Neben Klubobmann August Wöginger griffen die WKStA an: Verfassungsministerin Karoline Edtstadler, Kanzler Sebastian Kurz, Justizsprecherin Michaela Steinacker und andere ÖVP-Politiker.

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Die ÖVP hat ihre heftigen Angriffe auf die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) am Wochenende weiter befeuert. Die WKStA ermittelt gegen mehrere türkise Politiker wie Finanzminister Gernot Blümel – es gilt die Unschuldsvermutung. Justizsprecherin Michaela Steinacker sprach in einer Presseaussendung davon, dass Blümel "erst nach einem WKStA-Leak" aus den Medien von seinem Status als Beschuldigter in der Causa erfuhr.

Der Begriff "WKStA-Leak" impliziert, dass Staatsanwälte dieser Behörde diese Information direkt an Medien weitergegeben haben. Allfällige Beweise oder Indizien dafür wurden freilich nicht vorgelegt. Aus dem Aktenlauf ergibt sich anderes: Der Personenkreis, der über Blümels Beschuldigtenstatus Bescheid wusste, war recht groß, da ein Aktenstück dazu an den U-Ausschuss geliefert worden war. Schon am 25. Jänner hatte die WKStA die Inhalte der nächsten Aktenlieferung an den U-Ausschuss der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien vorgelegt, die für die Übermittlung der Informationen an das Parlament zuständig ist.

Akten bei Sobotka und Co

Am 29. Jänner landeten diese Akten dann bei Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, der den Vorsitz im U-Ausschuss innehat und nach wie vor zum engeren Umfeld der ÖVP-Spitze gehört. Zwei Tage später, am 1. Februar, erhielten dann alle Abgeordneten des U-Ausschusses die Akten samt jenem Aktenteil, aus dem sich Blümels Beschuldigtenstatus erschließt. Kurioserweise fragte Blümels Anwalt Werner Suppan ausgerechnet am selben Tag bei der WKStA an, ob der Finanzminister als Beschuldigter geführt werde. Eine "Routineanfrage", wie Suppan erklärte.

Publik wurde die Information, dass gegen Blümel ermittelt wird, dann am 9. Februar durch einen Tweet von "Dossier"-Journalist Ashwien Sankholkar. Er verwies auf einen Vorlagebericht des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 15. Jänner 2021. Zwei Tage später ging es dann zack, zack, zack: Blümel avisierte einen Termin bei der WKStA, um seinen Beschuldigtenstatus zu klären, es folgte die Hausdurchsuchung beim Finanzminister.

Verfahren eingestellt

Seitdem hat die ÖVP ihre Angriffe gegen die Korruptionsermittler wieder aufgenommen. Schon vor einem Jahr hatte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) behauptet, dass Informationen aus der WKStA abfließen. Die Staatsanwaltschaft Wien hatte daraufhin ein Verfahren gegen unbekannte Täter eingeleitet. Als "Zeugen" hatte Kurz einen Journalisten genannt, der selbst über das Ibiza-Video gestolpert war. Beide wurden von der Staatsanwaltschaft einvernommen, das Verfahren dann eingestellt, berichtete "Profil" am Wochenende. Der Journalist baut nun gerade mit der Ehefrau eines ÖVP-Großspenders, einer ehemaligen Kabinettsmitarbeiterin im türkisen Finanzministerium, ein neues Medium auf.

Die Opposition verlangt von der ÖVP, Angriffe auf die Justiz zu unterlassen. "Das Allerwichtigste ist, dass die Staatsanwaltschaft in Ruhe und unabhängig arbeiten und ermitteln kann", sagte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Der freiheitliche U-Ausschuss-Fraktionsführer Christian Hafenecker forderte Bundespräsident Alexander Van der Bellen auf, die ÖVP aufgrund ihrer Attacken in Richtung WKStA zu ermahnen. (Renate Graber, Fabian Schmid, 22.2.2021)