Wie Parteien zu Geld kommen, betrifft den Kern der Demokratie. Schmutzige Geschäfte sollen deshalb hart bestraft werden, sagt der Jurist Frank Saliger.

Foto: christian fischer

"Wie in anderen Bereichen werden Strafen von Regelverletzern auch einkalkuliert. Das sieht man ja gerade bei den Sanktionen angesichts der Überschreitung der Wahlkampfkostenobergrenze im Jahr 2017 bei ÖVP, FPÖ und SPÖ", sagt der Jurist.

Foto: saliger

Nach dem Informationsrecht wollen die Grünen ihr nächstes Prestigeprojekt des Regierungsprogramms durchbringen: die Neuregelung der Parteifinanzen, inklusive Einschaurechte für den Rechnungshof. Deutschland gilt als Vorbild in dem Bereich. Dort drohen auch deutlich härtere Strafen, erklärt der Jurist Frank Saliger.

STANDARD: Was macht ein gutes rechtliches Regelwerk für Parteienfinanzierung aus?

Saliger: Ein gutes Regelwerk ist klar, verständlich, in der Handhabung einfach, setzt Transparenz um und sieht weitgehend ermessensfreie und auch scharfe Sanktionen bei Pflichtverletzungen vor.

STANDARD: Wie leicht ist das zu bewerkstelligen?

Saliger: Im Parteienrecht ist das sehr schwierig, da es für die Abgeordneten Recht in eigener Sache ist: Die Neigung der Parteien, sich als Gesetzgeber über das Parteienrecht selbst einschränkende Regeln zu geben, ist gering. Das gilt besonders für Sanktionen, die klassischerweise unterentwickelt sind.

STANDARD: Ob Strafen abschrecken, ist ja oft strittig. Beim Parteienrecht ist es aber so?

Saliger: Dafür spricht die Erfahrung in Deutschland. Dort waren es die großen Parteienfinanzierungsskandale um die Jahrtausendwende – zuerst bei der CDU, dann bei der SPD, später auch bei der FDP. Sie haben zu einer Novellierung des Parteiengesetzes und zu einem Umdenken geführt. Die politische Konstellation, dass bei drei Parteien größere Skandale auftraten, hat die Parteien zu einem effektiven Handeln veranlasst. 2002 hat man erstmals eine Strafbestimmung eingeführt. Daneben hat sich auch allgemeines Strafrecht in Gestalt von Untreue, Betrug und Korruptionsdelikten als geeignet für die Sanktionierung für die Pflichtverletzung im Parteienrecht erwiesen.

STANDARD: Warum ist das Strafrecht hier wichtig?

Saliger: Es ist effizient, weil das Parteienrecht Wettbewerbsrecht ist. Alle schauen, dass die anderen Parteien die Regeln einhalten. Wenn es dann zu einer Entdeckung der Regelverletzung kommt, kann das Strafrecht den häufig enormen politischen Schaden noch vergrößern. In Deutschland wäre etwa die Karriere Angela Merkels ohne die CDU-Spendenaffäre mit Verwicklung Helmut Kohls und Wolfgang Schäubles nicht möglich gewesen.

STANDARD: Das heißt, Österreich müsste auf weitere Skandale hoffen, um bessere Regeln zu bekommen?

Saliger: Das wäre ein Weg, wenn er vergleichbar wie in Deutschland verliefe. In Österreich ist die Situation so, dass Sanktionen nur als Verwaltungsstrafen vorgesehen sind. Wie in anderen Bereichen werden Strafen von Regelverletzern auch einkalkuliert. Das sieht man ja gerade bei den Sanktionen angesichts der Überschreitung der Wahlkampfkostenobergrenze im Jahr 2017 bei ÖVP, FPÖ und SPÖ.

STANDARD: Wenn ich Sie richtig verstehe, muss Politikern, die sich nicht an Parteienfinanzierungsregeln halten, das Gefängnis drohen, damit man eine Wirkung erzielt.

Saliger: Dazu muss man sehen, dass das Parteienfinanzierungsrecht für die Demokratie eine zentrale Materie ist. Denn es geht um die Regeln des Machterwerbs, des Machterhalts, und die Rechtsgüter, die geschützt werden, sind die Integrität politischer und parlamentarischer Prozesse, die Demokratie. Sie sind von so großem Gewicht, dass ihre Verletzung auch strafwürdig ist.

STANDARD: Das alles nützt aber nichts, wenn die Finanzen nicht kontrolliert werden können. Wie genau muss der Staat in die Bücher der Parteien reinschauen können?

Saliger: Transparenz muss kontrollierbar sein. Die Rechenschaftsberichte der Parteien müssen angemessen überprüft werden. In Deutschland gibt es eine Behörde bei der Bundestagsverwaltung, die diese Rechenschaftsberichte und das Gebaren der Parteien überprüft. Das ist eine einfache Kontrolle, die sich bewährt hat. Insofern besteht immer eine gewisse Gefahr – und das wissen auch die Parteien –, dass es auffliegt, wenn sie tricksen.

STANDARD: Läuft man mit strengen Regeln nicht Gefahr, kleinteilige Organisationen und ehrenamtliches Engagement zu ersticken?

Saliger: Das ist ein berechtigter Einwand. Parteien haben komplizierte Strukturen über verschiedene Ebenen. Die Professionalität der Parteiarbeit nimmt mit der nächstniedrigeren Ebene immer weiter ab, vielfach sind Ehrenamtliche tätig. Auf der anderen Seite geht es um zentrale Regeln der Demokratie. Deswegen liegt es an den Parteien, entsprechende Kontrollstrukturen zu schaffen, um diese Regeln umzusetzen. Es muss etwa auf allen Ebenen fachkundige Schatzmeister geben. In Deutschland war das auch immer ein Argument. Aber seit 20 Jahren ist das kein Argument mehr. Aber hier müssen die Verfassung und die Transparenz Vorrang haben und nicht ein vermeintlich praktisches Problem.

STANDARD: In Österreich stehen parteinahe Vereine als Umgehungskonstrukt im Fokus. Wie kann man ihrer habhaft werden?

Saliger: Es kommt darauf an, dass man hier klar zwischen der Parteisphäre und der Sphäre dieser Unterstützungsvereine trennt. Denn die Trennlinie markiert der Begriff der Parteispende. Alles, was der Partei zugewendet wird, unterliegt den Transparenzanforderungen. Deshalb ist da eine strikte Trennung vorzusehen und der Begriff der Parteispende entsprechend angemessen weit auszulegen, um gerade auch Umgehungsstrategien in diesem Bereich möglichst zu minimieren. (Sebastian Fellner, 25.2.2021)