Die Proteste in Myanmar reißen nicht ab.

Foto: AFP / YE AUNG THU

Naypyidaw – Drei Wochen nach der Machtergreifung des Militärs in Myanmar haben am Montag die bisher größten Proteste seit dem Putsch stattgefunden. Im Rahmen eines Generalstreiks gingen in allen Landesteilen zehntausende Menschen auf die Straßen. Besonders massiv waren die Kundgebungen in der früheren Hauptstadt Yangon (Rangun) im Süden, in der Großstadt Mandalay im Norden und in der Hauptstadt Naypyidaw. Auf Fotos in sozialen Netzwerken waren riesige Menschenmassen zu sehen.

Der heutige Tag gilt als besonders symbolträchtig, spielt er doch mit dem Datum: Der 22.2.2021 wurde auf den sozialen Medien im Vorfeld als "Fünf-Zweier-Revolution" angekündigt. Das erinnert an die historischen Proteste vom 8.8.1988, die vom Militär brutal niedergeschlagen wurden.

Bereits am Sonntagabend hatte das Militär die Bevölkerung über das staatliche Fernsehen gewarnt: "Die Demonstranten stacheln jetzt die Menschen – besonders die emotionalen Teenager und Jugendlichen – zu einem Konfrontationskurs an, bei dem sie ihr Leben lassen werden," hieß es im staatlichen Fernsehen MRTV.

Am Montag hat sich Facebook dazu entschlossen, die Seite des TV-Senders zu sperren. Sie hätte Facebooks Vorgaben bezüglich "Gewalt und Aufwiegelung" verletzt.

Demonstranten trotzen Drohungen

Trotz der Drohungen im Fernsehen und obwohl seit Beginn der Proteste mindestens drei Demonstranten von Einsatzkräften erschossen worden waren, wollten sich die Gegner der Junta nicht einschüchtern lassen, berichteten Medien in dem südostasiatischen Land. "Wenn wir Widerstand gegen die Diktatur leisten, könnten sie uns erschießen. Das wissen alle. Aber wir müssen uns der Diktatur widersetzen, es ist unsere Pflicht", zitierte das Portal "Frontier Myanmar" einen Aktivisten.

"Gewöhnliche Menschen in Myanmar beteiligen sich an einem außergewöhnlichen Akt, um ihren Widerstand gegen den brutalen Militärputsch trotz Morden, Gewalt und Einschüchterungen durch Sicherheitskräfte zu demonstrieren", schrieb die Aktivistengruppe "Gerechtigkeit für Myanmar" auf Twitter.

Die meisten Geschäfte blieben geschlossen. "Jeder schließt sich dem an," berichtete ein Demonstrant an der Hledan-Kreuzung Yangon. Die Straßenkreuzung ist zu einem Ausgangspunkt für die friedlichen Kundgebungen geworden. Das Militär hatte im Vorfeld aber andere wichtige Straßen gesperrt, zum Beispiel die Straße in Rangun, die die US-amerikanische Botschaft mit der südkoreanischen verbindet. In den vergangenen Tagen waren die Straßen Hauptschauplatz von Demonstrationen.

Am Montag sind etliche Aktivisten, vor allem in Naypyitaw, festgenommen worden. Laut Angaben von verschiedenen Journalisten auf Twitter waren mindestens 150 Menschen betroffen, davon hauptsächlich Schüler und Studenten.

Videobotschaft von Guterres

Uno-Generalsekretär António Guterres forderte indes erneut ein sofortiges Ende des gewaltsamen Vorgehens der Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten. "Ich fordere das Militär in Myanmar auf, die Unterdrückung sofort zu beenden", sagte Guterres in einer Videobotschaft zum Auftakt der Sitzung des Uno-Menschenrechtsrats in Genf. "Lassen Sie die Gefangenen frei. Beenden Sie die Gewalt. Respektieren Sie die Menschenrechte und den bei den vergangenen Wahlen ausgedrückten Willen des Volkes."

Das Armee hatte sich in der Nacht auf 1. Februar zurück an die Macht geputscht und die faktische Regierungschefin Aung San Suu Kyi sowie viele Mitglieder ihrer Regierung in Gewahrsam genommen. Seither wurden zahlreiche weitere Politiker, Aktivisten und Demonstranten festgenommen. Die Einsatzkräfte haben auch mit scharfer Munition auf Demonstranten geschossen. Dabei sind mindestens drei Personen verstorben, dutzende wurden verletzt.

EU berät über Sanktionen

Mehrere westliche Länder haben den Putsch und die Gewalt gegen Demonstranten verurteilt. Das Militär wies dies als eklatante Einmischung in Myanmars innere Angelegenheiten zurück. Die Behörden übten derzeit "äußerste Zurückhaltung", erklärte das Außenministerium. (APA, red, 22.2.2021)