Bisher mussten Betonwände aufwendig verschalt werden. In Zukunft könnten selbstständig arbeitende Düsen eine Betonwurst zu beliebigen Formen aufschichten.

Foto: Peri

Einer der ersten Einsatzzwecke, bei denen 3D-Druck wirklich Sinn machte, war der Bau von Gebäudemodellen. Lange mussten Architekturbüros (beziehungsweise deren Praktikanten) ihre auf dem Papier geplanten Projekte mühevoll per Hand zusammenbauen, um etwa bei Wettbewerben und Ausschreibungen etwas vorzeigen zu können. Mit 3D-Druckern kann inzwischen das Modell direkt aus dem Computer gedruckt werden – und die Bastelarbeit entfällt großteils.

Nun können 3D-Drucker nicht nur das Modell, sondern gleich das ganze Haus drucken. Das Prinzip funktioniert im Großen ähnlich wie im Kleinen: Eine bewegliche, computergesteuerte Düse trägt das Material Schicht für Schicht auf, bis die gewünschte Form erreicht ist. Während der 3D-Drucker auf dem Schreibtisch mit speziellen Kunststoffen befüllt ist, schichtet der Drucker auf dem Bau Betonwürste aufeinander.

Haus in weniger als 24 Stunden

Fertiggestellt sind die Gebäude in der Regel in wenigen Stunden, menschliche Arbeitskraft ist kaum notwendig. Das US-amerikanische Bauunternehmen Icon will es etwa geschafft haben, einen 32 Quadratmeter großen Bungalow in weniger als 24 Stunden zu drucken. Kostenpunkt: 4000 Dollar. Zusammen mit der NGO New Story will Icon zudem dutzende kostengünstige Häuser für Obdachlose bauen.

Ist das Verfahren also eine Rettung für den unter Druck geratenen Wohnungsmarkt? Bisher wohl kaum. Denn bis jetzt wurde das Verfahren vor allem für einstöckige, kleine Wohnhäuser erprobt, die sich kaum dazu eignen, viele Menschen kostengünstig und nachhaltig unterzubringen – Stichwort Aufschließungskosten und Zersiedelung.

Trotzdem investieren auch traditionelle Bauunternehmen in 3D-Druck. Schließlich erscheint die etablierte Technik der Betonverschalung gegen das neue Verfahren wie die reinste Plackerei.

Der deutsche Baukonzern Peri stellte etwa im Herbst das größte 3D-gedruckte Wohnhaus in Europa fertig: Fünf Familien sollen auf insgesamt 380 Quadratmeter Wohnfläche in drei Stockwerken Platz finden. Von außen sieht man dem Haus nicht an, dass es aus dem Drucker stammt – die charakteristische "Wurstoptik", mit denen 3D-gedruckte Rohbauten auffallen, verschwindet nach dem Verputzen. Im Gegensatz zu den vielen Prototypen wurden alle deutschen Normen eingehalten – kein leichtes Unterfangen bei einer so neuartigen Technik, gibt man bei Peri zu.

Boden nach Maß

Nicht in die Höhe, sondern in die Fläche druckt das Wiener Start-up Printstones: Das 2017 gegründete Unternehmen hat sich auf den Druck von Pflasterungen direkt auf der Baustelle spezialisiert. Momentan müssen vor allem im verwinkelten innerstädtischen Bereich vorgefertigte Pflastersteine in der Regel vor Ort zugeschnitten werden. "Das erzeugt Lärm, gesundheitsschädlichen Feinstaub und auch Abfall", sagt Printstones-Gründer Herwig Hengl. Mit dem Druck vor Ort würden diese Probleme wegfallen – und auch weniger des CO2-intensiven Baustoffs Zement verbraucht werden.

Der Trumpf des Verfahrens ist aber die individuelle Gestaltbarkeit der Pflasterung – was Formen und Farben betrifft, können sich Gestalter austoben. "Das mögen die Architekten natürlich", sagt Hengl.

Bisher handelt es sich beim 3D-Druck auf dem Bau allerdings noch um ein Nischenphänomen, wenn auch der Bedarf stark wachsen wird: Laut dem US-Marktforschungsunternehmen Grand View Research wird der Markt für 3D-gedruckte Gebäude von 7,1 Millionen US-Dollar im Jahr 2020 bis 2027 auf 1,5 Milliarden Euro mehr als verzweihundertfachen. (pp, 19.2.2021)