Die neue Restrukturierungsordnung soll helfen, Unternehmensinsolvenzen wie die der Modekette Adler zu vermeiden.

Foto: APA / Barbara Gindl

Die neue Restrukturierungsordnung, die am Dienstag in Begutachtung gegangen ist, hat das Ziel, Unternehmenssanierungen künftig zu erleichtern. Für die Restrukturierung ist damit in Zukunft nicht mehr die Zustimmung aller Gläubiger, sondern nur einer Mehrheit der Gläubiger sowie die Genehmigung durch das Gericht erforderlich. Diese neue Sanierungsmöglichkeit steht allen Unternehmen, also auch Einzelunternehmen, zur Verfügung. Ausdrücklich ausgenommen sind Unternehmen des Finanzsektors.

Mit dem Entwurf wird die Restrukturierungsrichtlinie (EU) 2019/1023 in Österreich voraussichtlich ab 17. Juli 2021 umgesetzt. Er ist ein richtiger und wichtiger Schritt in Richtung eines zeitgemäßen Rechtsrahmens für finanzielle Restrukturierungen in Österreich.

Unter der neuen Restrukturierungsordnung können Unternehmen ihre Verbindlichkeiten (beispielsweise Finanzverbindlichkeiten, Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung) künftig in einem Restrukturierungsverfahren mit Zustimmung der Mehrheit ihrer (in Klassen einzuteilenden) Gläubiger neu ordnen (= ordentliches Restrukturierungsverfahren). Forderungen von Arbeitnehmern sind ausdrücklich ausgenommen, sie können in einem Restrukturierungsverfahren nicht gekürzt werden.

Sind nur Finanzgläubiger betroffen, besteht die Möglichkeit, in einem vereinfachten Schnellverfahren die Zustimmung einzelner Finanzgläubiger zu einer außergerichtlich ausverhandelten Restrukturierung zu erzwingen (= vereinfachtes Restrukturierungsverfahren).

Das Verfahren

Nur der Schuldner selbst kann ein Restrukturierungsverfahren beantragen. Voraussetzung für die Eröffnung eines Restrukturierungsverfahrens ist die "wahrscheinliche Insolvenz" des Schuldners. Während des Verfahrens besteht keine Verpflichtung, ein Insolvenzverfahren wegen Überschuldung zu beantragen. Stellt ein Gläubiger einen Antrag wegen Zahlungsunfähigkeit, so ist ein Verfahren nur dann zu eröffnen, wenn es im allgemeinen Interesse der Gläubiger ist.

Auf Antrag kann das Gericht zudem eine Vollstreckungssperre verhängen. Diese kann für alle oder nur für bestimmte Gläubiger gelten. Vertraglich vereinbarte Kündigungsgründe im Zusammenhang mit Restrukturierungsverfahren sind unzulässig.

Prinzipiell ist das neue Restrukturierungsverfahren laut Entwurf ein Verfahren mit Eigenverwaltung. Allerdings kann das Gericht bestimmte Rechtshandlungen an die Zustimmung eines Restrukturierungsbeauftragten binden oder einem Restrukturierungsbeauftragten übertragen.

Für Geschäftspartner gibt es eine gute Nachricht, denn sie erhalten künftig mehr Rechtssicherheit: Überbrückungsfinanzierungen, neue Finanzierungen und die Zahlung bestimmter Kosten werden anfechtungsrechtlich privilegiert.

Restrukturierungsplan und Abstimmung

Bei Beantragung des Verfahrens ist ein Restrukturierungskonzept und in weiterer Folge binnen 60 Tagen ein Restrukturierungsplan vorzulegen. Dieser kann verschiedene Maßnahmen vorsehen. Ein Eigentümerbeitrag ist unter dem Gesetzesentwurf nicht zwingend notwendig.

Die Abstimmung über den Restrukturierungsplan erfolgt in Gläubigerklassen – für die Annahme ist eine doppelte Mehrheit (Kopf- und Forderungsmehrheit) erforderlich. Es gibt zudem die Möglichkeit, einzelne Klassen zu überstimmen.

Vereinfachtes Verfahren

Der Schuldner kann ein vereinfachtes Verfahren beantragen, wenn nur Finanzgläubiger betroffen sind und eine breite Mehrheit dieser Finanzgläubiger dem Restrukturierungsplan bereits zugestimmt hat. In diesem Fall können Minderheitsgläubiger gerichtlich zur Teilnahme an der Restrukturierung gezwungen werden.

Mögliche Schwachstelle: Nichteinbeziehung von Anteilsinhabern

Der Entwurf sieht keine zwingende Einbeziehung der Anteilsinhaber in den Restrukturierungsplan vor. Das heiß, dass kein Beitrag der Anteilsinhaber zur Restrukturierung erzwungen werden kann. Diese Möglichkeit, ohne Zustimmung aller Gläubiger nicht nur das Unternehmen, sondern auch dessen Anteilsinhaber (zum Beispiel Aktionäre) zu sanieren, ist eine Schwachstelle des Entwurfs – auch im Vergleich zu vielen anderen modernen Restrukturierungsgesetzen in Europa. (Wolfgang Höller, Miriam Simsa, 25.2.3021)