Weltmeisterin im Massenstart: Zeitsoldatin Lisa Hauser.

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"Herzliche Gratulation: Zugsführer Lisa Hauser holt WM-Gold im Biathlon und Korporal Adrian Pertl Silber im Slalom bei der Ski-WM." Also hatte Michael Bauer, Sprecher des österreichischen Bundesheers, am Ende eines sehr erfolgreichen Sportwochenendes getwittert.

Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten, nicht wenige wunderten sich über den männlichen Dienstgrad der Zeitsoldatin Hauser. "Zugsführerin", bekam Bauer ein ums andere Mal quasi zugerufen, worauf er zurückgab: "Nein, ich habe Zugsführer gemeint. Dienstgrade werden nicht gegendert."

Und in einem weiteren Tweet hielt Bauer fest: "Meine Gespräche mit den betroffenen Soldatinnen haben ergeben, dass diese nicht wollen, dass bei den Dienstgraden die weibliche Form verwendet wird." Mit Hauser habe er, stellte er klar, nicht gesprochen. Aber "mit vielen anderen Soldatinnen".

Wie das so ist auf Twitter, wurde flott teils untergriffig, teils ernsthaft diskutiert. Die ernsthafte Frage, ob man "die Zugsführer Lisa Hauser" oder "der Zugsführer Lisa Hauser" sagen sollte, beantwortete der Bundesheersprecher mit: "Ohne Artikel: Frau Zugsführer." Mag sein, dass die Diskussion gar nicht aufgekommen wäre, hätte Bauer schon in seiner Gratulation dem Wort Zugsführer das Wort Frau vorangestellt. Mag aber auch sein, dass die Diskussion gar nicht schadet.

Doppelte Enttarnung

Der Soldatinnenanteil im Bundesheer liegt bei circa vier Prozent. Und es herrscht auch nach außen nicht völlige Einigkeit, was das Thema Gendern angeht. Beispielsweise findet sich auf der Bundesheer-Website zur Sportlerinnen- und Sportlerwahl des Jahres 2020 ein Bericht vom 10. November. Dort heißt es: "Von den fünf besten 'Sportlerinnen des Jahres' waren gleich vier Soldatinnen des Bundesheeres. Der Heeressport stellte hier Zugsführerin Janine Flock (Skeleton), Vorjahressiegerin Korporal Vanessa Herzog (Eisschnelllauf), Korporal Ivona Dadic (Leichtathletik) und Korporal Chiara Hölzl (Skisprung) als Nominierte zur Wahl."

Noch einmal: Zugsführerin Janine Flock. Schon 2010 war Judoka Sabrina Filzmoser die Sportlerin des Jahres gewesen, in der Bundesheer-OTS hieß es, "Zugsführerin Sabrina Filzmoser" habe gewonnen. Noch eine Enttarnung also.

Deutsche Schublade

In Deutschland war im vergangenen Herbst kurz eine ähnliche Diskussion aufgekommen. Da kursierte im Verteidigungsministerium ein Papier mit dem angeblichen Plan, binnen Jahresfrist das Gendern zumindest einiger Dienstgrade der Bundeswehr durchzusetzen. Doch Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) steckte das Papier wieder in die Schublade, laut Bundeswehrverband hatten "die meisten Kameradinnen eine solche Änderung abgelehnt".

Im österreichischen Bundesheer wurde 2015 ein interner Leitfaden zum Thema Gendern publik. Da wurde zwar nicht vorgeschrieben, aber geraten, künftig zusammengesetzte Wörter zu vermeiden, die als "männlich" verstanden werden könnten. "Mannschaft", "Mannesausrüstung" und "Mannstunde" mutierten zu "Besatzung", "Personenausrüstung" und "Personenstunde". Eine Einschränkung gab es allerdings: Dienstgrade wie Korporal, Wachtmeister, Hauptmann und Oberst sollten, wie es im Leitfaden hieß, vorerst auch für Frauen in dieser Form bestehen bleiben und nicht gegendert werden.

Garantiert falsch

Vorerst, wie gesagt. Festzuhalten bleibt jedenfalls, dass dem -s- nach dem "Zug" bei Herr und Frau Zugsführer besondere Bedeutung zukommt. Im Zuge der hitzigen Diskussion bekam man nicht selten auch Zugführer und Zugführerin zu lesen, ohne -s-. Das ist im Bundesheer-Zusammenhang garantiert falsch. Österreichische Zugführer und Zugführerinnen sitzen in Lokomotiven und Triebwagen und schießen jedenfalls nicht – weder mit dem StG 77 noch auf Biathlonscheiben. (Fritz Neumann, 23.2.2021)