Räumlich getrennt, virtuell und offenbar auch gedanklich vereint: US-Präsident Joe Biden, Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.

Foto: EPA / Benoit Tessier

Die USA zurück auf der Weltbühne. So hat sich US-Präsident Joe Biden schon vergangene Woche bei einer Rede im Außenministerium inszeniert, so sollte es bei seinen ersten großen Auftritten im internationalen Kreis auch aussehen. Gleich zwei waren es am Freitag. Zunächst wohnte der US-Präsident einem Videotreffen der G7 bei, bei dem er unter anderem die Vier-Milliarden-Zusage der USA für ein globales Corona-Impfprogramm vorstellte, das auch Deutschland mit Milliarden unterstützen soll. Danach hielt er bei einer Videoschaltung zur Münchner Sicherheitskonferenz am Abend seine erste große Rede an die Verbündeten.

Bidens Rede beginnt in etwa bei 1 Stunde und 15 Minuten.
PBS NewsHour

Schon zuvor hatte dort UN-Generalsekretär António Guterres in seiner Rede die Rückkehr des Multilateralismus gefordert. Nur dieser könne helfen, die zahlreichen Krisen, denen die Welt gegenüberstehe, zu entschärfen. Biden nahm den Faden auf. Die transatlantische Zusammenarbeit nannte er "einen Eckpfeiler der internationalen Politik".

Welt am Scheideweg

Und dann wurde es durchaus dramatisch. Der US-Präsident warnte vor der "Welt am Scheideweg" – zwischen jenen, die Autokratie für eine überlegene Regierungsform halten würden, und den Demokraten. "Wir müssen zeigen, dass unser Modell kein Relikt der Vergangenheit ist, sondern das Beste." Wie man im "Wettkampf mit China" agiere, sagte Biden, werde den Lauf der Geschichte stark beeinflussen – und auch jener mit Russland, das den "Erfolg der europäischen Einigung zerstören" wolle.

Amerika werde den Kampf aufnehmen, versicherte er: "Sie sollen wissen: Die USA werden ihren Teil erfüllen. Lassen Sie uns unseren Urenkeln in der Zukunft zeigen, dass die Demokratie funktioniert und dass es nichts gibt, was wir nicht gemeinsam schaffen können."

Mit Biden auf der virtuellen Bühne standen die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron. Merkel zitierte dann auch den Naturforscher Alexander von Humboldt: "Alles ist Wechselwirkung", das zeige auch die Corona-Pandemie. Sicherheit gebe es erst, wenn weltweit allen Behandlung zukommen könne. Auch sie sprach vom Systemkonflikt mit Peking.

Bidens Verbundenheit mit Europa und der EU hat ihren Ursprung wohl auch darin, dass der 78-jährige Biden noch ganz andere Zeiten erlebt hat – den Kalten Krieg, der den einst jungen Senator aus Delaware zum Transatlantiker formte. Schon vor 40 Jahren war Biden auf einer Sicherheitskonferenz in München.

Optimisten am Boden

Dass die Hoffnungen in Biden so groß sind, liegt aber weniger in dessen persönlicher Geschichte, sondern eher im Kontrast zu seinem Vorgänger. Doch auch die USA unter ihm werden ihre eigenen Interessen verfolgen, die teils im Gegensatz zu denen der EU stehen – das hat in den vergangenen Wochen himmelhohe Optimisten eines Besseren belehrt.
Die USA fordern von Europa mehr Einsatz für die eigene Sicherheit. Dass europäische Staaten das Nato-Ziel, zwei Prozent des BIP für Verteidigung auszugeben, erreichen, fordert auch Biden. Entsprechende Schritte begrüßte er am Freitag ausdrücklich. Macron sagte dazu, diese seien auch im eigenen Interesse der EU, die fähig sein müsse, sich selbst zu verteidigen. Im Verhältnis zu Moskau dürfe es nicht nur Konfrontation geben, sondern auch Dialog.

In diesem Spannungsfeld steht auch der Disput um die Pipeline Nord Stream 2 zwischen Deutschland und den USA. Washington möchte Berlin vom gemeinsamen Gasprojekt mit Moskau abbringen – Merkel hingegen pocht auf die strategische Unabhängigkeit Berlins. (Manuel Escher, 19.2.2021)