Die Lebensdauer von Fahrzeugbatterien ist eine Schlüsselgröße für den Erfolg eines Elektroautos. Immerhin macht der Wert der Antriebsbatterie etwa die Hälfte des Neuwagenpreises aus. Doch noch immer ist die Skepsis groß, ob die Batterien wohl auch ein Autoleben lang mithalten, auch wenn bisherige Erfahrungen von Elektroauto-Nutzenden relativ gut sind. Sicher ist: Eine Batterie verliert im Lauf der Zeit an Kapazität, also Fassungsvermögen. Wie viel, hängt von der Konstruktionsweise der Batterie ab, vor allem aber von der Art und Intensität der Nutzung.

Ist ein Elektroauto einmal ein paar Jahre alt und hat fünfzigtausend und mehr Kilometer auf dem Buckel, lässt es sich nicht mehr ganz einfach sagen, wie die Batterie beisammen ist. Elektrochemie ist nicht so leicht zu durchschauen wie der klassische Maschinenbau, also ein Verbrenner-Antrieb.

Aviloo-Chef Wolfgang Berger mit dem fertigen Batteriezertifikat.
Foto: Skarics

Unzugänglicher Bezirk

Bisher gab es für Käufer eines gebrauchten Elektroautos keine Möglichkeit, verlässlich zu erfahren, in welchem Zustand dessen Antriebsbatterie ist. Denn Zerlegen und Reinschauen ist ja auch nicht möglich. Und vor allem: Was würde man dann überhaupt sehen?

Deshalb fasste Wolfgang Berger 2017 den Entschluss, sich eingehend mit Batterie-Diagnostik zu befassen, und gründete ein Jahr später Aviloo. Mittlerweile beschäftigt das in Wiener Neudorf ansässige Unternehmen 25 Mitarbeiter (und eine Mitarbeiterin), Tendenz stetig steigend.

Zwar haben Auto- und Batteriehersteller ihre eigenen Methoden, Batteriezustände zu überwachen, für Außenstehende war es bis jetzt aber nicht so ohne weiteres möglich, den Gesundheitszustand einer Batterie zu ermitteln. Außerdem lassen sich mit der Methode von Aviloo Batteriedaten herstellerübergreifend vergleichen und daraus auf Dauer wertvolle Schlüsse ziehen, die auch für die Hersteller selbst wieder interessant sind.

Seit 2018 entwickelt man Hardware und Software, um in die Batterie "hineinzuschauen". Als Schnittstelle dient der Werkstatt-Diagnosestecker. Eine kleine Box wird angesteckt. Der Testvorgang wird per Handy-App gesteuert. Während dessen ist man übers Handynetz mit dem Server von Aviloo verbunden, so werden während einer Testfahrt etwa eine Million Datenpunkte übertragen. Ständig übermittelt werden Stromstärke, Spannung, Ladezustand, Temperatur und Zellspannung. Daraus ergeben sich hübsche Kurven, die einen zuverlässigen Schluss hinsichtlich des Gesundheitszustands der Batterie zulassen.

Ergebnis: Nach vier Jahren und 35.000 Kilometern sind noch rund 92 Prozent Kapazität vorhanden.
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Vor Testbeginn muss die Batterie vollgeladen werden, gefahren wird, bis sie vollständig leer ist. Und man kann das auch selber machen.

Das Prozedere läuft folgendermaßen ab: Man meldet sich und das zu prüfende Auto übers Internet an, überweist 180 Euro für einen Test und bekommt die Testbox samt Anschlusskabel für den Diagnosestecker per Post zugesendet. Man lädt die Aviloo-App aufs Handy, lädt das Auto voll, steckt die Box an und startet den Testvorgang – der dann auch nicht unterbrochen werden sollte, bis die Batterie leer ist.

Nachdem der ÖAMTC einer der Servicepartner ist, kann man sich auch dort helfen lassen, falls man zum Beispiel die Diagnose-Steckdose im Auto nicht findet. Danach gibt’s ein Zertifikat.

Testobjekt war in diesem Fall ein Nissan Leaf.
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Einfach ist schwierig

Dass die Prozedur am Ende relativ einfach durchzuführen ist, hat die Entwickler vorher schon einigermaßen gefordert und fordert sie noch immer. Aufgrund der unterschiedlichen Softwarearchitekturen der Fahrzeuge und Batterien muss die Datenlage jedes Elektroauto-Modells vorher analysiert werden.

Das schafft für die nächsten Jahre noch weitere Arbeitsplätze, denn schließlich kommen jetzt Schlag auf Schlag ständig neue Modelle auf den Markt, jedes mit gewissen Eigenheiten.

Derzeit ist man bei Aviloo intensiv damit beschäftigt, das Anwendungsgebiet auch auf Plug-in-Hybride auszubauen. Dort findet geradezu eine explosionsartige Vermehrung der Typenvielfalt statt. Man hat ja nur wenige Jahre Zeit, bis die einstmals neuen Fahrzeuge zum Gebrauchtkauf anstehen.

Die Steuerung läuft via Handy-App.
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Und weil Daten bekanntlich mittlerweile zum Blutkreislauf unserer Wirtschaft geworden sind, will man auch dieses Feld nicht brachliegen lassen. Wer sein Auto testet, erfährt nicht nur den Gesundheitszustand seiner Batterie, sondern liefert auch jede Menge Daten, die dann weiterverwertet werden können. Batterie-Felddaten stellen also die nächste Ausbaustufe im Geschäftsmodell dar.

Künftig sollen auch die riesigen Batterien von elektrisch angetriebenen Schiffen mit Aviloo-Technik überwacht werden. Wolfgang Berger will mit seiner Technik letztlich einen Industriestandard schaffen. (Rudolf Skarics, 5.2.2021)