Medienwissenschafter Josef Trappel.

Foto: Uni Salzburg

Salzburg/Sydney/Menlo Park – Als "unangemessene Machtdemonstration" bezeichnet der Medienexperte Josef Trappel von der Universität Salzburg den Versuch des Social-Media-Riesen Facebook, mit der Blockierung von journalistischen Inhalten gegen ein geplantes Mediengesetz in Australien vorzugehen. Dieses sieht vor, dass Internetfirmen wie Google oder Facebook örtliche Medienunternehmen für die Verbreitung ihrer Inhalte bezahlen sollen. Mit der APA sprach Trappel über die Beweggründe Facebooks.

Wie schätzen Sie das Vorgehen von Facebook in Australien ein?

Josef Trappel: Um es auf den Punkt zu bringen: Ich bin erstaunt und erzürnt, weil es tatsächlich eine Machtdemonstration ist, die an der Stelle total unangemessen ist. Facebook wehrt sich mit Brachialgewalt gegen einen demokratischen Vorgang in Australien, der eigentlich nichts anderes ist als der Versuch, den momentan alle demokratischen Länder der Welt überlegen: Wie geht man mit der Marktmacht der großen, digitalen Giganten um? Wenn Facebook dann so darauf reagiert, ist das höchst undemokratisch, unzulässig und auch gefährlich, wie ich finde.

Wieso nutzt Facebook ausgerechnet Australien, um diesen Druck aufzubauen?

Trappel: In den nächsten Tagen soll das Mediengesetz beschlossen werden, wonach die digitalen Plattformen verpflichtet werden, einen Teil ihrer Werbeeinnahmen an die Medien weiterzureichen. Daher hat Facebook sozusagen die Reißleine gezogen, um den Gesetzgebungsprozess nochmals aufzuhalten. Parallel dazu hat Google einen anderen Weg gewählt: Sie erkennen grundsätzlich an, dass sie mit der Leistung anderer Geld verdienen und dass es zu einem Umverteilungsmechanismus kommen soll. Nur wollen sie das nicht staatlich, sondern privatwirtschaftlich machen. Daher einigt man sich mit den Verlagen über eine entsprechende Abgabe. Das sind die beiden unterschiedlichen Strategien der Konzerne.

Nutzt Facebook diesen Schritt auch, um damit anderen Ländern eine Botschaft zu schicken?

Trappel: Ja. Grundsätzlich steht Australien ziemlich in der Auslage. Es ist englischsprachig, kulturell sehr nahe an den Vereinigten Staaten dran und kann als Showcase gewissermaßen isoliert betrachtet werden. Dort kann man auch testen, wie weit man gehen kann, ohne das große Amerika vor den Kopf zu stoßen. Darum ist es nicht verwunderlich, dass es in Australien zu dieser Konfrontation kommt. Man hätte das auch in Österreich spielen können, weil es bei uns auch seit 1. Jänner 2020 die erhöhte Werbeabgabe gibt, aber dafür sind wir zu klein. Australien hingegen ist doch ein erheblicher Markt und sichtbar in der ganzen anglophonen Welt. Es ist kein Zufall, dass sie es dort machen.

Kann Facebook damit wirklich noch Änderungen beim geplanten Gesetz bewirken?

Trappel: Nein, ich glaube, das ist ein grandioses Eigentor von Facebook. Zu sagen, wir haben versehentlich die ganze Regierungskommunikation abgeschaltet, nur um das dann wieder einzuschalten – das sind Machtdemonstrationen. So wie ich die Hartnäckigkeit der Australier kennen, wird sich der Gesetzgeber jetzt erst recht nicht nach den Wünschen von Facebook richten. Das war politisch wirklich sehr ungeschickt von Facebook – aber gleichzeitig eine Nachricht an alle anderen Länder: Vorsicht, legt euch nicht mit uns an, wir haben mächtige Waffen in der Hand. Andererseits hat Facebook eh ein Problem, weil sich die User zurückziehen. Es ist also auch ein bisschen eine Verzweiflungstat.

Kann es also als ein Aufbäumen des taumelnden Social-Media-Giganten gelesen werden?

Trappel: Das spielt aus meiner Sicht schon eine Rolle. Facebook will nicht auch noch an dieser Front verlieren, wenn sie bereits Zuspruch beim Publikum verlieren. Da hat Mark Zuckerberg jetzt offensichtlich die Nase voll und haut auf den Tisch. Aber es ist eine sehr pubertäre Reaktion. So kann man nicht Medienpolitik machen. (APA/Christoph Griessner, 18.2.2021)