Vom größten Humbug der Wirtschaftsgeschichte bis hin zur heilbringenden Alternative im Finanzsystem wird Bitcoin als so ziemlich alles bezeichnet. Seit die 50.000 Dollar-Marke durchbrochen wurde, spielt der Kurs verrückt. Schnell schoss er bis auf 58.000 Dollar hinauf, stürzte wieder auf 45.000 Dollar ab und hat sich am Donnerstag bei ca 50.000 eingependelt. Dass die US-Krypto-Handelsplattform Coinbase ankündigte, an die Börse zu gehen, könnte den Kursen noch einen Schub geben. Das IPO soll 100 Milliarden Dollar schwer sein.

"Wir befinden uns in der dritten großen Blase, und Bitcoin verhält sich momentan wie in den vorigen beiden", sagt Krypto-Experte Nikolaus Jilch vom wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria. Irgendwann werde die Blase platzen. Das habe man 2017 und 2018 gesehen.

Der Kurs steigt, und der Bitcoin polarisiert wie selten zuvor.
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Klassische Blase

Die Entwicklung einer klassischen Blase ist gegeben: Der Preis eines Vermögenswertes steigt langsam an, später immer stärker und zuletzt exponentiell, bis die Kursrally abrupt endet. "2017 war die Übertreibung am Markt so stark, dass die Stimmung kippte und es zu einem Abverkauf kam. Vermutlich wird das wieder so passieren, das ist eine Frage der Zeit", sagt Jilch.

Der große Unterschied zu anderen Blasen sei aber, dass der Bitcoin wiederkomme. Darum kann Jilch dem Vergleich mit der Tulpenmanie im 17. Jahrhundert nichts abgewinnen. Tulpen kamen als Wertanlage nie zurück. Zur Erinnerung: 2017 kratzte der Kurs lang an der 20.000-Dollar-Marke, und im März des Vorjahres crashte Bitcoin gewaltig und stürzte vorübergehend auf rund 5.000 Dollar ab.

Foto: Agenda Austria

Digitales Gold

Theoretisch funktioniert die Königin Mutter der Cyberdevisen als Zahlungsmittel. Dass sich Bitcoin als solches noch in der Praxis durchsetzt, wirkt momentan eher unwahrscheinlich. Jilch sieht auch keinen Grund dafür: "Euro und Dollar sind als Zahlungsmittel de facto nicht zu schlagen. Es besteht auch keine Notwendigkeit dafür."

Bitcoin wird gerne als das digitale Gold vermarktet, tatsächlich verbindet die beiden Assets eine wichtige Eigenschaft: Die Kryptowährung hat eine hohe Stock-to-Flow-Ratio, wie die Agenda Austria in ihrer aktuellen Erhebung beschreibt. Das bedeutet, dass die Menge bereits bestehender Bitcoins die Menge der neu hinzukommenden klar übertrifft. Rohstoffe mit hoher Stock-to-Flow-Ratio werden eher als Wertspeicher eingesetzt. Der weltweite Goldbestand von ca. 200.000 Tonnen wächst jährlich um 2.000 bis 3.000 Tonnen. Die Ratio von Gold liegt bei etwa 66, die von Bitcoin momentan auch.

Agenda Austria

Alle vier Jahre

Bei der Kryptowährung kommt es allerdings alle vier Jahre zum sogenannten Halving, bei dem die Inflationsrate halbiert wird. Das heißt, die Menge aller neu geschaffenen Coins wird halbiert. Das letzte Halving fand im Mai des Vorjahres statt, und aktuell liegt die Zuwachsrate bei 6,25 Coins pro zehn Minuten. Das hat zur Folge, dass Bitcoin spätestens 2025 eine "härtere" Währung als Gold ist, denn die Stock-to-Flow-Ratio verdoppelt sich. Bis zum Jahr 2140 werden 21 Millionen Bitcoins erschaffen. Dann ist Schluss. Wie geht es also weiter? Die Agenda Austria hat drei potenzielle Zukunftsszenarien skizziert.

Die Implosion: Im Szenario der Bitcoin-Gegner verschwindet die Cyberdevise in der Bedeutungslosigkeit. Ein technischer Zusammenbruch, massive staatliche Eingriffe oder zu viel kriminelle Energie im System könnten die Gründe dafür sein. Auch ein neueres und besseres Asset, das erst erfunden werden muss, könnte auf den Markt kommen. Der Preis würde wohl auf null abstürzen.

Die Zähmung: Bitcoin etabliert sich neben Gold und Aktien als Anlageklasse, die vor allem bei Jüngeren Anklang findet, und dient nicht nur zum Schutz vor Inflation, sondern auch vor staatlichen Eingriffen.

Monetärer Standard: Hier gewinnen die Bitcoin-Fans. Demnach würde die Technologie im Geldsystem ähnlich umrühren, wie es der Streamingdienst Netflix bei den Videotheken gemacht hat. Jeder Mensch wäre irgendwann direkt oder indirekt Bitcoin-Nutzer, der Preis würde in heute nicht vorstellbare Höhen steigen, und das globale Finanz- und Geldsystem müsste neu ausgerichtet werden. (Andreas Danzer, 25.2.2021)