Wien – Die Stadt assoziieren viele noch immer mit Kunst, Kultur und Musik. Strauß und Co sind auch 2021 noch die Zugpferde für Touristen, wenn sie dann irgendwann wieder kommen können. Für die Menschen, die in Wien wohnen, werde die Stadt aber teilweise dem internationalen Status als Kultur- und Musikstadt nicht gerecht, sagt Bernadette Arnoldner, die Landesgeschäftsführerin und nichtamtsführende Stadträtin für die ÖVP in Wien ist.

ÖVP will 23 statt 15 Musikschulen

Was Arnoldner stört: Die Stadt biete zu wenige Musikschulplätze. "Die Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur kann in der Erziehung nicht früh genug beginnen", begründet sie ihr Engagement. Das müsse in Zukunft stärker gefördert werden. "Denn musische Entwicklung und das Fördern von Talenten müssen in einer Musik- und Kulturstadt wie Wien für eine breitere Öffentlichkeit zugänglich sein."

Für die ÖVP – seit der letzten Wahl mit 20 Prozent zweitstärkste Kraft in Wien und mit 22 Mandaten größte Oppositionspartei im Gemeinderat – ist die Forderung daher klar: eine Ausweitung des Musikschulangebots, sodass es mittelfristig in jedem der 23 Gemeindebezirke eine Musikschule gibt.

Diese Forderung fand sich auch im Wahlprogramm der Neos, die nun mit Christoph Wiederkehr den zuständigen Bildungsstadtrat stellen. "Wien braucht mehr Musikschulen. Die Stadt Wien soll mittelfristig dafür sorgen, dass es in jedem der 23 Bezirke eine solche gibt", hieß es da.

Abkehr vom pinken Wahlprogramm

Und was sagt Wiederkehr, der auch Vizebürgermeister ist, heute? Die Forderung nach Musikschulen in allen Bezirken kommt ihm jedenfalls nicht über die Lippen: "Der Unterricht findet nicht nur an den Hauptstandorten der Musikschulen, sondern auch in Pflichtschulen statt. Hier ist die Singschule in rund 50 Volksschulstandorten sehr aktiv. Aber auch Schulkooperationen spielen eine bedeutende Rolle", sagt der Vizebürgermeister. Allerdings: Es werde "nach Maßgabe der Möglichkeiten kontinuierlich an einem Ausbau der Musikschulangebote" gearbeitet.

Zum Istzustand kann der pinke Stadtrat Folgendes sagen: Derzeit versorgen die Musikschulen der Stadt Wien einschließlich der Schulkooperationen und der Angebote der Singschule knapp 12.000 Kinder und Jugendliche. Musikschulen gibt es 15: Im ersten, vierten, sechsten, siebenten, achten, 13., 14. und 18. Bezirk gibt es keine Hauptstandorte.

Stadt betont andere Projekte

Wiederkehr führt außerdem ins Treffen, dass bei der Entwicklung der neuen Bildungscampusprojekte auch die Musikschulen mitgedacht werden. So sei im Bildungscampus Friedrich Fexer im 22. Bezirk bereits eine Außenstelle der Musikschule Donaustadt untergebracht worden, ebenso sei mit Beginn des Schuljahrs die Musikschule Leopoldstadt in großzügigere Räume im neuen Bildungscampus Christine Nöstlinger übersiedelt.

Stolz ist die Stadt außerdem auf das Projekt "Elemu" (Elementares Musizieren für ganze Volksschulklassen). "Wien-weit besteht eine verstärkte Nachfrage nach Musikschulangeboten, die mit dem Unterricht – speziell im Rahmen von Ganztagesangeboten an den Schulen – verschränkt sind", sagt der Bildungsstadtrat. Mit Elemu gehe man bewusst den Weg, nicht nur ausgewählte, sondern alle Kinder eines Klassenverbands zu erreichen.

Lange Wartelisten

Trotz dieser Bemühungen: Im Bundesländervergleich hat Wien den niedrigsten Wert an Musikschülerinnen und -schülern. Die Warteliste ist außerdem lang, besonders bei den beliebten Instrumenten Klavier (1.700 Anmeldungen), Gitarre (850) und Violine (420). Darüber hinaus gebe es rund 1.300 offene Anmeldungen für Elementares Musizieren. Wie viele Interessenten vor einem auf der Warteliste stehen, erfährt man als Betroffener nicht. Wenn zwölf Monate lang nichts frei wird, muss man sich erneut auf die Warteliste setzen lassen. "Da geben viele Leute auf", sagt Arnoldner.

Wer es sich leisten kann, weicht auf die privaten Musikschulen aus. Die Stadt betont die Förderungen in diesem Bereich, "um das Spektrum im Bereich der Musikausbildung zu erweitern. Auch das musikalische Kursangebot der Wiener Volkshochschulen ist groß, deren Angebot sich nicht nur an Kinder und Jugendliche, sondern auch an Erwachsene richtet", sagt Wiederkehr. Eine gute, erfolgreiche Zusammenarbeit der Musikschulen der Stadt mit den vielen (privaten) hochqualitativen musikalischen Bildungsanbietern sei daher wichtig.

Volksanwalt sieht "drastische" Gebührenerhöhung

Apropos Kosten: Zuletzt kritisierte der FPÖ-Abgeordnete Stefan Berger bei der Landtagssitzung Ende Jänner die Gebührenerhöhung. Unterstützt wird er dabei vom Volksanwalt Walter Rosenkranz. Gestiegen sind die Unterrichtsgebühren laut der Volksanwaltschaft um 65 Prozent – für Rosenkranz eine "drastische Erhöhung." Pro Semester kostet eine Einheit pro Woche à 50 Minuten 311 Euro im Einzelunterricht, in einer Zweiergruppe 180 Euro. Für die Singschule zahlt man 80 Euro pro Semester. Dazu Wiederkehr: "Die Gebühren mussten ab dem Schuljahr 2019/20 angepasst werden, weil die Aufwände (Personal, Miete, Betriebskosten, Instrumente, Anm.) für die Durchführung einer qualitativ hochwertigen und breiten Musikausbildung von Jahr zu Jahr höher werden. Auch nach der Gebührenanpassung beträgt die Kostendeckung lediglich rund zehn Prozent."

Subventionen an Verein werden geprüft

Nicht nur bei der Zahl der Hauptstandorte bringt der Switch für die Neos in die Regierung neue Perspektiven. Ein weiteres Thema, das die Pinken in Bezug auf die Musikschulen jahrelang kritisierten, sind die Subventionen für den "Verein zur Förderung der Musikschule Wien". Wiederkehr verlangte in Opposition sogar, dass man sich dem in der Untersuchungskommission widmen sollte.

Ob es die Subventionen auch mit ihm in der Regierung gibt, steht noch nicht fest. "Derzeit werden alle unserer Geschäftsgruppe angehörenden Förderungen begutachtet und geprüft. In diesem konkreten Fall ist die Subvention ohnehin erst im zweiten Halbjahr fällig. Bis dahin wird entschieden, wie hier verfahren wird." (Lara Hagen, 25.2.2021)