"Helstrom"-Geschwister bei Disney+: Tom Austen und Sydney Lemmon.

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Wien – "Latein, Weihwasser, Gebet, früher waren sie die geheimen Waffen, aber jetzt sind sie dank Filmen, Fernsehen und Internet nur noch Tropen", beklagt sich der Dämonenjäger zu Beginn von "Helstrom" – und er hat Recht. Jeder, der "Der Exorzist" gesehen hat, weiß wie man schändliche Geister austreibt. Umso enttäuschender ist es, eine Serie zu sehen, die sich genau dieser Klischees zu sehr bedient – ab Dienstag auf dem neuen Spartenkanal Star von Disney+.

Verpasste Chance

Viele werden noch nie etwas von Daimon und Ana Helstrom gehört haben. Der Comic über die beiden streitsüchtigen Kinder des Teufels wurde in den frühen 70er-Jahren als Teil von Marvels Horrorzweig geschaffen, aber die Serienadaption ist irgendwie eine verpasste Chance, tiefer in das gruseligere Potenzial des bunten Marvel-Universums einzutauchen.

Daimon Helstrom (Tom Austen) ist ein launischer Exorzist und Ethikprofessor, dessen Vater angeblich ein produktiver Serienmörder war, aber, wie sich herausstellt, wohl doch eher der Teufel. Daimon hat auch eine abgebrühte sexy Schwester, Ana (Sydney Lemmon), die ihrem Vater möglicherweise geholfen hat, seine grausamen Verbrechen zu begehen. Und wenn das nicht schon genug ist, um diese Kinder jahrelang in Therapie zu schicken, ist ihre menschliche Mutter Victoria (Elizabeth Marvel) seit 20 Jahren von einem Dämon besessen.

Verfluchte Schädel, duellierende Dämonen

Während die Geschwister versuchen, ihr zu helfen, sind Daimon und Ana gezwungen, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen, von der sie wünschten, sie wären begraben geblieben. So findet sich das Duo bald inmitten einer Verschwörung, die verfluchte Schädel und duellierende Dämonen beinhaltet.

Obwohl "Helstrom" eine Marvel-Produktion ist, fühlt es sich sicher nicht so an, als würde es zu diesen Filmen und Serien gehören, da der Name des Studios weder im Titel der Serie noch im Vorspann vorkommt – wohl kein Zufall, wenn man sich die Serie ansieht.

Exorzynismus

Die Handlung ist sowohl vorhersehbar als auch mit bekannten Genreklischees beladen. Die ersten paar Folgen allein bieten alles, was man von einem Exorzismusfilm erwarten würde. Es gibt alte Zeitungsausschnitte über blutige Verbrechen, Dämonenaustreibungen, die von einem zynischen Kerl aufgedeckt werden (ein bisschen wie John Constantine aus den DC-Comics), eine naive Nonne, die vom Vatikan geschickt wurde, und viele grunzende, besessene Figuren, die oft gegen Wände geschleudert werden.

Die Serie schafft es auch nicht, viele überzeugende Figuren zu etablieren. Es menschelt so gar nicht. Daimon selbst ist überraschend langweilig für jemanden mit Dämonenblut und einem Vaterkomplex. Im Comic rannte er mit nacktem Oberkörper in einem roten Umhang durch New York. Ana ist überzeugender angesichts ihres arroganten Verhaltens und ihrer stylishen Garderobe, hat für die Serie aber immer eine niedrigere Priorität als ihr Bruder, was schade ist.

Böser Dämon

Erstaunlicherweise bekennt sich der Schöpfer und Showrunner Paul Zbyszewski ("Agents of S.H.I.E.L.D.") nie wirklich zum Horror und seinen Monstern. Die Tatsache, dass Daimon und Ana dunkle Kräfte haben, kommt oft als nachträglicher Gedanke rüber. Der beste Teil ist der animierte Vorspann, der ein Maß an kindlichem Schrecken erzeugt, der in der Serie niemals vorkommt. In der dritten Folge gibt es ein wenig interessante Action, bei der eine Figur von einem bösen riesigen Dämon im Guillermo-del-Toro-Stil getötet wird.

Erste und letzte Staffel

Die erste Staffel mit zehn Folgen ist auch die letzte. "Helstrom" wurde entwickelt, als die Dinge für Marvel-Fernsehsendungen noch anders standen. Die Serie wurde abgesetzt, als Marvel Television in die Marvel Studios aufgenommen wurde, was dazu führte, dass die TV-Pläne von Marvel an Disney+ übergingen, wo jetzt so wunderbar originelle Serien wie "Wandavision" zu sehen sind. Eine Nebenfigur drückt es so aus: "Das Letzte, was die Welt jetzt braucht, ist ein Helstrom-Familientreffen." (APA, 19.2.2021)