Verena Dunst versuchte es – aber der Zauberspruch fürs gleichzeitige Sein an zwei verschiedenen Orten hat noch nicht ganz funktioniert.

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In Eisenstadt war am Donnerstagvormittag eine Sternstunde föderaler Gestaltungsfreude zu erleben. Fast ein Wunder war es. Denn der absolut rot dominierte burgenländische Landtag übte sich in der Kunst der Bilokation. So was unterläuft einem ja tatsächlich ab und zu; selten aber am helllichten Tag. Und schon gar nicht als Gremium.

An diesem Donnerstag aber traf sich der Landtag zeitgleich sowohl zu einer Sitzung des Commerzialbank-Untersuchungsausschusses als auch zu einer von der ÖVP verlangten Sondersitzung. Hier sollte das neue Raumordnungsgesetz debattiert werden, gegen das der türkis-grüne Ministerrat Einspruch erhoben hat, weil die darin vorgesehene Abgabe für Windräder und Solaranlagen den Intentionen der Bundesregierung zuwiderlaufe. Am Tag zuvor hatte die Regierung in Person von Infrastrukturministerin Leonore Gewessler dann aber doch ihren Sanktus gegeben. (Und die burgenländische ÖVP so – unabsichtlich? – auf dem falschen Fuß erwischt.)

Dort war Altlandeshauptmann Hans Niessl geladen, um über allfällige Geschenkannahmen Auskunft zu geben.

Hämische Terminüberschneidung

Die rote Landtagspräsidentin Verena Dunst sah in der – man wird nicht ganz falsch liegen, wenn man sagt: hämischen – Terminüberschneidung kein Problem. Denn wegen der Corona-Vorsichtsvorschriften sei jeweils ja eh nur die Hälfte der Abgeordneten anwesend. Die eine im Landhaus. Die andere könne doch im wenige hundert Meter entfernten Kulturzentrum derweil die explodierte Commerzialbank untersuchen.

Leider aber beherrschte die Präsidentin selbst, als Person, die schöne, aber schwierige Kunst der Bilokation nicht oder noch nicht. Während also Verena Dunst dort – im ein wenig bausündigen Kulturzentrum – über den U-Ausschuss wachte, unterbrach ihr klarerweise nachgerückter VP-Stellvertreter Georg Rosner, im Zivilberuf Bürgermeister von Oberwart, kurzerhand die Landtagssitzung, die freilich seine eigene Fraktion einberufen hatte.

Korrigierter Fehler

Rosner wähnt sich im Verfassungs- und Geschäftsordnungsrecht. "Die Abgeordneten wurden an ihrer Pflicht zur Sitzungsteilnahme gehindert. Außerdem wurde ein 20 Seiten langes Raumplanungsgesetz wieder einmal wenige Minuten vor der Landtagssitzung eingebracht. Wie soll ein Landtagsabgeordneter ein Gesetz innerhalb von wenigen Minuten lesen, diskutieren und beraten?" Als Korrektiv habe er gehandelt. "Ich habe den Fehler der Präsidentin korrigiert."

Das sah SP-Klubobmann Robert Hergovich deutlich anders. Der wollte nämlich noch was zur Geschäftsordnung sagen. Rosner entzog ihm das Wort, was Hergovich wiederum "an die Zeiten des Austrofaschismus" erinnerte. "Da ist" – Hergovich neigt zur Drastik im Vergleich – "Kim Jong-un wahrscheinlich noch mehr Demokrat."

Keine Sternstunde

Johann Tschürtz, sein blauer Kollege, beklagte "null Handschlagqualität" der ÖVP. Und wundert sich: "Die wollen heute selbst gar nicht über den eigenen Dringlichkeitsantrag reden."

Die Grünen dafür über was anderes. Landessprecherin Regina Petrik: "Wir müssen endlich die grassierende Bodenversiegelung in der Raumordnung begrenzen. In der Novelle wird wieder nicht auf Leerstand, Abrissprämie, Bodenschutz eingegangen. Darüber müssen wir sprechen." Und sie resümiert: "Das ist keine Sternstunde des Parlamentarismus."

Stream-Empfehlung

Nächste Gelegenheit, das und vielleicht noch mehr mitzuerleben, ist am Freitag ab neun Uhr. Da wird die unterbrochene Landtagssitzung fortgesetzt. Für allfällig brennend Interessierte: Hier geht es zum Livestream. (Wolfgang Weisgram, 18.2.2021)