Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter übergab der Staatsanwaltschaft ein Notebook, die Vorwürfe bestreitet er.

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Und wieder ein Knalleffekt: Ermittler der Staatsanwaltschaft (StA) Wien sind am Donnerstagvormittag im Verfassungsgerichtshof (VfGH) erschienen. Anlass dafür ist ein Verfahren der StA Wien wegen des Verdachts, der frühere Justizminister Wolfgang Brandstetter habe das Amtsgeheimnis verletzt. Für die Ermittlung von Amtsdelikten ist die Staatsanwaltschaft zuständig. Laut einer Sprecherin der Behörde sei eine Staatsanwältin mit einer Anordnung zur Sicherstellung in den VfGH gekommen, Brandstetter habe dann von sich aus ein elektronisches Gerät übergeben. Danach sei man mit dem Exminister zu einem Gespräch in die Kanzlei von Brandstetters Anwalt, Georg Krakow, gegangen.

Auch am VfGH wurde auf Anfrage bestätigt, dass "jemand" von der Staatsanwaltschaft da gewesen sei und Brandstetter den Gerichtshof in einer Pause (der VfGH hat gerade eine Session, die Richter beraten) verlassen habe. Betont wird im VfGH und in der StA Wien, dass keine Nachschau oder Hausdurchsuchung stattgefunden habe.

Aus dem VfGH abgeholt

Das hält auch Brandstetters Anwalt Georg Krakow fest. Es habe "keine Amtshandlung am VfGH gegeben", sagt er auf Anfrage. Die Staatsanwaltschaft habe sich an Brandstetter gewendet, weil sie Fragen an ihn gehabt habe. Da man ihn am VfGH vermutet habe, sei man dorthin gekommen; in der Beratungspause sei man dann mit Brandstetter in seine, Krakows, Kanzlei gegangen – mit der zuständigen Staatsanwältin. Die "Sicherstellung" von elektronischen Geräten weist er zurück, vielmehr habe Brandstetter ein Notebook "freiwillig hergegeben".

Der Anlass für das Verfahren führt zu den Ermittlungen gegen Michael Tojner. Dessen Projekt am Wiener Heumarkt kam in der Causa Stadterweiterungsfonds vor – und da habe ihn, so der Verdacht, der damalige Justizminister (von der ÖVP nominiert) den Verfahrensstand wissen lassen. Es gebe keine Ermittlungen, habe Tojner auf diesem Wege erfahren. Auch die erste Hausdurchsuchung, von der Tojner im Voraus erfahren hatte, soll bei den Ermittlungen eine Rolle spielen. Auch Legislativsektionschef Christian Pilnacek ist von den Schritten tangiert, er musste sein Diensthandy an die Staatsanwaltschaft abgeben. Auch das bestätigt die Sprecherin der StA Wien, gegen den früheren Strafsektionschef werde wegen des Verdachts auf Verletzung der Amtsverschwiegenheit ermittelt Pilnacek wollte dazu auf Anfrage der APA nichts sagen. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Vorwurf aus Medien erfahren?

Brandstetter selbst hat Vorwürfe gegen ihn bereits am Mittwoch zurückgewiesen. Da hat das Wirtschaftsmagazin "Trend" über Ermittlungen berichtet. Und im Ö1-"Morgenjournal" sagte Brandstetters Anwalt Krakow, der ehemalige Justizminister und heutige Verfassungsrichter habe keine Kenntnis von einem gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren gehabt.

Dass der Umstand über die Medien bekannt wurde, führe zum Verdacht der Verletzung des Amtsgeheimnisses durch die Ermittlungsbehörden, "aber auch hier gilt die Unschuldsvermutung", so Krakow, der auch Vorstand bei Transparency International in Österreich ist und in dieser Rolle als eine der treibenden Kräfte für das Informationsfreiheitsgesetz agiert.

Brandstetter will aufklären

Brandstetter könne ausschließen, dass er Informationen zu Ermittlungen in seiner Amtszeit weitergegeben habe, sagt Krakow zu den Vorwürfen. "Weil er von Strafakten, von Einzelstrafverfahren, während seiner Zeit als Bundesminister für Justiz abgeschirmt war. Er hat sich mit Einzelstrafakten hier nicht befasst." Brandstetter habe sich nach dem Bericht im "Trend" in einer Mail an die Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gewandt und darum gebeten, ihm rasch die Chance zu geben, offene Fragen aufzuklären. Er sei zuversichtlich, rasch für Aufklärung sorgen zu können.

44 Beschuldigte

In der Causa rund um Spenden an einen Verein, den der Wiener Ex-Stadtrat Christoph Chorherr gegründet hatte, untersucht die WKStA seit geraumer Zeit einen möglichen Zusammenhang zwischen Flächenwidmungen – Chorherr war Gemeinderat und Planungssprecher der Grünen – und Geldspenden an dessen karitativen Verein, der ein Schulprojekt in Südafrika unterstützt. Dass Personen aus der Immobranche dafür gespendet haben, sorgt seit Jahren für Debatten.

Chorherr selbst hat Korruptionsvorwürfe stets zurückgewiesen. Es gebe keinen Zusammenhang zwischen Spenden und politischen Handlungen, hat er wiederholt beteuert. In der Causa wird laut WKStA inzwischen gegen 44 Beschuldigte – also Personen oder auch Organisationen – ermittelt. (gra, fsc, APA, 25.2.2021)