Um das Transparenzpaket durchzubringen, braucht die Regierung Stimmen aus der Opposition.

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Das Recht der Bürgerinnen und Bürger auf Information ist ein Vorhaben von Türkis-Grün aus dem Regierungsprogramm. Nun soll das Gesetz bald beschlossen werden. Wie die Auskunftspflicht geregelt wird, und woran das Vorhaben noch scheitern kann:

Frage: Was sind die Eckpunkte des Informationsfreiheitsgesetzes?

Antwort: Zuallererst die Abschaffung des Amtsgeheimnisses, das in Österreich als letztem Land der EU noch im Verfassungsrang steht. Gleichzeitig soll der Zugang zu staatlichen Informationen erleichtert werden. Das Recht auf Auskunft bei öffentlichen Stellen soll gebührenfrei sein, und die auskunftgebende Stelle hat bis zu vier Wochen Zeit, die Anfrage zu beantworten, in schwierigeren Fällen acht Wochen. Außerdem wird die Kontrolle durch den Rechnungshof bei Unternehmen ab 25 Prozent öffentlicher Beteiligung möglich (bisher 50 Prozent). Informationen von allgemeinem Interesse sind proaktiv zu veröffentlichen, etwa Verträge ab einem Wert von 100.000 Euro.

Frage: Liegt der Gesetzesentwurf mit allen Details schon vor?

Antwort: Am Freitag hat die Regierung eine Punktation verschickt. Der Entwurf des Gesetzes, für das eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist, wird für Montag erwartet. Die Regierung wird in Verhandlungen mit SPÖ und FPÖ treten müssen.

Frage: Was sind die kritischen Punkte?

Antwort: Auch die Länder müssen ihre Gesetze adaptieren, da war in der Vergangenheit schon Widerstand zu spüren, weil etwa kleine Gemeinden viel zusätzlichen Aufwand fürchten. Die Neos sehen eine potenzielle Umgehungsmöglichkeit bei der Grenze für automatische Veröffentlichungen von Verträgen erst ab der Schwelle von 100.000 Euro. Sie sei einerseits nachvollziehbar, weil sie jener für Direktvergaben entspreche. "Aber es besteht die Gefahr, dass das insgesamt dazu führt, dass vieles im Dunkeln bleibt", sagt auch Mathias Huter vom Forum Informationsfreiheit. Man kenne das aus dem Vergaberecht, wo Aufträge oft bewusst mit knapp unter 100.000 Euro dotiert werden.

Frage: Welche Forderungen knüpft die Opposition an eine Zustimmung?

Antwort: Sowohl SPÖ also auch FPÖ wollen eine detaillierte Stellungnahme erst abgeben, wenn der Entwurf vorliegt. In die Verhandlungen will die SPÖ allerdings mit einigen Vorschlägen abseits des Amtsgeheimnisses gehen: Erstens solle das Parlament die Vergabe der Corona-Hilfsgelder für Unternehmen kontrollieren können, sagt der Abgeordnete Jörg Leichtfried. Und: "Parallel zur Informationsfreiheit für Bürger müssen die Abgeordnetenrechte in diesem Bereich gestärkt werden." Leichtfried fordert eine Verkürzung der Antwortfrist für Ministerien auf Anfragen von Mandataren von acht auf vier Wochen. FPÖ-Verfassungssprecherin Susanne Fürst findet die Einigung "grundsätzlich positiv". Man müsse allerdings darauf achten, dass der Datenschutz gewahrt bleibe.

Frage: Was soll sich durch die Regierungspläne für den Verfassungsgerichtshof (VfGH) ändern?

Antwort: Zwei Dinge: Erstens soll eine Cooling-off-Phase für Richterinnen und Richter am VfGH kommen, zweitens soll ein sogenanntes Sondervotum eingeführt werden.

Frage: Cooling-off, was ist damit gemeint?

Antwort: So etwas gibt es schon jetzt, allerdings nur für den Präsidenten und Vize-Präsidenten des VfGHs. Diese Ämter darf nicht ausüben, wer in den letzten fünf Jahren Regierungsmitglied oder Parteifunktionär war. So eine Regel soll auch für die VfGH-Richter kommen, allerdings wohl mit einer kürzeren Frist.

Frage: Was hat es mit dem Sondervotum auf sich?

Antwort: Das Sonder- oder Minderheitsvotum bedeutet, dass auch die Meinungen von VfGH-Richtern veröffentlicht werden, die bei einer Entscheidung keine Mehrheit gefunden haben. Das Modell wird seit Jahrzehnten diskutiert. Sollte es nun tatsächlich kommen, wäre das ein Paradigmenwechsel. Bisher stellte sich die ÖVP bei derartigen Plänen quer.

Frage: Was spricht gegen so ein Sondervotum, was dafür?

Antwort: Bisherige Gegner, darunter ÖVP und FPÖ, argumentierten, dass der VfGH Einigkeit demonstrieren sollte. Außerdem wurde der Schutz der Anonymität der Richter ins Treffen geführt. Verfassungsjurist Heinz Mayer meint, es sei "nicht vertretbar", wenn man bei einer Debatte, an der 14 Personen beteiligt sind, so tue, "als gäbe es keinen Widerspruch".

Frage: Warum wurde die Abschaffung des Amtsgeheimnisses nicht schon viel früher beschlossen?

Antwort: Die Forderung wird seit vielen Jahren erhoben, auch Türkis-Grün wollte schneller sein. Die Einigung war für Sommer letzten Jahres angekündigt. Dazwischen kam laut offiziellem Wording die Corona-Krise.

Frage: Wie steht die Einigung in Zusammenhang mit der Causa Blümel?

Antwort: Die Grünen stimmten beim Misstrauensantrag gegen den Finanzminister nicht mit, nutzten die Gelegenheit aber, um beim Thema Transparenz Druck zu machen. Das Ergebnis ist offenbar die am Freitag gemeinsam verschickte Punktation. (Sebastian Fellner, Gabriele Scherndl, Rosa Winkler-Hermaden, 21.2.2021)