Andrew Cuomo als Corona-Warner im Bundesstaat New York.

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Gavin Newsom erklärt die Anti-Corona-Maßnahmen für Kalifornien.

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Vor einem Jahr profilierte sich der demokratische New Yorker Gouverneur Andrew Cuomo in der Corona-Krise als umsichtige Führungspersönlichkeit und Gegenentwurf zu US-Präsident Donald Trump. Fast täglich sah man Cuomo in dieser Zeit in den Abendnachrichten, als "Stimme der Vernunft" und bürgernahes Vorbild. Mit Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom, der ebenfalls im Kampf gegen Corona Trump die Stirn bot, war Cuomo der gefeierte Held der Stunde. Die Beliebtheitswerte der beiden schossen in lichte Höhen.

Von diesem Ruhm ist inzwischen nicht mehr viel übrig. Und zwar weder bei Newsom noch bei seinem Parteikollegen an der US-Westküste. Dabei ist der Fall von Andrew Cuomo noch der tiefere. Erst zu Beginn dieser Woche wurde bekannt, dass der Demokrat Zahlen der Corona-Toten in seinem Staat geschönt und Kritikern gedroht hatte. In New Yorks Altersheimen sind bis Jänner fast 15.000 Menschen an oder mit Corona gestorben, rund 5.000 mehr, als zunächst von der Statistik ausgewiesen. Reporter des konservativen Boulevardblatts "New York Post" zeigten die Diskrepanz auf. Untersuchungen wurden eingeleitet.

Einschüchterung der Kritiker

Die aktuellen Vorwürfe einer ehemaligen Mitarbeiterin dürften den demokratischen Politiker aber noch stärker in Bedrängnis bringen, sind sie doch viel heiklerer Natur. Lindsey Boylan, eine ehemalige Mitarbeiterin und aktuell Kandidatin für das Amt der Stadtpräsidentin von Manhattan, beschuldigte den Gouverneur am Mittwoch erneut, sie sexuell belästigt zu haben. Konkret sprach sie von Machtmissbrauch, einem unerwünschten Kuss in Cuomos Büro, Avancen und unangemessenem Verhalten in mehreren Fällen.

Gouverneur Cuomo habe innerhalb seiner Regierung eine Kultur geschaffen, in der sexuelle Belästigung und Mobbing so weit verbreitet gewesen seien, dass sie nicht nur geduldet, sondern dass auch bereits konkret damit gerechnet wurde. Cuomo habe seine Kritiker eingeschüchtert, um sie zum Schweigen zu bringen. Dieses Schweigen zu brechen hätte unweigerlich Konsequenzen gehabt. Weitere frühere Mitarbeiterinnen bestätigten das. Bereits im Dezember hatte Boylan ihre Vorwürfe zum ersten Mal vorgebracht, da konnte Cuomo sie noch beiseite wischen. Diesmal werden Rücktrittsvorwürfe laut.

Der gefallene Macher

Cuomos Parteikollege Newsom in Kalifornien hat zumindest nur mit der massiven Entzauberung zu kämpfen, was sein Macher-Image vom Beginn der Corona-Krise betrifft. Damals setzte er schnell und früh Corona-Einschränkungen um, der Golden State konnte so eine Weile dem Schlimmsten entgehen. Sein Stil unterschied sich von Cuomos massiv, er agierte ausgleichender, weniger aggressiv. Seine Beliebtheitswerte schossen nicht minder hoch.

Dieses Glück war den Kaliforniern nicht lange vergönnt. Die Zahlen stiegen in der zweiten Welle auch dort, die Krankenhäuser füllten sich. Im November kam dann für Newsom der Tiefpunkt. Er musste zugeben, dass er Gast auf einer Geburtstagsparty eines Lobbyisten in einem Nobelrestaurant war – während er seine Bürgerinnen und Bürger darauf einschwor, soziale Zusammenkünfte zu vermeiden. Im Jänner hob Newsom dann abrupt Ausgehbeschränkungen auf, was ihm ebenfalls massive Kritik einbrachte. Auch die Impfstoffverteilung kommt nicht so recht in die Gänge.

Menetekel für Biden

Vor allem aber hat Newsom noch ein Problem mit seinen Gegnern. Eine Gruppe von Republikanern forderte eine Abstimmung zu seiner Abberufung, für die in Kalifornien ein Quorum von zwölf Prozent aller bei der letzten Wahl abgegebenen Stimmen in Form von Unterschriften nötig ist. Weil die sonst übliche Zeitspanne für die Unterschriftensammlung wegen Corona verlängert wurde, könnte dieses Ziel im kommenden Monat erreicht werden. Newsom müsste sich dann einer neuen Wahl stellen, obwohl seine Amtszeit eigentlich erst in zwei Jahren ausläuft.

In diesem Fall wird zwar eher davon ausgegangen, dass er diese gewinnen würde – ein Risiko wäre eine solche Wahl aber allemal. Dass für die Demokraten nur wenige Monate nach dem Sieg in Präsidenten-, Kongress- und Senatswahlen die Regierung ihrer zwei wichtigsten Bundesstaaten auf dem Spiel stehen könnte, ist auch für Präsident Joe Biden ein Warnzeichen. (mhe, 25.2.2021)