könne. Blümel replizierte: "Sie soll mir Ihren Lebenslauf schicken und ich schau mal! LG Gernot". (Fabian Schmid, 18.2.2021)