In einigen Bädern herrscht derzeit gähnende Leere, in anderen ist Training nur sehr eingeschränkt möglich.

Foto: Christian Fischer

Das Training von Bernhard Auner ist in jeder Hinsicht auf Eis gelegt.

Foto: Auner

Bernhard Auner steht im Swimmingpool in seinem Garten und hält eine Eisscholle in die Höh. Das Foto ist wenige Wochen alt, das Eis ist mittlerweile geschmolzen, doch an ein Schwimmtraining in dem 12,5 Meter langen Becken ist dennoch nicht zu denken. Jetzt hat sich der Salzburger eine Wärmepumpe bestellt, sie soll bald geliefert werden, dann geht es los. "Eigentlich hätte ich nie gedacht, dass ich einmal eine Wärmepumpe brauch", sagt er. "Ansonsten trainier ich ja im Winter in der Halle." Ansonsten. Denn zu Zeiten von Pandemie und Lockdown bekommt Bernhard Auner keine Trainingszeiten in den Salzburger Bädern, in denen er vor Corona bis zu fünfmal die Woche trainiert hat. Auner ist mehrfacher Medaillengewinner bei Welt- und Europameisterschaften. Und doch fällt er nicht in die Kategorie Spitzensportler, deshalb bleibt die Halle für ihn zu.

Klassen und Stufen

Auner ist Mastersschwimmer, 55 Jahre alt. Masterssport gibt es mittlerweile in vielen Sportarten, besonders populär ist er etwa auch in der Leichtathletik. Masterssportler und -sportlerinnen treten nicht mehr oder selten in der allgemeinen Klasse an, sondern ihrem mehr oder weniger fortgeschrittenen Alter gemäß in verschiedenen Klassen. Die beginnen mit der AK25 für 25- bis 30-Jährige und reichen in Fünfjahresstufen bis zur AK80 oder gar AK90, hier ist die Konkurrenz klarerweise kleiner. So oder so werden beeindruckende Leistungen erzielt.

Etliche der Routiniers könnten auch in der allgemeinen Klasse noch mitmischen und Medaillen gewinnen, einige tun es auch. Manche sind in ihren Vereinen als Trainer aktiv, nicht selten im Nachwuchsbereich. Hier ist da und dort, auch im Schwimmsport, geregeltes Training schon wieder möglich. Und wenn Vertreter – tatsächlich nur Männer – des organisierten Sports heute, Freitag, beim "Sportgipfel" auf Gesundheitsminister Rudolf Anschober und Sportminister Werner Kogler (beide Grüne) treffen, hoffen sie auf weitere Lockerungen für den Vereinssport. Doch im Mastersbereich herrscht Sorge, weiterhin übersehen und übergangen zu werden. "Altersdiskriminierung", das Wort ist in dem Zusammenhang immer wieder zu hören.

Einsatz und Ehrgeiz

Monika Traub nahm unter ihrem Mädchennamen Bayer 1984 an den Olympischen Spielen in Los Angeles teil und belegte Rang 17 über 400 m Lagen. Bald darauf trat sie zurück, um sich auf die Schule zu konzentrieren. Erst vor wenigen Jahren hat sie beim SC Vienna Oldies wieder zu schwimmen begonnen – mit Einsatz und Ehrgeiz fast wie früher. Bei der EM 2018 in Kranj in Slowenien holte Traub AK50-Bronze über 200 m Rücken. "Dass wir nicht als Leistungssportler angesehen werden, tut weh", sagt sie. "Natürlich ist das Leistungssport! Wir trainieren regelmäßig und fahren zu internationalen Meisterschaften, für die wir uns qualifizieren müssen."

Arno Pajek (52) ist Präsident des heimischen Schwimmverbands (OSV) und selbst Mastersschwimmer. Das Problem, sagt der Jurist, sei "die Auslegung der Covid-Verordnung durch das Sportministerium. Wir zählen leider nicht zum Spitzensport." Payek hofft, dass der Gipfel bei Anschober und Kogler auch den Masterssportlern etwas bringt. "Das wäre eine tolle Geschichte. Wir sind ja auch Vorbilder für die Jungen." Die Lage im Nachwuchsbereich sei dramatisch genug. "Wir verlieren eine ganze Generation."

Drinnen und draußen

Besonders paradox ist die Situation für Dietmar Stockinger. Er steht als Trainer des SC Hakoah Wien am Rand des Beckens, in das er selbst nicht hineinspringen darf. Dabei wäre oder ist er mit seinen 38 Jahren hervorragend in Schuss. 2017 in Budapest war er doppelter Weltmeister (AK35), mit seinen Zeiten über 100 und 200 m Kraul würde er bei Meisterschaften der allgemeinen Klasse im Finale auftauchen. Bei Wiener Landestitelkämpfen kommt er noch immer aufs Stockerl. "Leistung ist nicht an ein bestimmtes Alter gebunden", sagt er. "Der Staat muss sich überlegen, was er vielen Menschen antut, wenn er sie nicht sporteln lässt."

Hälse und Handys

Stockinger findet es bedenklich, dass viele Kinder nicht schwimmen lernen und/oder dicker werden. Bei Jugendlichen, die er trainiert, hat er schon Haltungsschäden festgestellt. "Sie haben Giraffenhälse, weil sie zu viel in ihre Handys schauen." Stockinger hat Gesundheitsprävention studiert und glaubt, dass nach den Lockdowns "der Schuss nach hinten losgehen wird".

Wäre ein Wille, wäre da auch ein Weg, sind die Masterschwimmer und -schwimmerinnen überzeugt. Alles Einteilungssache, schließlich bekommen die Vereine Trainingszeiten zugeteilt. Ausgefeilte Konzepte und Hygienevorschriften würden das Infektionsrisiko minimieren. Doch aktuell muss man hoffen, bald in der Alten Donau schwimmen zu können. Ab zehn Grad Wassertemperatur, sagt Arno Pajek, geht er mit Neopren hinein. Fünf Grad fehlen. Da wird Bernhard Auner in Salzburg, der auf seine Wärmepumpe wartet, wohl eher ins Wasser springen. (Fritz Neumann, 26.2.2021)