Daniela Kraus, Generalsekretärin des Presseclubs Concordia, lehnt das Vorhaben der ÖVP, Medien das Zitieren aus Ermittlungsakten zu erschweren, entschieden ab.

Foto: Concordia/Luiza Puiu

Wien – Journalistische Interessensvertreter sind strikt gegen das von der ÖVP im Rahmen der Justizreform offenbar geplante Vorhaben, Medien das Zitieren aus Ermittlungsakten zu erschweren. Das Mediengesetz schütze Verdächtigte und Beschuldigte bereits ausreichend. Anstatt Medien bei Verletzungen der Amtsverschwiegenheit in den Fokus zu nehmen, solle nach dem Verursacherprinzip und damit bei Politik und Verwaltung angesetzt werden, so der Tenor.

Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) lehnt den aktuellen medialen Vorstoß der ÖVP ab, das Zitieren aus Akten unter Strafe zu stellen. Die dafür als Vorbild herangezogene Gesetzgebung in Deutschland sei nicht ganz unumstritten, hielt VÖZ-Geschäftsführer Gerald Grünberger gegenüber der APA fest. In Deutschland dürfen Dokumente eines Strafverfahrens erst im Wortlaut veröffentlicht werden, wenn sie in öffentlicher Verhandlung erörtert wurden. Der deutsche Bundesgerichtshof habe bereits mehrfach die Vereinbarkeit dieser Bestimmung mit der Pressefreiheit prüfen müssen, so Grünberger.

Medien zu bestrafen, wenn sie über Informationen berichten, die Amtsträger oder Beamte ihnen trotz Amtsverschwiegenheit zukommen lassen, sei aus Gründen der Pressefreiheit nicht wünschenswert. "Wenn Informationen aus Ermittlungsakten geleakt werden, dann sollte nach dem Verursacherprinzip – also bei der Politik selbst oder der Verwaltung – angesetzt werden", plädierte der VÖZ-Geschäftsführer.

"Anlassbezogener Angriff auf die Pressefreiheit"

Daniela Kraus, Generalsekretärin des Presseclub Concordia, stimmte im Gespräch mit der APA der Ansicht Grünbergers zu: "Was von Verwaltung und Politik an wen weitergegeben werden darf, ist bereits geregelt und nicht das Problem von Journalisten." Das Vorhaben der ÖVP, Medien das Zitieren aus Ermittlungsakten zu erschweren, lehnt sie entschieden ab. "Wir halten das für einen durchsichtigen, anlassbezogenen Angriff auf die Pressefreiheit", meinte sie mit Verweis auf die Ermittlungen gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) sowie jüngste Angriffe der ÖVP auf die Justiz.

Das gegenwärtige Mediengesetz sei absolut ausreichend, um die Interessen von Betroffenen zu schützen. "Wenn das Interesse der Öffentlichkeit jedoch höher ist als jenes der Betroffenen, dann muss es natürlich möglich sein, aus Ermittlungsakten zu zitieren", sagte Kraus. Medienethische und -rechtliche Bestimmungen seien aber einzuhalten.

Die Journalistengewerkschaft in der GPA kritisierte die Gesetzespläne bereits am Mittwoch in einer Aussendung. "Journalisten bestrafen zu wollen, wenn sie aus Akten in Ermittlungsverfahren zitieren, stellt einen inakzeptablen Angriff auf die Pressefreiheit und damit unsere Demokratie dar", kritisierte Bundesvorsitzender Eike-Clemens Kullmann. Auch die Gewerkschaft erachtete das Timing als brisant. "Will die Regierungspartei ÖVP ausgerechnet dann die Veröffentlichung von Zitaten aus Ermittlungsakten verbieten, wenn gegen den Finanzminister aus ihren Reihen ermittelt wird? Das wäre eine ungeheuerliche Anlassgesetzgebung", so Kullmann. (APA, 25.2.2021)