Screenshot von Oe24.at am Abend des Anschlags in Wien. Wegen der Berichterstattung wurden Oe24.at und krone.at nun mehrfach vom Presserat gerügt.

Foto: Oe24 Screenshot

Wien – Der Österreichische Presserat sieht in der Berichterstattung der Zeitungen Oe24 und Krone sowie ihrer Plattformen oe24.at und Krone.at über den Terroranschlag in Wien am 2. November 2020 Verstöße gegen den Ehrenkodex der österreichischen Presse. Oe24-Verleger Wolfgang Fellner droht mit einer Klage und mit dem Ausstieg aus dem Presserat, wenn der dieses "Skandalurteil" nicht revidiere.

Krone.at zeigte bisher unbestritten das Video von der Erschießung eines Opfers, ebenso oe24.tv aus der Fellner-Mediengruppe Österreich. Aber Fellner betonte mehrfach nachdrücklich, auch in einer Gegendarstellung gegenüber dem STANDARD, dass das Video nie auf seiner Onlineplattform oe24.at gelaufen sei. Wegen Serverproblemen an dem Abend habe es den sonst automatisch startenden TV-Livestream auf oe24.at nicht gegeben.

Ökonomisch ist der Unterschied wesentlich: oe24.at hat gewichtigere Werbeumsätze, Kunden kündigte nach der Terrorberichterstattung (vorübergehende) Werbestopps an.

Der Senat 2 des Presserats, ein Selbstkontrollorgan vieler österreichischer Verlage, argumentiert nun: "Nach Meinung des Senats muss sich die Medieninhaberin von oe24.at die auf oe24.tv ausgestrahlten Inhalte aufgrund der permanenten Verknu¨pfung des Fernsehsenders mit der Plattform von oe24.at aus ethischer Sicht jedenfalls zurechnen lassen."

Und der Presserat verurteilt nun dezidiert oe24.at wegen der Verletzung von Persönlichkeitsschutz und Intimsphäre mit Bezug auf Videos aus der Terrornacht. Das Foto von der Erschießung sei ein "schwerwiegender Verstoß".

"Sippenhaftung"

Wolfgang Fellner kündigt dem STANDARD Klage und Austritt wegen unzulässiger "Sippenhaftung" zwischen Medien seiner Gruppe an.

Wegen Videos vom Anschlag, vom Attentäter und von Opfern sowie zudem Fotos und Verstößen gegen dieselben Anforderungen des Ehrenkodex hat der Presserat Krone.at verurteilt. Ebenso Oe24 und Kronen Zeitung für ihre (vor allem Bild-)Berichterstattung über den Terroranschlag. (fid, 25.2.2021)