Linz – Der ostösterreichische Radioriese 88.6 könnte künftig auch Oberösterreich rocken: Der Radioverbund Ostregion für Wien, Niederösterreich und das Burgenland im Besitz eines Großgesellschafters des Süddeutschen Verlags soll nach STANDARD-Infos nach dem oberösterreichischen Lokalradio Lounge FM greifen, das die Region Linz/Wels/Steyr/Gmunden/Freistadt bedient.

Vorerst noch nicht im Webshop von 88.6, aber ein kolportiertes Kaufobjekt des Senders ist Lounge FM Oberösterreich.
Foto: Screenshot 886.at Webshop

Die kolportierten Handelspartner schweigen zu dem Deal: 88.6-Geschäftsführer Ralph Meier-Tanos kann auf Anfrage "nichts dazu sagen". Er bittet um Verständnis, "aber es ist grundsätzlich der Weg beziehungsweise die Art der Medien Union, zu Gerüchten rund um diverse Medienprojekte, egal ob daran etwas wahr ist oder eben nicht, keine Stellungnahmen vorweg abzugeben."

Meier-Tanos möchte derzeit nur über die "großartige Hörerentwicklung von 88.6" in der aktuellen Aufstellung reden. Der Radiotest für 2020 weist dem rockigen Sender ein signifikantes Reichweitenwachstum gegenüber 2019 in Wien aus (auf 6,1 Prozent beim Gesamtpublikum ab zehn und auf 8,1 Prozent in der Werbezielgruppe unter 50 in der Hauptstadt). Im – deutlich kleineren – Burgenland verlor 88.6 laut Radiotest signifikant beim Gesamtpublikum.

Lounge-FM-Gründer Florian Novak kommentiert die STANDARD-Infos über den angeblichen Verkauf des Oberösterreich-Programms nicht. Novak betreibt das Lounge-Format über Eventlizenzen sowie DAB+ in Wien und als Webradio, er hat sich zudem um die neu ausgeschriebene Wiener Ukw-Frequenz 93,6 MHz vom Raiffeisen-Gebäude am Donaukanal beworben.

2018/19 hat Novak einen Großteil seiner Lounge-Lizenzen der Mediengruppe Österreich verkauft, die damit eine zweite bundesweite Privatradiolizenz neben Kronehit schaffte. Im Herbst 2019 startete die Fellner-Gruppe damit ihr Radio Austria.

Größter Gesellschafter der "Süddeutschen"

Wenn die STANDARD-Infos zutreffen, würde Novak diesmal an den größten Gesellschafter der "Süddeutschen Zeitung" verkaufen. 88.6 gehört der Medien Union (Ludwigshafen), und die ist größter Gesellschafter der Verlagsgruppe um die "Süddeutsche Zeitung" und die "Stuttgarter Nachrichten", die Medien Union und ihre Südwest Medienholding sind eine der größten Mediengruppen Deutschlands.

Die Medienbehörde KommAustria müsste einen Verkauf von Lounge FM Oberösterreich an 88.6 ebenso genehmigen wie eine Änderung des Musikformats auf jenes von 88.6 – dass die Medien Union weiterhin den "Entspannungsrundfunk" von Lounge spielen will, wäre eher überraschend.

Bei der KommAustria hielt man sich auf STANDARD-Anfrage freilich ebenfalls bedeckt, ob die Behörde mit einem solchen Deal befasst wurde.

Überregionale Lizenz seit 2016

88.6 hat seine über die Jahre zusammengesammelten Regional- und Lokallizenzen in der Ostregion 2016 in einer überregionale Radiolizenz zusammengefasst. Diese Möglichkeit für eine mehrere Bundesländer abdeckende, aber nicht bundesweite Lizenz wurde damals gerade erst im Gesetz verankert.

Für eine bundesweite Radiolizenz muss man rund 60 Prozent der Bevölkerung technisch erreichen können; eine überregionale Lizenz darf nicht mehr als 45 Prozent erreichen können.

88.6 dürfte derzeit in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland rund drei Millionen Menschen technisch erreichen können, mit Lounge Oberösterreich kämen rund 800.000 Personen technische Reichweite dazu. Das reicht noch nicht für eine bundesweite Lizenz, sollte die Medien Union überhaupt eine anpeilen*. (fid, 23.2.2021)