Essenszusteller sind häufig auf Trinkgeld angewiesen.

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Wie schön wäre es, wieder beim Wirt zu sitzen, mit Freunden zu plaudern und das Lieblingsgericht gemeinsam zu verspeisen? Aber noch ist Pandemie und jeglicher Gaumenschmaus dieser Art somit auf Abholung oder Bestellung via Mjam, Lieferando und Co beschränkt. Wer nun denkt, dass die erhöhte Nachfrage den Fahrern zugutekommt, irrt: Die Boten beklagen sich, dass Käufer offenbar immer weniger spendabel sind. Trinkgeld gebe es seltener als vor Corona.

Eigentlich ist das wenig verwunderlich, denn es wird – ebenfalls pandemiebedingt – immer seltener mit Bargeld gezahlt. Digitales Zahlen senkt das Infektionsrisiko, weswegen sich wohl viele den Abstecher zum Bankomaten ersparen. Das Essen lässt sich mit Paypal oder Karte auch leichter bezahlen. Offen bleibt, wie der Zusteller Trinkgeld ohne Bargeld in der Tasche bekommt.

Geht das auch online? Die dafür bestehenden Systeme sind leider eher dürftig. Bei Mjam ist es zwar bei manchen Lokalen möglich – welche das sind, ist für Nutzer aber ein Rätsel. Die Option ist erst nach Einlangen der Bestellung überhaupt verfügbar. Dazu kommt, dass die Vergabe des Trinkgelds für Fahrer undurchsichtig ist – sie erfahren erst am Ende des Monats, wie viel Trinkgeld sie eigentlich bekommen haben. Wie viel Geld ihnen letztlich zur Verfügung steht, ist also von Monat zu Monat ein Roulettespiel. Bei Lieferando gab es in der Vergangenheit hingegen Beschwerden, dass das Geld nicht bei den Fahrern angekommen sei. Auch hier ist die Vergabe in der App nicht bei allen Lokalen möglich und undurchsichtig.

Das sind Probleme, die aufgrund der Pandemie schwerwiegender sind als sonst. Vielleicht wird es also für die Unternehmen nun Zeit, zumindest ein bisschen auf jene Mitarbeiter zu schauen, die das System hinter Essenslieferungen möglich machen. Nebst Festanstellungen wäre die Einführung eines intuitiveren Trinkgeldsystems essenziell. Für bestellwillige Einzelpersonen gilt bis dahin, die prekäre Arbeitssituation der Fahrer zu beachten – und stets die eine oder andere Münze paratzuhalten, bevor man die Mahlzeit genießt. (Muzayen Al-Youssef, 23.2.2021)