Prinz Philip ist immer noch im Spital. Im Juni wird er 100.

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Erstmals hat das britische Königshaus erkennen lassen, dass man sich im Buckingham-Palast Sorgen um Prinzgemahl Philip macht. Der knapp 100-Jährige spreche nach einwöchigem Spitalsaufenthalt auf seine Behandlung "wegen einer Infektion" an, werde aber auch weiterhin im Krankenhaus bleiben müssen, hieß es in einem kurzen Bulletin.

Die gesundheitliche Krise um den Gemahl von Königin Elizabeth II kommt zum unglücklichsten Zeitpunkt. Denn nach dem öffentlichen Schlagabtausch von vergangener Woche steht schon bald ein neuer Showdown zwischen der royalen Familie und dem nach Kalifornien entflohenen Herzogspaar Meghan und Harry bevor.

Der Sechste der Thronfolge, 36, und seine US-amerikanische Frau, 39, erwarten im Frühsommer ihr zweites Kind, ein Geschwisterchen für den knapp zweijährigen Archie. Der frohen Botschaft vor zehn Tagen ließ das Paar wenige Tage später eine in Königskreisen deutlich weniger erwünschte Nachricht folgen: Sie hätten dem Werben der Talkkönigin Oprah Winfrey nachgegeben und ein anderthalbstündiges Interview aufgezeichnet.

Reue über TV-Geständnisse

Die Reaktion bei Hofe kann sich unschwer ausmalen, wer die verheerenden Fernsehbeichten führender Royals verfolgt hat. Von Thronfolger Charles, mittlerweile 72, heißt es, er bereue bitterlich sein 1994 in einem TV-Porträt gemachtes Geständnis, er habe sich von seiner Frau Diana ab- und der langjährigen Geliebten Camilla zugewandt. Dianas explosive Retourkutsche ("In dieser Ehe gab es drei, da wurde es ziemlich eng") sorgte ein Jahr später tagelang für Schlagzeilen und zog die Scheidung nach sich.

Jüngstes Beispiel royaler Sorglosigkeit bot vor 15 Monaten Charles' jüngerer Bruder Andrew. Gegenüber der BBC bekräftigte er in der unappetitlichen Affäre um die Verbrechen seines langjährigen Bekannten Jeffrey Epstein – darunter sexueller Missbrauch Minderjähriger –seine Unschuld und bestätigte sein Image als ungehobelter, selbstverliebter Wichtigtuer. Seither bleibt der 61-Jährige von royalen Terminen ausgeschlossen.

Nun wird in London fieberhaft spekuliert, welche Stinkbomben vor allem Herzogin Meghan auf die ungeliebte Institution Königshaus werfen will. Sogar der Ausstrahlungstermin des Winfrey-Gesprächs sorgt für Aufregung, fällt er doch zusammen mit den Feiern zum alljährlichen Tag des Commonwealth, jener Vereinigung englischsprachiger Ex-Kolonien des britischen Empire, die der Queen besonders am Herzen liegt.

Engster Ratgeber der Queen

Reichlich Anlass also für einen besonnenen, kühlen Kopf, die Wogen zu glätten. Da fehle der Prinzgemahl, glauben langjährige Beobachter des Königshauses. Neben den zahlreichen Schnitzern auf diplomatischem Parkett geriet Prinz Philips Rolle als engster Ratgeber seiner Frau häufig in Vergessenheit. Tendenziell war der Herzog von Edinburgh, so berichten es Bedienstete des Palastes hinter vorgehaltener Hand, dabei eher im Lager der reformorientierten Royals zu finden, in häufigem Widerspruch zu den stets nur aufs Protokoll schielenden Traditionalisten.

Von entscheidender Bedeutung war laut Insidern beispielsweise die Rolle des Prinzgemahls gewesen in jenen fieberhaften Septembertagen 1997 nach dem Unfalltod von Prinzessin Diana. Damals sah es für einen Moment danach aus, als könne die Glamour-Ikone noch im Tod die Institution der Monarchie hinwegfegen. Ganz anders als im berühmten Film "The Queen" mit Helen Mirren dargestellt, habe Philip damals behutsam für jene Gesten plädiert, die der aufgewühlten Nation Mitgefühl und Teilnahme signalisieren sollten. Als seine Enkel William und Harry vor dem langen Marsch durch London hinter dem Sarg ihrer Mutter zurückschreckten, bot sich der damals 76-Jährige an: "Ich gehe mit euch!"

"Dienst ist universal"

Dass der Hochbetagte – am 10. Juni steht sein 100. Geburtstag an – inzwischen nicht mehr detaillierten Anteil nimmt am Getümmel der Jüngeren, wer wollte es ihm verdenken? Doch haben Insider genau dies als einen der Gründe dafür ausgemacht, dass die Entfremdung zwischen Palast und dem selbstexilierten Herzogspaar so schroff zutage trat. Schließlich zählt bei Hofe jedes Wort – weshalb es nach einer unnötigen Blutgrätsche aussah, dass die Queen öffentlich mitteilte, die Absenz von der täglichen Arbeit als Mitglied des Königshauses ziehe automatisch die Aufgabe sämtlicher Ehrentitel und Schirmherrschaften nach sich. Prompt schossen die PR-Berater von Harry und Meghan zurück: "Wir alle können dem Wohl der Allgemeinheit dienen. Dienst ist universal."

Erkennbar verläuft die Frontlinie nicht zwischen den Generationen. Sonst hätte Prinz William kaum jene Äußerungen autorisiert, die vergangenen Sonntag auf der Titelseite der "Sunday Times" prangten. Der 38-Jährige sei "richtig traurig und schockiert" über seinen jüngeren Bruder, auch von Zorn war die Rede.

Es sieht so aus, als sei im kalten Krieg zwischen London und Los Angeles die letzte Schlacht noch nicht geschlagen. Nicht einmal eine Versöhnung am Krankenbett des Familienpatriarchen kommt infrage: Wie anderswo gelten auch in Großbritannien strikte Beschränkungen für Krankenhausbesuche. Umso wichtiger für Queen und Königshaus, dass ihr Ehemann der vergangenen 73 Jahre bald aus dem Spital zurückkehrt. (Sebastian Borger aus London, 24.2.2021)